XERXES – Berlin, Komische Oper

von Georg Friedrich Händel (1685 – 1759), Dramma per musica in drei Akten, Libretto eines anonymen Verfassers nach Silvio Stampiglia, nach einem Libretto von Niccolò Minato

UA: 15. April 1738 London, King’s Theatre

Regie: Stefan Herheim, Bühne: Heike Scheele, Kostüme: Gesine Völlm, Licht: Franck Evin, Dramaturgie: Alexander Meier-Dörzenbach und Ingo Gerlach

Dirigent: Konrad Junghänel, Orchester der Komischen Oper Berlin Choreinstudierung: André Kellinghaus

Solisten: Stella Doufexis (Xerxes), Karolina Gumos (Arsamenes), Katarina Bradic (Amastris), Brigitte Geller (Romilda), Julia Giebel (Atalanta), Dimitry Ivashchenko (Ariodates), Hagen Matzeit (Elviro)

Besuchte Aufführung: 13. Mai 2012 (Premiere, deutsche Textfassung:  Eberhard Schmidt)

Kurzinhalt

Xerxes verliebt sich in Romilda, die ihrerseits aber Xerxes Bruder Arsamenes in heimlicher Liebe zugetan ist, so wie auch Arsamenes ihr. Eine Intrige der Schwester Romilda und Atalanta, die ihrerseits Arsamenes für sich haben möchten, schlägt fehl und das Paar Arsamenes-Romilda findet schließlich zueinander, während sich der Perserkönig mit der inkognito erschienen Prinzessin Amastris, die verzweifelt seinem Werben um Romilda zugesehen hat und mit der er verlobt ist, verheiratet.

Aufführung

Auf allen Ebenen wird diese Oper parodiert. Der Text des Librettos ist teilweise humoristisch verändert. Einzelne Begriffe werden mimisch und gestisch übertrieben. Das dominierende Deutsch wird ab und zu von einer italienisch gesungenen Arie oder von dem berlinernden Diener Elviro durchbrochen. Die Konkurrenz der beiden männlichen und weiblichen Liebhaber drückt sich zunächst in Form ihrer gleichen Kostüme aus, später auch durch den Einsatz von gegenseitiger Spiegelung und Nachahmung. Die Bevorzugung der Symmetrie für die Gestaltung einer Perspektivbühne zeigt sich nicht nur an den perspektivisch gemalten Prospekten und der Drehbühne, sondern auch an den konisch aufgereihten Soldaten, an den Bewegungen maskierter Wassergestalten und nicht zuletzt an den parallel zueinander wandernden Säulen, die zuerst die Buchstaben Xerxes tragen und diese dann in ein die Omnipotenz des Herrschers karikierendes Rex-Sex teilen. Die getragene Melodie der berühmten Arie des Xerxes über dem Schatten der Platane wird durch ein erotisches Schäferspiel mit tanzenden Schafen konterkariert. Der verschmähte Xerxes weiß trotz des Einsatzes immer schärferer Waffen nicht, wie er seinen Haß inszenieren soll. Amastris holt mit der Armbrust den Amor vom Himmel und Romilda läßt zur Demonstration ihrer Eifersucht eine Kanonenkugel in die Stadtmauer fliegen.

Sänger und Orchester

Das für das Publikum sichtbare Orchester spielt unter der zupackenden Leitung von Konrad Junghänel offensiv, temperamentvoll und dynamisch präzise. Kurz wird es in die Handlung einbezogen, als Xerxes ein Da-capo ablehnt und das Licht löscht. Der Opernchor vermag den spielerischen Charakter der Inszenierung musikalisch zu untermalen. Im eingängigen Schlußchor treten die Ensemblemitglieder in Straßenkleidung vor den Vorhang und führen den Zuschauer zurück in die Realität. Allen Ensemblemitgliedern der Komischen Oper gelingt es gleichgut, den Anforderungen der koloraturreichen Händel-Arien nachzukommen. Über die Stimme zeigen sie die Charaktere der Personen. So besingen Julia Giebel (Atalanta) und Brigitte Geller (Romilda) in den höchsten Tönen das Schwesterngezänk, verkörpert Stella Doufexis (Xerxes) einen von Leichtigkeit gekennzeichneten Xerxes, der mit barocken ebenso wie modernen Tanzschritte aufwarten kann. Karolina Gumos (Arsamenes) sorgt mit ihrem wohlklingenden Mezzosopran für die Umsetzung der tragischen Seite der Oper ebenso wie Katarina Bradic (Amastris), die verstoßene Geliebte von Xerxes, besonders am Ende des zweiten Aktes mit einer stimmlich und schauspielerisch beeindruckenden Mischung Kränkung und Triumph. Dimitry Ivashchenko hat mit seinem Part des väterlichen Ariodates die einzige tiefe Partie in der Oper. Hagen Matzeit (Elviro) tritt als Mann und als verkleidete Blumenverkäuferin auf und ist in der Lage, beiden die passende Stimme zu geben.

Fazit

Die tragischen Elemente treten hier zugunsten der komischen etwas in den Hintergrund. Alle Beteiligten zeigen mitreißende Spielfreude. Mal abgesehen von den überzogenen sexuellen Anspielungen und dem berlinernden Elviro gelang es dem Regisseur, eine Barockoper in ihrem Glanz aufblühen zu lassen und sie gleichzeitig gekonnt zu parodieren. Der begeisterte (Szenen-)Applaus galt dieses Mal nicht nur der musikalischen Umsetzung, sondern auch der Regie.

Carola Jakubowski

Bild: Forster

Das Bild zeigt: Brigitte Geller (Romilda), Karolina Gumos (Arsamenes)

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