TOSCA – Köln, Oper

von Giacomo Puccini (1858-1924), Melodramma in drei Akten, Libretto: Giuseppe Giacosa und Luigi Illica, nach dem Schauspiel Tosca  von Victorien Sardou, UA: 14. Januar 1900 Rom, Teatro Costanzi

Regie: Thilo Reinhardt, Bühne: Paul Zoller, Kostüme: Ulli Kremer, Licht: Andreas Grüter, Dramaturgie: Birgit Meyer

Dirigent: Markus Stenz, Gürzenich-Orchester und Chor, Kinderchor, Kölner Domchor, Choreinstudierung: Andrew Ollivant

Solisten: Takesha Meshé Kizart (Floria Tosca), Calin Bratescu, (Mario Cavaradossi), Oliver Zwarg (Baron Scarpia), Dennis Wilgenhof (Cesare Angelotti), Tiziano Bracci, (Der Mesner), Martin Koch, (Spoletta), Rachel Bate (Ein Hirt )

Besuchte Aufführung: 17. Mai 2012 (Premiere, Ort: Zelt am Dom)

Kurzinhalt

Die Sängerin Floria Tosca liebt den Maler Mario Cavaradossi, doch Baron Scarpia, Polizeichef von Rom, will Tosca ebenfalls besitzen. Da Cavaradossi Cesare Angelotti, einem Anhänger Napoleons, Unterschlupf gewährt, erpreßt ihn Scarpia, um Angelottis habhaft zu werden. Cavaradossis Folterung läßt Scarpia Tosca miterleben. Um ihn zu schützen, verrät sie Angelottis Versteck. Dafür erhält sie einen Entlassungsschein für ihren Geliebten. Doch bevor Scarpia sie vergewaltigt, ersticht sie ihn. Scarpia hatte ihr eine Scheinerschießung versprochen, aber Cavaradossi wird dennoch erschossen. Tosca stürzt sich daraufhin von der Engelsburg in den Tod.

Aufführung

Beim Betreten des Zuschauerraums sieht man in Bühnenmitte einen weitausladenden Altar, hinter dem ein Priester Choräle singt. Den Ausgang am Ende des Mittelgangs der Kirche verschließt ein roter Vorhang, der von der hohen Decke herabreicht. In den Kirchenbänken beiderseits des Mittelgangs knien Gläubige, die ab und zu in den Gesang des Priesters einstimmen. Einige Frauen erscheinen mit Babys auf dem Arm, ebenso auch eine elegant gekleidete Dame mit großem, hellbraunem Koffer, den sie in die rechte Ecke neben den Altar abstellt. Auf der anderen Seite steht eine lange Bank neben dem Altar. Dumpfer Kanonendonner und Erschütterungen, die von herabrieseldem Mörtel begleitet sind, lassen die Gläubigen zusammenzucken. Auf eine stärkere Detonation hin verlassen alle fluchtartig den Kirchenraum.

Ohne Übergang beginnt nun das Orchester die Oper und beendet damit den vorgesetzten Regieeinfall.

Im zweiten Akt wird das riesiges Kreuz von der Decke herabgelassen und in halbliegende Position gebracht, auf dem Cavaradossi an Händen und Füßen angenagelt wird. Der Altar dient jetzt als Tisch für Scarpias Mahlzeit und zu seiner Lustbefriedigung mit Tosca, die ihn erst danach erschießt. Im dritten Akt gibt eine Soldat Cavaradossi den Todesschuß, nachdem er vom Erschießungskommando nur verwundet worden war.

Sänger und Orchester

Marcus Stenz gestaltet mit dem Gürzenich-Orchester die farbige Puccini-Partitur von Beginn an mit leichter Hand, auffallend elegant die triolischen Achtel beim Erscheinen des Mesners, was einen großen Kontrast zum traurig-düsteren, schwarzen Bühnenbild darstellt. Calin Bratescu (Mario Cavaradossi) besitzt eine strahlende Tenorstimme, die er schon bei È bruna Floria, l’ardente amante – Floria, meine feurige Geliebte, ist braunäugig wirkungsvoll einsetzt. Später zeigt er mit dem berühmten E lucevan le stelle – und die Sterne glänzten mit männlichem Timbre seine ganze Leidenschaftlichkeit. Dennis Wilgenhof (Angelotti) vermittelt mit seiner, von Vibrato überlagerten Stimme eindrucksvoll die Todesangst eines Flüchtenden. Toscas (Takesha Meshé Kizart) Rufe vor und in der Kirche: Mario, Mario, hört man nur sehr schwach. An der Rampe ist ihre Stimme besser vernehmbar. Leider machen sich schon zu Anfang neben fehlendem Volumen (Fülle, Rundung, Dynamik) und Intonationsschwankungen eine fehlende rhythmische Konstanz sowie ein tonlich indifferentes Angleiten hoher Töne z.B. bei Non la sospiri la nostra casetta – sehnst du dich nicht nach unserem Häuschen bemerkbar. Auf eine verständliche Artikulation wartete man vergebens. Doch bei Oliver Zwarg (Scarpia) ist die Rolle in den besten Händen: sein wohltönender Bariton setzte sich machtvoll gegen das Orchester durch, und er kann seiner biegsamen Stimme den notwendigen verführerischen Klang geben, womit er beim Zusammentreffen in der Kirche leicht Toscas Sympathie erringt.

Fazit

Puccinis Tosca ist keineswegs ein „Nacht und Nebel-Stück“ wie Regisseur Thilo Reinhardt mit den durchweg schwarzen Kostümen aller Personen (auch der Meßdiener) es uns weißmachen will. Die Abwesenheit des Kardinals am Ende des ersten Akts in San Andrea della Valle und Scarpias breitbeinige Position auf dem Altar läßt vollkommen die Spannung, die zwischen den religiösen Gesänge der Gläubigen und dem niederträchtigen Brüllen Scarpias, das Puccini beabsichtigte, außer acht. Mit Puccinis Musik mißlingt offensichtlich die hier versuchte Adaptierung an die Nazi-Zeit (SS-Schergen mit Hakenkreuzarmbinde). Die Vorgaben dieser veristischen Oper (alle Orten in Rom: San Andrea della Valle, Palazzo Farnese, Engelsburg kann man noch besuchen) sollte gerade ein „Regietheater-Regisseur“ beherzigen. Das Publikum gab seinen geschuldeten Applaus. Das Regieteam wurde wenig beachtet.

Dr. Olaf Zenner

Bild: Bernd Uhlig

Das Bild zeigt: Oliver Zwarg (Baron Scarpia), Takesha Meshé Kizart (Tosca), im Hintergrund: Calin Bratescu (Cavaradossi)

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