DER RING DES POLYKRATES UND DAS GEHEIME KÖNIGREICH – Lübeck,Theater

von Erich Wolfgang Korngold (1897-1957), heitere Oper in einem Akt, Libretto: Leo Feld und Julius Leopold Korngold nach dem Lustspiel von Heinrich Teweles, UA: 28. März 1916 München, Hofoper München

Das geheime Königreich

von Ernst Krenek (1900-1991), Märchenoper in einem Akt, Libretto vom Komponisten, UA: 6. Mai 1928 Wiesbaden, Staatstheater Wiesbaden

Regie: Franco Ripa di Meana, Bühne: Tiziano Santi, Kostüme: Marco Idini, Licht: Falk Hampel, Dirigent: Anton Marik, Chor: Joseph Feigl, Dramaturgie: Dr. Katharina Kost-Tolmein Chor und Orchester des Theaters Lübeck, Solisten: Hugo Mallet (Wilhelm Arndt), Ausrine Stundyte (Laura), Dainel Szeili (Florian Döblinger/1. Revolutionär), Anne Ellersiek (Lieschen/ 1. Dame), Antonio Yang (Peter Vogel/Der König), Zuzana Marková (Die Königin), Gerad Quinn (Der Narr), Andreas Haller (2. Revolutionär) Tomasz Mysliwiec (Ein Wächter), Therese Fauser (2. Dame), Wioletta Hebrowska (3. Dame)

Besuchte Aufführung: 2. März 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

In Korngolds erstem Opernwerk Der Ring des Polykrates wird die Geschichte zweier Paare erzählt. Wilhelm Arndt und seine Frau Laura leben seit zwei Jahren im Glück. Ihre beiden Bediensteten, Florian und Lieschen, spiegeln das Paar auf der Ebene der Arbeiter, sind jedoch noch nicht verheiratet. Peter Vogel, ein alter Freund Arndts, dessen Leben nicht von Glück begleitet war, kommt überraschend zu Besuch und versichert Wilhelm, daß er zu viel Glück habe und seine Frau fragen müsse, ob sie ihm etwas zu verheimlichen hätt.. Arndt zwingt sich, bricht einen Streit vom Zaun und stellt die Frage, worauf sich Laura gegen ihn wehrt und die Beziehung zu scheitern droht. Auch Florian fragt sein Lieschen, worauf ein heftiger Streit entbrennt. In diesem Streit erkennen Wilhelm und Laura ihre Verfehlungen, versöhnen sich wieder, werfen Peter Vogel hinaus und die beiden Diener werden verheiratet.

Im Geheimen Königreich steht ein regierungsmüder König im Mittelpunkt, dessen Volk gegen ihn rebelliert. Er übergibt die Geschäfte seinem Narr statt seiner machthungrigen Frau, die sich daraufhin mit einem Revolutionär einläßt, um an die Macht zu kommen. König, Königin und Revolutionär treffen sich in einem verwunschenen Wald. Die Königin verwandelt sich beim letzten Versuch, den Revolutionär zu verführen, in einen Baum, an dem sich der König erhängen will. Seine Frau spricht ihm als Baum jedoch noch einmal Mut zu, worauf dieser Hoffnung für eine bessere Zukunft schöpfen kann. Der Narr gibt ihm seine Krone zurück und verschwindet.

Aufführung

Das Haus des Wilhelm Arndt im ersten Teil wird durch eine mit Aluminium-Folie ausgekleidetes Zimmer, in dem ein aufgestellter Flügeldeckel und drei Stühle stehen dargestellt. Auf der durch Treppen zu erreichende Empore finden sich der Rest des Flügels sowie Theatersitze in drei Reihen.

Das Königreich im zweiten Teil entführt den Zuschauer in eine wahre Märchenwelt. Der Thron wirkt wie der Zacken einer Krone, es stehen ein Fenster und eine Tür im Raum und aus einem weiteren, gebogenen Teil der Krone ist ein Tisch geformt. Später klappen Choristen den Wald auf einer fahrbaren Tribüne auf, der ebenfalls aus eher abstrakten Busch-Formationen besteht.

Sänger und Orchester

Das erste Werk des Abends, das sich klanglich zwischen spätromantischen, teilweise freitonalen Passagen und klassischer Wiener Musik, zeitweise sogar mit fast operettenhaften Anspielungen bewegt, war in seiner musikalischen Präsentation eher zwiegespalten. Das Orchester unter Anton Marik musizierte facettenreich und mit großer Spielfreude, jedoch verloren einige der operettenhaften, leichten Passagen in der Stückmitte etwas an Spannung. Während Ausine Stundyte sehr gefühlvoll und einfühlsam die Rolle der Laura präsentierte, hatte Hugo Mallet als ihr Mann Wilhelm stark zu kämpfen. Manchmal ging er hinter dem Orchester unter, ein andermal fehlte es ihm in Duetten an nötigem Gegengewicht zu Stundyte. Aber in einigen Momenten vermochte er dennoch, die Leichtigkeit und später die Zerrissenheit seines Charakters überzeugend zu vermitteln. Anne Ellerisek und Daniel Szeili als Bedienstetenpärchen Lieschen und Florian wirkten zwar hin und wieder etwas albern, was aber wahrscheinlich durch die Regie beabsichtigt war. Wirklich enttäuschend war Antonio Yang in der Rolle des Peter Vogel. Sein Spiel wirkte steif und aufgesetzt und sein Gesang angestrengt und unauthentisch. Zwar konnte er sich im zweiten Teil des Abends, in Kreneks Geheime[n] Königreich, etwas steigern, für die Hauptrolle hat es meiner Meinung jedoch nicht gereicht. Ansonsten konnten Sänger und Ensemble von den ersten bis zu den letzten Takten der Märchenoper, die im Vergleich zu Korngolds Frühwerk harmonisch und melodisch wesentlich weiter entwickelt klingt, die Zuschauer in ihren Bann ziehen.

Gerad Quinn spielte und sang den Narren mit viel Einfühlungsvermögen, Spaß an der Rolle und emotionaler Glaubwürdigkeit – von leichtem Spaß bis zu wissender Traurigkeit. Zuzana Marková brillierte in ihrer nicht nur auf dem Besetzungszettel sondern auch in Tonhöhe, Charakter und Komplexität an die Königin der Nacht angelehnten Rolle. Sie fügte ihre hohen Koloraturen harmonisch und keinesfalls aufdringlich in den Ensembleklang und konnte in ihren Solo-Passagen durch Stimmkraft und das richtige Maß an Pathos und Dramatik das Bild einer herrschsüchtigen, vor Machtgier blinden Königin glaubhaft darstellen. Die drei Damen Anne Ellersiek, Therese Fauser und Wioletta Hebrowska spielten und sangen als eingespieltes Team in nahezu makelloser Synchronizität und stimmlicher Harmonie. Daniel Szeili wuchs als Revolutionär noch über seine Leistung als Florian hinaus.

Fazit

Auch mit der Produktion dieser beiden Seltenheiten der Opernliteratur kann sich das Lübecker Ensemble bundesweit mit den großen Staatsopern messen. Die herausragende Leistung der Sänger und Musiker wurde wie immer durch tosenden Applaus bereits nach der ersten Hälfte entlohnt.

Maik Hoppe

Bild: Joachim Quast

Das Bild Zeigt: das Königspaar Antonio Yang und Zusanna Marková sowie die drei Damen Anne Ellersiek, Wioletta Herbrowska und Therese Fauser

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