IL BARBIERE DI SIVIGLIA – Hof, Theater

von Gioachino Rossini (1792-1868). Melodramma buffo in 2 Akten, Libretto: Cesare Sterbini nach Beaumarchais’ Le Barbier de Séville, UA 20. Februar 1816 Rom, Teatro Torre Argentina

Regie: Uwe Drechsel, Bühne: Anne Weiler, Kostüme: Barbara Schwarzenberger, Dramaturgie: Thomas Schmidt-Ehrenberg

Dirigent: Arn Goerke, Hofer Symphoniker, Herren des Opernchors, Einstudierung: Michel Roberge

Solisten: Chong Sun (Graf Almaviva), Rolf A. Scheider (Bartolo), Sylvia Szadovszki (Rosina), Thomas Rettensteiner (Figaro), Karsten Schröter (Basilio), Ingrid Katzengruber (Berta), Thilo Andersson (Fiorillo), Thorsten Stammberger (Offizier

Besuchte Aufführunrg: 9. Juni 2012 (Premiere, in deutscher Sprache, Übersetzung: Günther Rennert)

Kurzinhalt

Graf Almaviva liebt Rosina, das Mündel des Doktor Bartolo, welcher selbst ein Auge auf sie und ihre Mitgift geworfen hat. Darum versucht er, seine Konkurrenten auszustechen. Der sich als mittelloser Student Lindoro ausgebenden Graf konnte jedoch das Herz Rosinas erlangen. Mit Hilfe Figaros, dem besten Barbier in Sevilla, und einiger List gelingt es ihm, in das Haus des Doktors zu gelangen: Erst als betrunkener Soldat, dann als Musikmeister Alonso verkleidet kann er mit seiner Geliebten Briefchen und Zärtlichkeiten austauschen. Als Bartolo ihn aber erkennt, scheint der Plan zu scheitern. Doch zu nächtlicher Stunde kann Almaviva Rosina von seiner Treue überzeugen und auf der Stelle heiraten.

Aufführung

Die Oper beginnt vor der Außenfassade eines spanischen Stadthauses, die, im Verlauf des ersten Aktes im Schnürboden verschwindend, das Wohnzimmer des Dr. Bartolo zum Vorschein kommen läßt. Es wird von einer Treppe und einem kleinen Balkon bestimmt, die sinnvoll zur Auflockerung der Ensembleszenen genutzt werden. Die Kostüme, Dekorationen wie Tisch, Stehpult, Sessel und Cembalo sowie die Requisiten unterstützen den historisch orientierten Charakter der Ausstattung, die dem buffonesken Bühnengeschehen einen ästhetischen Rahmen gibt. Die Regie nahm einige Änderungen der Werkgestalt vor: der siebte Auftritt im zweiten Akt (Bartolo berichtet Rosina von der angeblichen Untreue des Grafen). Die (Liebes-)Arie der Rosina zu Beginn des 2. Akts wurde durch das bekannte  Katzenduett ersetzt, das meist Rossini zugschrieben wird. Zusätzlich wurde eine stumme Kinderrolle eingefügt: Der Sohn oder Lehrling des Figaro, gekleidet wie Figaro selbst.

Sänger und Orchester

Goerke eröffnet den Abend mit gemäßigtem Tempo, dafür sorgsam differenziert und ausbalanciert mit transparenter Klanggestaltung. Das Orchester zeigt sich spielfreudig und bringt mit Leichtigkeit Italianità zur Geltung. Dieser halten die Musiker bis zum Ende durch, während sie außerdem den Sängern als verläßlicher Begleiter zur Seite stehen. Glanzpunkt des Abends ist Thomas Rettensteiner, der seinen Figaro herrlich sonor und spritzig nicht nur aus-, sondern auch aufführt. Mit seinem großen komischen Talent avanciert er schnell zum Publikumsliebling. Mit großer Textverständlichkeit glänzt seine  klangvolle Baritonstimme im höheren Register, doch weiß er auch die tieferen Lagen zu gestalten. Mit der Kavatine Ich bin das Faktotum (1. Akt) kann er seine glänzende Technik demonstrieren. Eine ähnlich solide Leistung liefert Rolf A. Schneider (Bartolo). Mit erfreulich klarer Diktion und lyrischer Kraft gestaltet er seine Partie, ohne den Grad der darstellerischen Leistung zu schmälern. Sylvia Szadovszki (Rosina) erfreut mit ihrer jungen Stimme, die ein helles Timbre mit feinem Vibrato besitzt. Ihre virtuosen Koloraturen sind nicht nur Zwitscherwerk, sondern verleihen Rosinas kokettem Charakter Ausdruck. Die Arie Frag‘ ich mein beklommnes Herz (1. Akt) gelingt ihr sowohl musikalisch als auch darstellerisch ansprechend, wobei ihre Stärke ganz klar die Höhe ist. Karsten Schröters Basilio fehlt es an dunkler Brillanz sowie der latenten Gefährlichkeit, seine kehlige Stimme schränkt außerdem die Textverständlichkeit ein. Inga Katzengrubers (Berta) beste Eigenschaft ist gleichzeitig ihr auffälligster Makel: das große Volumen ihres Tons. Während sie in ihrer Arie damit brillieren kann, ist sie in den Ensembleszenen oft kurz davor, das harmonische Gleichgewicht zu stören. Darstellerisch fügt sie sich aber gut in das Ensemble ein. Schwächstes Glied dieser Besetzung ist Chong Suns Almaviva. Seine Stimme hat nicht viel Körper, in der Höhe klingt sie eng und bei größerer Dynamik schnell gepreßt –  es fällt ihr schwer, den Graben zu überqueren. In den Rezitativen werden außerdem Schwierigkeiten im Ausdruck deutlich, oft ist der Text nicht zu verstehen.

Fazit

Mit Freude folgte das Publikum der unterhaltsamen Vorstellung, die für einige Lacher sorgte. Die liebevolle Inszenierung wird vielleicht kein Meilenstein der Barbier-Interpretationen werden, bereitete aber einen vergnüglichen und ansprechenden Opernabend.

Laura Knoll

Bild: SFF Fotodesign

Das Bild zeigt: Bartolo (Rolf A. Scheider), Basilio (Karsten Schröter), Figaro (Thomas Rettensteiner), vorne: Berta (Ingrid Katzengruber), Rosina (Sylvia Szadovski)

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