von Richard Wagner (1813-1883) Handlung in drei Aufzügen, UA: 10. Juni 1865 München, Kgl. Hof- und Nationaltheater
Regie: Ludger Engels Bühne: Christin Vahl Kostüme: Ric Schachtebeck
Dirigent: Marcus R. Bosch Solisten: Ivar Gilhuus (Tristan), Woon-jo Choi (König Marke), Claudia Iten (Isolde), Sanja Radisic (Brangäne), Hrólfur Saemundsson (Kurwenal), Louis Kim (Melot), Ein Hirte (Patricio Arroyo)
Besuchte Aufführung: 26. Mai 2012
Der Ritter Tristan führt die irische Prinzessin Isolde, deren Verlobten Morold er einst im Zweikampf getötet hat, seinem Onkel König Marke von Cornwall als Braut zu. Auf der Überfahrt nach England verlangt Isolde Sühne für Morolds Tod. Sie fordert Tristan auf, gemeinsam mit ihr Gift zu trinken. Brangäne hat jedoch das Gift heimlich gegen einen Liebestrank ausgetauscht. So entbrennen Tristan und Isolde in heftiger Leidenschaft füreinander. Isolde heiratet zwar König Marke, trifft sich aber mit Tristan. Melot verrät die Liebenden, kämpft mit Tristan und verwundet ihn schwer. Während Isolde zurückbleibt, bringt Kurwenal Tristan nach Cornwall. Isolde eilt ihnen nach, Tristan stirbt jedoch im Moment ihrer Ankunft. Als letzte Konsequenz ihrer Liebe folgt Isolde ihm in den Tod.
Aufführung
Im ersten Akt zeigt die Bühne das Innere einer Schiffskabine mit Holzwänden. Die Kostüme ähneln dem Stil englischer Gutsbesitzer. Isolde erscheint zuerst in einer weit geschnittenen Hose mit Pelzmantel, später im schwarzen Etuikleid, ihre Dienerin Brangäne im karierten Schottenrock und beiger Bluse. Die Herren tragen Stiefel und Segeljacken, Marke eine englische Wachsjacke, darunter Pullover und Krawattenkragen. Im zweiten Akt stellt die Kulisse ein Schlafzimmer mit Bett, Sesseln und Aquarium dar, das in mehrere Puzzleteile auseinanderdriftet. Zu einer wirklichen Liebesszene kommt es nicht: Tristan und Isolde sitzen steif nebeneinander, legen sich aufs Bett nieder ohne sich zu berühren und kommen sich auch sonst im gesamten Stück nicht näher. Während der Todesszene ist die komplette Bühne schwarz, nur eine seichte Wasserlache deutet die Küste der Bretagne an. Statt über Tristans Leichnam zusammenzubrechen, sitzt Isolde auf einem Stuhl und starrt lächelnd in den Zuschauerraum.
Sänger und Orchester
Marcus R. Bosch gibt mit Tristan und Isolde als Generalmusikdirektor seinen Abschied vom Aachener Theater. Sehr konzentriert dirigiert er das Orchester während der Ouvertüre. Das gemäßigte Tempo im lento läßt viel Raum für das schmachtende Liebestrank-Leitmotiv. Besonders in den Streichern werden die weiten Bögen der crescendi sehr gut getragen. Das gesamte Orchester spielt der Notenvorlage entsprechend sehr laut und klanggewaltig, ordnet sich dann aber leider nicht immer dem Gesang unter. Ein gesanglicher Höhepunkt ist gleich zu Beginn Claudia Iten (Isolde), die man als Gast an das Haus holte. Die insgesamt viereinhalb Stunden lange Oper singt sie durchweg mit Haltung. Besonders im ersten Akt gelingt ihr das Verkörpern der stolzen Königstochter, durch das Anschwellen ihrer Sopranstimme zu strahlend hohen Tönen, die stets sauber intoniert klingen. In der mittleren und tiefen Lage hat ihre Stimme lyrischen Charakter. Insgesamt ist ihre gesangliche Interpretation der Isolde sehr akzentuiert und deutlich textverständlich. Ihre weibliche Mitstreiterin Sanja Radisic (Brangäne) sorgt mit ihrem Mezzosopran für die etwas wärmeren Töne. In den tiefen Lagen ist ihre Stimme angenehm schwer und kehlig, so bei Einsam wachend in der Nacht (2. Akt). Hier zeigt sie sich traurig und besorgt über den Ausgang der Affäre mit weicher Stimme. Von den männlichen Sängern ist Ivar Gilhuus (Tristan) aus Krankheitsgründen für die eigentliche Besetzung eingesprungen. Er spielt einen etwas in die Jahre gekommenen Tristan, der leider kaum die Rolle des Helden repräsentiert. Sein hell gefärbter Heldentenor hat ein sehr filigranes Timbre, wirkt im ersten Akt aber etwas zittrig durch ein überlagertes Tremolo. Im zweiten Akt kommt der Glanz seiner Stimme mehr zur Geltung. Im dritten Akt gelingt es ihm dann, die Partie markant zu singen und die Todesszene, auf dem Boden liegend und sich krümmend, dramatisch auszuspielen. Woon-jo Choi (Marke) überzeugt gleich von Anfang an. Seine kraftvolle Baßstimme klingt in den Höhen metallisch, in den Tiefen warm und weich. Er intoniert sehr klar und akzentuiert, so daß der Text gut verständlich ist und seine herrschaftliche Überlegenheit zum Ausdruck kommt. Zuletzt sei Hrólfur Saemundsson (Kurwenal) erwähnt. Im letzten Akt verleiht er der Sterbeszene Tristans mehr Lebendigkeit, indem er seinen rauchig klingenden Bariton dazu einsetzt ihn zu umsorgen.
Fazit
Vor allem durch Claudia Itens (Isolde) großartige Darstellung wird der Abend eine musikalischen Glanzleistung. Auch applaudiert das Publikum ihr besonders lange. Insgesamt ein krönender Abschluß für Marcus R. Bosch.
Melanie Joannidis
Bild: Wil van Iersel
Das Bild zeigt: Claudia Iten (Isolde) neben Ivar Gilhuus (Tristan)