von Charles Gounod (1818-1893), Oper in vier Akten, Libretto: Jules Barbier und Michel Carré nach Johann Wolfgang von Goethes Faust, UA: 19. März 1859, Paris
Regie/Bühne/Kostüme: Hinrich Horstkotte
Dirigent: Daniel Carlberg, Anhaltische Philharmonie, Opernchor und Extrachor Dessau, Choreinstudierung: Helmut Sonne
Solisten: Artjom Korotkov (Doktor Faust), Kyung-Il Ko (Mephistopheles), Wiard Witholt (Valentin), Pawel Tomczak (Wagner), Angelina Ruzzafante (Marguerite), Kristina Baran (Siebel), Elisabeth King (Marthe)
Besuchte Aufführung: 17. März 2012 (Premiere)
Der angesehene Doktor Faust hat sich alles Wissen angeeignet und sieht trotzdem keinen Sinn im Leben, will dagegen wieder jung und leidenschaftlich sein. Die Erfüllung dieser Wünsche ermöglicht Mephistopheles. Dafür muß Faust seine Seele opfern. Mephistopheles stellte ihm Marguerite vor, der Faust fortan in leidenschaftlicher Liebe verfallen ist. Marguerites Bruder Valentin zieht mit viel Pomp in den Krieg, bittet Siebel und Wagner auf sie aufzupassen. Als Valentin aus dem Krieg zurückkehrt, hat Marguerite ein Kind geboren. Auf der Rückkehr aus dem Krieg fällt Valentin im Duell mit Faust, Marguerite wird wahnsinnig, bringt ihr Kind um und wird zum Tode verurteilt. Sie stirbt und wird von Engeln im Himmel empfangen.
Aufführung
Eine weitere Paraderolle ist Marguerite für den schweren Koloratursopran von Angelina Ruzzafante. Erregend, wie schwerelos leicht es ihr gelingt, diese Partie zu gestalten, beispielhaft ihre sensationell klaren hohen Töne und Tonfolgen im Finale oder in der bekannten Juwelenarie. Artjom Korotkov als Faust ist sicher ein hervorragender lyrischer Tenor und kann seine Rolle technisch sehr variabel gestalten, jedoch hält er sich manchmal in der Lautstärke zurück, gerade im Vergleich mit Marguerite wird dies deutlich. Kyung-Il Ko kann mit seinem Baß, besonders in den tiefen Stellen, der Rolle des Mephistopheles den dämonischen Ausdruck verleihen, während der Bariton Wiard Witholt als Valentin mit viel tenoral glänzender Höhe punkten kann. Auch die kleinen Rollen waren ausgezeichnet mit Mitgliedern des Hauses besetzt.
Für eine ungemein spannende Deutung sorgt Daniel Carlberg mit der Anhaltischen Philharmonie. Das gelingt nicht nur in den großen Orchesterstellen oder Chorszenen, auch die kammermusikalischen Momente entfalten große Wirkung und romantische Gefühle im Publikum. Eine großartige Leistung vollbringt wieder einmal der Chor, verstärkt durch einen Extrachor. Dank des guten Zusammenspiels zwischen diesem Chor, Orchester und Solisten ergibt sich die Klangwirkung einer französischen großen Oper, die zu einem großartigen, emotional aufwühlenden Musikerlebnis im Osterspaziergang, Soldatenchor oder Der König von Thule wird.
Fazit
Die Opernfreunde Dessaus oder der umliegenden Städten wären gut beraten, sich diese, in allen Bereichen gelungene Produktion, nicht entgehen zu lassen. Hinrich Horstkotte vertraut der Handlung, erzählt die Geschichte detailgenau in farbenprächtigen Bildern und zeichnet gekonnt die Fieberphantasie einer sterbenden Marguerite. Wieviel Potential schlummert in diesem Gelehrtendrama! Sicher wäre Goethe zufrieden gewesen. Und musikalisch braucht man in Dessau den Vergleich mit großen Opernhäusern in Berlin und Paris nicht zu scheuen.
Oliver Hohlbach
Bild: Claudia Heysel
Das Bild zeigt: Macht Sinn als Gegensatz der Paare: Elisabeth King (Marthe) und Kyung-Il Ko (Mephistopheles), sowie Angelina Ruzzafante (Marguerite) und Artjom Korotkov (Faust)