von Gaetano Donizetti, Dramma tragico in drei Akten, Libretto: Salvatore Cammarano nach The Bride of Lammermoor von Sir Walter Scott. UA: 26. September 1835 Neapel, Teatro San Carlo
Regie: Susanne Øglænd, Licht: Gérard Cleven, Bühne: Werner Hutterli, Kostüme: Gunna Meyer
Dirigent: James Gaffigan, Luzerner Sinfonieorchester, Chor und Extrachor des Luzerner Theaters, Choreinstudierung: Lev Vernik
Solisten: Todd Boyce (Lord Enrico Ashton), Khori Dastoor (Lucia), Carlo Jung-Heyk Cho (Edgardo di Ravenswood), Utku Kuzuluk (Arturo Bucklaw) u.a.
Besuchte Aufführung: 18. Dezember 2011 (Premiere)
Zwei schottische Adelsfamilien sind miteinander verfeindet und der Besitz der Ravenswood ist fast völlig in den der Familie Lammermoor übergegangen. Die Schwester des Lord Henry Ashton von Lammermoor verliebt sich in den letzten Erben von Ravenswood, Sir Edgardo. Trotz der Gefahr treffen sich Lucia und Edgardo täglich. Vor Edgardos Abreise nach Frankreich tauschen sie die Ringe und schwören sich ewige Treue. Lucias Bruder beabsichtigt, sie mit dem wohlhabenden und politisch einflußreichen Arturo Bucklaw zu vermählen. Es gelingt ihm, seinen Plan mit List sowie der Hilfe des Priesters Raimondo wie auch seines Freundes Normanno durchzusetzen. Doch seine unglückliche Schwester tötet ihren Gatten Arturo noch während der Hochzeitsnacht. Dem Wahnsinn verfallen erlebt Lucia in ihrem Wachtraum die kirchliche Trauung mit ihrem geliebten Edgardo. Zu spät erfährt der sie noch liebende Edgardo von Lucias Tod. Durch Selbstmord „eilt er ihr entgegen“.
Aufführung
Die Bühne ist relativ klein und verläuft in einigen hohen Stufen, die eine optische Perspektive bildet. Für die Solisten bilden sie zugleich die Sitzmöglichkeiten oder eine imaginative räumliche Trennung. Das schwarze Bühnenbild verrät schon vorab einiges von der Tragik der Geschichte. Die vielen schwarzen Stühle repräsentieren Waldbäume der Waldszene. Mehrere Schichten durchscheinender Vorhänge sind alle in Schwarz. Eine erstaunliche Wirkung einer Erscheinung entsteht durch ausreichende Deckkraft im Schatten dieser Vorhänge, nachdem das Licht gezielt eine Person beleuchtet und wieder im Dunkeln verschwinden läßt.
Die Kostüme der Sänger sind in derselben Farbgebung. Lucia trägt lange schwarze Haare, ihre Kleiderfarbe variiert zwischen violetten Farbtönen, dem Blau ihres Morgenmantels und strahlendem sowie blutüberlaufenes Weiß. Erst zum Hochzeitsmahl gibt es einen überschwänglich romantischen Farbrausch auf dem Schauplatz: elegante Chordamen treten in bunten Roben auf, mit Hüten und Haarschmuck. Das oft ziemlich helle Licht zaubert starke Kontraste.
Ein langer Tisch steht zeitweise quer über die ganze Bühnenbreite. Darauf findet sich Lucia in ihre „Wahnsinnsszene“. Das Licht ändert die Farbe und strahlt blutrot. Dann gibt es noch mehr Nebel. Einige Male wird der Wind wirkungsvoll eingesetzt. Zum Abschluß zeichnet die Hauptdarstellerin FINE auf die hintere Bühnenwand. Der enttäuschte Geliebte nimmt sich das Leben mithilfe von gleich zwei Pistolen per Kopfschuß, anstatt sich zu erdolchen.
Sänger und Orchester
Das Orchester spielte von Anfang an emotionsreich, erreichte jedoch hin und wieder erhebliche Lautstärke. Die Harfe zauberte eine besondere Stimmung. Die Sänger sangen kraftvoll und blieben nahezu immer gut hörbar. Vor allem der Chorklang gestaltete sich besonders angenehm. Die schauspielerisch versierte und anmutige Khori Dastoor (Lucia) überzeugte mit ihrer starken Bühnenpräsenz und meisterhafter Charakterdarstellung in Regnava nel silenzio – Im tiefen Schweigen lag die Nacht (1. Akt). Und auch als sie die dem Wahnsinn verfallene Lucia darstellte Il dolce suono – O süße Töne (3. Akt), war sie noch ausdrucksstark. Sie beherrschte das Stürzen in verschiedenen Variationen, tänzelte und sang auf dem Hochzeitstisch, dabei konnte sie das Tischtuch wie ein Kleid um sich schlingen. Klangschön gestaltete sie gemeinsam mit Carlo Jung-Heyk Cho ihr Duett Veranno a te sull‘ aura – Es wird dir mein Gedenken (1. Akt). Einen stolzen Adelsmann Edgardo repräsentierte Carlo Jung-Heyk Cho. Sein makelloser Gesang mit farbreichen Koloraturen gewann das Wohlgefallen des Publikums. Der stimmsichere Utku Kuzuluk (Arturo) brillierte mit seiner durchsetzungskräftigen Stimme in der undankbaren Rolle des unglücklichen Ehemannes. Der zart wirkende Todd Boyce (Ashton) konnte treffend einen bösen Charakter des selbstsüchtigen Bruders verkörpern, er sang und spielte den Ashton aussagekräftig. Der angenehm tönende Patrick Zielke (Raimondo) hatte eine deutliche Ähnlichkeit zu einem echten Priester. Caroline Vitale (Alisa) und Robert Maszl (Normanno) ergänzten das starke Ensemble mit ihrer vortrefflichen Leistung.
Fazit
Das begeisterte Publikum spendete während und auch nach der Aufführung feurig seinen Beifall, und der Schlußapplaus wollte nicht mehr enden. Das junge dynamische Sängerensemble, wunderschön gespielte Musik und sicher auch das schlichte Bühnenbild, die ästhetischen Kostüme einbegriffen, konnten das Publikum hochgradig begeistern. Die gekonnt eingesetzten schauspielerischen Talente trugen freilich zum Erfolg des künstlerisch anspruchsvollen Abends bei. Besondere Beachtung und Bewunderung verdient hier der Chor unter der Direktion von Lev Vernik.
Ruta Akelyte Hermann
Bild: Toni Suter
Das Bild zeigt: Utku Kuzuluk (Lord Arturo Bucklaw), Caroline Vitale (Alisa), Khori Dastoor (Lucia), Carlo Jung-Heyk Cho (Sir Edgardo di Ravenswood), Todd Boyce (Lord Enrico Ashton) v.l.n.r.