ARIODANTE – Basel, Theater

von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Dramma per musica in drei Akten, Libretto: Anonymus nach Antonio Salvi und Lucovico Ariostos Orlando Furioso. UA: 1735 London, Covent Garden Theatre

Regie: Stefan Pucher, Bühne: Barbara Ehnes, Kostüme: Annabelle Witt, Licht: Guido Hölzer, Dramaturgie: Bettina Auer

Dirigent: Andrea Marcon, La Cetra Barockorchester Basel, Chor des Theater Basel, Choreinstudierung: Henryk Polus

Solisten: Luca Tittoto (König von Schottland) Franziska Gottwald (Ariodante), Maya Boog (Ginevra), Nikolay Borchev (Lurcanio), Christiane Bassek (Polinesso), Agata Wilewska (Dalinda), Laurence Guillod (Cover Dalinda), Noel Hernández Lopez (Odoardo)

Besuchte Aufführung: 13. Mai 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Es ist Mittelalter. Prinz Ariodante ist in die schottische Königstochter Ginevra verliebt, worüber der König glücklich ist und die Hochzeit für den kommenden Tag ankündigt. Herzog Polinesso liebt ebenfalls Ginevra. Um sie zu gewinnen, denkt er sich eine Intrige aus, für die er die Hofdame Dalinda gewinnen kann. Dadurch will er seinen Rivalen vernichten. Dalinda liebt Polinesso und geht sofort auf seinen Wunsch ein, die Kleidung Ihrer Herrin, Ginevra, anzulegen und sich mit ihm an der Turmpforte zu treffen. Ariodante sieht dieses Treffen und meint, Ginevra träft sich mit Polinesso. Tief enttäuscht stürzt er sich ins Meer, wird jedoch gerettet. Eine Bestrafung Ginevras wird gefordert. Als Gottesurteil wird ein Zweikampf vom König angeordnet, bei dem Polinesso, der für Ginevras Ehre kämpft, von Lurcanio, Ariodantes Bruder, besiegt wird. Vor seinem Tod beichtet Polinesso sein Vergehen. So steht der Vereinigung von Ginevra und Ariodante nichts mehr im Wege.

Aufführung

Spannende Optik bietet die Maschinerie des Theaters schon zu Beginn. Während der Ouvertüre fährt das Orchester sehr langsam hoch, so daß man als Zuschauer dadurch das Gefühl des Schwebens bekommt. Während des Schauspiels dreht sich die Bühne unzählige Male, es kommen Naturbilder und märchenhafte Videoprojektionen zum Einsatz. Die Kostüme sowie die Wände tragen sehr oft aufdringliche, doch auch schlichte, aber stets aus mehreren Farbtönen bestehende Karomuster. Besonders ansehnlich sind die Kostüme von Ginevra, sei es das Hochzeitskleid in weißen Federn oder ein enganliegendes helles Overall mit aufgemalten Adern und Herz. Die Möbelstücke und Sitzbänke sehen aus wie enorm großen Insekten und Schnecken.

Zum Zweikampf von Lurcanio und Polinesso gibt es ein Kickboxer-Paar, das sich auf der Bühne verprügelt, was die Musik kaum andeutet. Auch ist komisch, weshalb Polinesso stirbt, denn er kämpft ja nicht selbst.

Sänger und Orchester

Das große Barockorchester La Cetra spielte in einer breiten Klangfarbenpallette mit weicher Dynamik, oft lautstark in gut gewählten Tempi. Zum Chor des ersten Aktes ließ sich Dirigent Andrea Marcon etwas Besonderes einfallen: Freiwilligen aus dem Publikum konnten vor der Aufführung beide Chorstimmen einstudieren und mitsingen.

Franziska Gottwald sang die Hauptrolle des Ariodante emotional und souverän, dazu brillierte Maya Boog (Ginevra) mit flinken Verzierungen, beachtenswert in der Arie Volate, amori – Kommt geschwind, ihr Lieben. Der Baß Luca Tittoto (König von Schottland) präsentierte einen wohltuenden, in der Tiefe kraftvollen Klang und gab gekonnt und flexibel seine ansprechenden Koloraturen zum Besten. Nikolay Borchev (Lurcanio) zeigte neben seiner intonationsklaren und durchdringenden Stimme viel energiegeladenen Körpereinsatz. Als Herzog Polinesso überzeugte Christiane Bassek mit ihrem männlichen Gesichtsausdruck. Ihre Koloraturen sang sie sehr flüssig, worunter ihre deutliche Aussprache nicht litt. Agata Wilewska (Dalinda) meisterte ihre Gesangsnummern brillant mit schmelzend angenehmer, nur leicht vibrierenden Stimme. Die zahlreichen Verzierungen wurden hervorragend dargeboten. Mit seinem klaren Countertenor rundete Noel Hernández Lopez (Odoardo) die Aufführung ab.

Fazit

Eine mitreißend gespielte Musik, vermengt mit einer optisch anziehenden Darstellung, im ausverkauften Theater Basel. Leider hatte man die Tänze gestrichen, wodurch Handlung manchmal etwas statisch wirkte. Insgesamt ist dem Sängerensemble eine überzeugende Aufführung mit sehr vielen ansprechenden Höhepunkten gelungen. Das Mitsingen des Auditoriums im Chor fand vermutlich zum ersten Mal in der Geschichte statt. Es war eindrucksvoll, die Sitznachbarn als Sänger zu erleben.

Ruta Akelyte Hermann

Bild: Tanja Dorendorf/T+T Fotografie

Das Bild zeigt: Luca Tittoto (Il Re di Scozia) mit Maya Boog (Ginevra)

 

Veröffentlicht unter Basel, Theater, Opern