von Giuseppe Verdi, Oper in 3 Akten, Libretto: Antonio Somma nach Eugène Scribe, UA: 17. Februar 1859, Apollotheater Rom, Regie: Immo Karaman, Bühnenbild: Johann Jörg, Dirigent: Will Humburg, Beethoven Orchester Bonn, Opernchor, Chorleitung : Sibylle Wagner Solisten: George Oniani (Riccardo), Mark Morouse (Renato), Irina Oknina (Amelia), Daniela Denschlag (Ulrica), Anna Virovlansky (Oscar), Lee Poulis (Silvano), Martin Tzonev (Samuel), Ramaz Chikviladze (Tom) u.a.
Besuchte Vorstellung: 7. September 2008 (Premiere)
Vorbemerkung
Eugène Scribe verfaßte das Libretto ursprünglich für Gioacchino Rossini. Schließlich wurde es 1835 von François Auber unter dem Titel Gustav III. oder Der Maskenball vertont. Der Inhalt bezieht sich auf den Stockholmer Königsmord von 1792, den Scribe mit einer sentimentalen Liebesgeschichte verband.
Kurzinhalt
Graf Riccardo, Gouverneur von Boston, ist beliebt, dennoch trachtet eine Gruppe unter der Führung von Tom und Samuel aus persönlichen Rachemotiven nach seinem Leben. Während der Audienzstunde, in der das Verbannungsurteil über die Wahrsagerin Ulrica verhängt werden soll, legt der Page Oscar dem Grafen die Einladungsliste für den geplanten Maskenball vor. Mit Freuden liest er auch den Namen Amelias, die er heimlich liebt. Es ist die Frau seines loyalen Freundes Renato. Zur Überraschung aller schlägt Riccardo vor, die Versammelten sollten verkleidet Ulrica einen Besuch abstatten. Versteckt lauscht Riccardo bei der Wahrsagerin, wie Ulrica ihre Liebe zu ihm gesteht. Die Wahrsagerin macht einige Prophezeiungen, auch die, daß Renato zum Mörder des Grafen, seines besten Freundes, werden würde. Zur mitternächtlichen Stunde treffen sich Graf und Amelia erstmals und werden durch die Verschwörer getrennt, Renato soll seine eigene Frau zurückführen. Da diese tief verschleiert ist, erkennt Renato sie nicht. Von den Verschwörern bedroht, gibt Amelia ihre Identität preis. Renato fühlt sich von seinem Freund hintergangen und schließt sich den Attentätern an. Doch Riccardo hat keine unlauteren Absichten und die Versetzungsurkunde für Renato, dem Amelia folgen soll, bereits unterzeichnet. Zu spät erfährt es Renato und wird zum Freundesmörder auf dem Maskenball.
Aufführung
Immo Karaman doppelte Personen und die Erschießungsszene gleich drei Mal. Amelia sieht man gleich vier Mal in der Mitternachtsszene. Die Bühne ist ein einziger großer Käfig von grellem Neonlicht angestrahlt, die an eine Parkhausbeleuchtung erinnert. Hängende Bühnenwände mit Türen werden oft herein geschoben, was eine ungute Unruhe birgt. Eine kalte, anonyme Umwelt, in der Kühlschrank und angedeutetes, gekacheltes Badezimmer, in das Renato die vermeintlich untreue Gattin sperrt. Dunkel ist die Farbe der modern gekleideten Protagonisten: Grau die Kostüme und die Anzüge.
Irina Okninas Amelia ist stimmlich sicherlich nicht ohne Nachwirkung. Ihre sehr klare Stimme und ihre klare Akzentuierung, unterstrichen durch die sachliche Kostümierung, verdecken jedoch eher den weiblichen Charme, den sie auf Riccardo ausüben soll. Ein regelrechter Bruch ist ihre „Verschleierung“ mit Sonnenbrille und Tuch, in der sie sogar der Gärtner erkannt hätte. Mark Morouse forcierte, wie George Oniani mitunter sehr, gefiel jedoch im Ganzen betrachtet als Renato, wie letzterer als Riccardo. Anna Virovlansky gab einen hinreißenden Oscar, der jedoch von Claudia Rohrbach in Köln gesanglich um Klassen geschlagen wurde. Zuverlässig, wie stets, fungierte der Chor, vortrefflich einstudierte und stets sich in Choreographien bewegend. Sehr nüchtern gestaltet war die Durchführung des Maskenballs, in dem die Personen schwarz verschleiert, eine Art Totentanz verkörperten, ohne Glanz ohne Zauber, einfach nur dunkel. Die ist in schwarz, mehr oder weniger bekleidete Tanzgirls geben sich ekstatischen Tänzen hin. In Ulricas Wahrsager-Etablissement tragen sie bunte Farben und wirken wie Animierdamen.
Fazit
Nach Köln hat nun auch Bonn „seinen“ Maskenball. Um es vorweg zu nehmen, auch in Bonn bleibt man, was die Interpretation der Regie betrifft, ratlos zurück
Die Inszenierung lag in den Händen des jungen, deutsch-türkischen Regisseurs Immo Karaman, der sich für eine psychologisierende Auslegung entschlossen hat, deren Roter Faden nicht aufzufinden war
Musikalisch gelang der Maskenball auf seine Weise: Denn Will Humburg dirigierte mit Willen zum Pathos, auf dessen Strecke manche Details, manche Mittellagen blieben, der jedoch schwungvoll und an die ausgenüchterte Regiearbeit angelehnt, zur Gesamterscheinung paßte. Vielleicht hat sich Karaman zu viel zur Psychologie der einzelnen Protagonisten überlegt, so daß am Ende Bilder zurückblieben, die an der Aussagekraft schlichtweg vorbei gingen und sogar mitunter gegen den feinsinnigen musikalischen Gehalt Verdis liefen.
Felizitas Zink
Bild: Thilo Beu
Das Bild zeigt: Im Etablissement von Ulrica: Tanzgirls umringen Riccardo (George Oniani).