von Giuseppe Verdi (1813-1901), Melodramma in 4 Akten, Libretto: Francesco Maria Piave u. Andrea Maffei nach William Shakespeares gleichnamigem Stück; UA: 21.April 1865 Paris, Théâtre-Lyrique
Regie: Peter Konwitschny, Bühne: Jörg Kossdorff, Kostüme: Michaela Mayer-Michnay, Dramaturgie: Bettina Bartz u. Bernd Krispin
Dirigent: Ulf Schirmer, Gewandhausorchester und Chor der Oper Leipzig
Solisten: Bert Franzke (Duncan), Marco di Felice (Macbeth), James Moellenhoff (Banquo), Amarilli Nizza(Lady Macbeth), Giuseppe Varano (Macduff), Norman Reinhardt (Malcolm), Jean Broekhuizen (Kammerfrau), Milcho Borovinov (Arzt/Mörder/Diener)
Besuchte Aufführung: 10. Dezember 2011 (Premiere)
Hexen weissagen den Feldherren Macbeth und Banquo, daß Macbeth Cawdor und König von Schottland, Banquo aber Stammvater eines Königsgeschlechts werden soll. Der Weissagung Glauben schenkend, überredet Lady Macbeth ihren Gemahl, den König zu ermorden, um so seinen Aufstieg an die Macht zu befördern. Sich an die Prophezeiung der Hexen erinnernd, versucht der mittlerweile zum König gekrönte Macbeth, Banquo und dessen Sohn Fleance umbringen zu lassen. Weitere Hexen-Weissagungen treiben Macbeth und seine Frau in einen mörderischen Blutwahn, dem schließlich beide selber zum Opfer fallen.
Aufführung
Bei der Inszenierung handelt es sich um eine Koproduktion mit der Tokyo Nikikai Opera Foundation, die nach anderthalb Jahren von Leipzig nach Tokyo umziehen wird. Das Bühnengeschehen wechselt dabei mehrmals zwischen zwei Hauptbühnenaufbauten, welche die einzelnen Bilder dominieren. Die Hexenszenen spielen in einer heruntergekommenen Küche mit dem Charme einer engen Hinterhofwohnung aus der Mitte des 20. Jahrhundert. Aus dem Kühlschrank, den Oberschränken, dem Backofen und der Waschkaue tauchen die bunt gekleideten und mit langer Pappnase ausgestatteten Fabelwesen auf, wobei als Hexenkessel ein überdimensionaler Schnellkochtopf herhalten muß. Die anderen Szenen spielen sich auf einer zum Zuschauerraum geneigten Halb-Rotunde ab, auf der, je nach Szene, ein Bett, Grabstelen oder auch einzelne Nadelbäume aufgestellt sind. Ein mehrere Meter in die Höhe ausfahrbarer Friseurstuhl dient als Thron. Hinter der Rotunde erhebt sich eine durchbrochene Wand mit Blick auf ein Foto einer schottischen Mittelgebirgslandschaft.
Sänger und Orchester
Baßbariton Marco di Felice bleibt wie seine hellbraune Armeeuniform in Spiel und Gesang über weite Strecken recht blaß. Wie bestellt und nicht abgeholt wirkt seine zuweilen fast statisch wirkende Verkörperung der tragischen Figur des Macbeth. So kann er selber auch gesanglich mit zuweilen hohl raunender Mittellage und zu arg gepressten, nicht ausgehaltenen Höhen den Zuschauer in seinem Monolog nicht wirklich abholen. Weniger überfordert mit ihrer Rolle erschien hingegen Amarilli Nizza als Lady Macbeth. Überzeugend gestaltet sie spielerisch und gesanglich in gleißenden Spitzen ihres Soprans die anstachelnd treibende Kraft hinter Macbeths Machthunger, so daß ihr Nel dì della vittoria – Am Tag des Sieges zu einer eindrucksvollen Darbietung ihres Stimmvolumens gerät. Ebenso gelingt ihr auch in der Schlafwandelszene mit wendiger Stimmnuancierung das Scheitern fühlbar werden zu lassen. Ein weiterer gesanglicher Lichtblick der Aufführung wird mit James Moellenhoff (Banquo) geboten. Sein erdiger Bass taucht das Come dal ciel precipita l’ombra – Sieh, wie vom Himmel schwer herab finstre Wolken in ein warmes Aufleuchten druckvoller Stimmpräsenz. Die übrigen Beteiligten liefern im Rahmen ihrer stücktechnisch begrenzten Bühnenpräsenz solide ab, mehr aber auch nicht.
Ulf Schirmer treibt das Gewandhausorchester unter extrem wuchtig-massig klingendem Spiel durch die Partitur, wobei die Sänger lautstärketechnisch unter ihren strahlenden Tutti förmlich begraben werden.
Der Chor der Oper Leipzig glänzt als perfekt abgestimmter Klangkörper mit klarem Duktus.
Fazit
Die Inszenierung bleibt weit hinter den Möglichkeiten zurück, die das Stück in Bezug auf schicksalhafte Handlungswendungen und innere Seelenkonflikte bietet und zeugt, von selten gesehener Uninspiriertheit. Eine weit geöffnete, von Bühnenaufbauten fast gänzlich befreite Bühne, in der sich die Protagonisten verlieren, wird niemals die Verflechtungen der Personen und ihre innerlichen Bewegungen eindrucksvoll dramatisch bzw. intim vermitteln können. So wirkt ein mehrere Meter in die Höhe gefahrener Macbeth auf seinem Friseurstuhl-Thron auf einer kahlen Bühne wie ein groteskes Spiegelbild für die Ideenlosigkeit des Regisseurs. Hinzu kommt, daß von machtgetriebener Gier bei den Sängern durch wenig ambitioniertes Spiel und gesanglich oberflächlich gestaltete Rollenauslotung auch wenig zu spüren war. Statt heißem, gesanglichem Blutrausch wurde stark unterzuckerte, lasche Kost feilgeboten.
Dr. Andreas Gerth
Bild: Andreas Birkigt
Das Bild zeigt: Marco di Felice (Macbeth) und Amarilli Nizza (Lady Macbeth)