LAKMÉ – Bonn, Opernhaus

von Léo Delibes (1836-181891), Oper in drei Akten, Libretto: Pierre Edmon Julien Gondinet und Philippe-Émile-François Gille, UA: 14. April 1883 Paris, Opéra-Comique (Salle Favart)

Regie: Paul-Emile Foury, Bühne: Benoît Dugardy, Kostüme: Giovanna Fiorentini, Licht: Max Karbe

Dirigent: Stefan Blunier, Beethoven Orchester Bonn, Chor des Theaters Bonn, Einstudierung: Sibylle Wagner

Solisten: Miriam Clark (Lakmé), Alexandru Badea (Gérald),  Giorgos Kanaris (Frédéric), Renatus Mészár (Nilakantha),  Kathrin Leidig (Mallika) u.a.

Besuchte Aufführung: 29. Januar 2012 (Premiere) – Koproduktion mit dem Opéra-Théâtre de Metz Métropole

Kurzinhalt

Lakmé wohnt mit ihrem Vater, dem Brahmanen-Priester Nilakantha, in einem heiligen Lotoshain. Mit Fremden darf sie nicht reden. Begreiflicherweise sind Lakmé und ihre Dienerin Mallika verwirrt, als sie plötzlich in ihrem Garten den englischen Offizieren Gérald und Frédéric begegnen. Gérald verliebt sich sofort in die schöne Lakmé und gesteht ihr seine Liebe. Als der Vater zurückkehrt, verraten gepflückte Blumen den verbotenen Besuch und der Priester droht mit Rache. Er zwingt Lakmé auf dem Markt als Tempelsängerin den Frevler anzulocken, um ihn zu töten. Gérald wird verletzt, aber er  überlebt und wird von Lakmé im Wald heimlich gesundgepflegt. Sein Freund Frédéric erinnert ihn schließlich an seine Soldatenpflicht. Sie läßt Gérald vom heiligen Quellwasser trinken. Als ihr Vater die beiden entdeckt und erneut Rache schwört, ist Gérald für ihn durch den heiligen Trunk unantastbar geworden. Dennoch hatte Lakmé bemerkt, daß der Geliebte sich von ihr abwendet hat. In ihrem Kummer verzehrt sie eine giftige Blüte. Der Schlußgesang des Priesters verkündet, daß Lakmé ins Paradies eingehen wird.

Aufführung

Bereits in der Ouvertüre versetzt Léo Delibes seine Zuhörer in eine orientalische Klangwelt. Wenn sich dann der Vorhang hebt, wird der Blick frei auf einen hell durchfluteten Raum, der von Anfang bis Ende die Szenerie bestimmt. Stellwände sind von geometrischen orientalischen Mustern durchwirkt und verleihen der Handlung entsprechendes indisches Kolorit. Szenenwechsel gestalten sich alleine durch geschickte Lichtregie und Umstellung der Bühnenelemente. Die Damen tragen Saris, die Herren sind mit Turban und Hüten exotisch ausstaffiert. Die Engländerinnen sind im Stil des 19. Jahrhunderts gekleidet, die Soldaten tragen weiße Uniform. Drei Tempeltänzerinnen (2. Akt) sorgen außerdem für orientalisches Flair. Die Kulisse kommt ganz ohne Pflanzen aus und gibt doch die Illusion eines Gartens, in dem Lakmé und Mallika bei ihrem Duett von denselben Stellwänden getrennt sind, die später während der berühmten „Glöckchen-Arie“ als Hintergrund des Marktplatzes dienen. Dann fungieren sie als Wald, in dem die Brahmanen-Tochter den englischen Soldaten pflegt. Das besungene Quellwasser und der Lotoshain sind nicht zu sehen, auch vergiftet sich Lakmé am Ende nicht, sondern gibt nur ihren Willen zum Opfertod in Gegenwart des Vaters bekannt.

Sänger und Orchester

Miriam Clark als Lakmé verzauberte mit ihrer eher feinsinnigen stimmlichen Zurückhaltung genauso wie mit ihrer charmanten Ausstrahlung. Ihr Sopran verfügt über den gewünschten, für die schwierige Partie erforderlichen Ambitus, blieb aber über weite Strecken sehr leise und mitunter in den Koloraturen wenig differenziert, leider auch nicht immer ganz intonationsrein. Die Glöckchen-Arie erklang sehr zart. Hinreißend gelangen die Piano-Stellen, was besonders gut zur Geltung kam im Duett (1. Akt) mit Kathrin Leidig als Mallika. Alexandru Badea als ihr maskuliner Widerpart Gérald war gesanglich eine Enttäuschung, dafür überzeugte Renatus Mészár als Nilakantha umso mehr. Alexandru Badea (Gérald) suchte mit mäßigem Erfolg das vokale Extrem, zwang seinen nicht unbedingt schlechten Tenor mit Kraft in die höheren Lagen, hatte dafür in den tieferen wenig zuzusetzen. Großartig klang dagegen der Baß von Renatus Mészár (Nilakantha), eine tiefausgelotete  Stimme, dazu sicher geführt. Der Chor sang seine Partien sehr gut. Die Nebenrollen waren stimmlich eher unauffällig besetzt. Das Beethovenorchester kam mit der diffizilen Partitur weitgehend gut zurecht; besonders im 3. Akt fühlten sich die Musiker hörbar wohl. Im Detail dürfen einige Abstriche nicht unerwähnt bleiben: Etwa das kaum hörbare Glockenspiel – ausgerechnet in der Glöckchen-Arie – oder die nicht gerade rein intonierten Pikkoloflöten. Mitunter fehlte die dynamische Abstimmung des Orchesters mit den Sängern.

Fazit

Die mit wenigen Kulissen auskommende, um wirkungsvolle Kostüme angereicherte Inszenierung verleiht der leider viel zu selten gespielten Oper das nötige exotische Flair. Das Fehlen handlungsbedingter Turbulenz auf der Bühne wird durch das vornehme exotische Kolorit aufgewogen. Das Beethoven Orchester unter Stefan Blunier gestaltete schöne instrumentale Momente, hätte jedoch den Details der Partitur manchmal mehr Aufmerksamkeit widmen dürfen.

Felicitas Zink

Bild: Lilian Szokody

Das Bild zeigt: Renatus Mészár als Nilakantha, der Vater von Lakmé (Miriam Clark)

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