von Carl Maria von Weber (1786-1826), Romantische Oper in drei Aufzügen. Libretto: Johann Friedrich Kind, neue Zwischentexte von Christian Schuller nach Steffen Kopetzky, UA:18. Juni 1821, Berlin
Regie: Christian Schuller, Ausstattung: Jens Kilian
Dirigent: Karl-Heinz Steffens, Staatskapelle Halle, Chor der Oper Halle, Choreinstudierung: Jens Petereit
Solisten: Anke Berndt (Agathe), Ralph Ertel (Max), Ines Lex (Ännchen), Gerd Vogel (Kaspar), Christoph Stegemann (Kuno), Asgeir Pall Agustsson (Kilian), Nils Giesecke (Ottokar), Ki-Hyun Park (Eremit), Harald Höbinger (Sprechrolle Samiel), u.a.
Besuchte Aufführung: 14. Juli 2012 (Premiere)
Max, Jägerbursche des Erbförsters Kuno und Bräutigam von dessen Tochter Agathe, hat beim Schützenfest verloren. Und das bevor er am nächsten Tag den Probeschuß abgeben muß, von dem seine weitere Laufbahn, aber auch die Hochzeit mit Agathe abhängt. Der verzweifelte Max läßt sich von Kaspar überreden von Samiel Freikugeln zu fordern, die nie ihr Ziel verfehlen. Max erhält in der „Wolfsschlucht“ um Mitternacht sieben Freikugeln, von denen die letzte vom Teufel geleitet wird. Beim Probeschuß hat Max nur noch diese letzte Freikugel übrig. Er schießt auf eine weiße Taube, Agathe schreit auf und sinkt zu Boden – jedoch nur in Ohnmacht, während Kaspar tödlich getroffen ist. Max gesteht seinen Pakt mit dem Teufel. Doch weil der Eremit für ihn bittet, muß er nur ein Probejahr bestehen, bis er Agathe heiraten darf.
Aufführung
Die historische barocke Bühnentechnik des Bad Lauchstädter Goethe Theaters ist weithin bekannt und wird intensiv in dieser Produktion genutzt. Die Seitenkulissen auf den Schlitten in den Freifahrten, der Hintergrundprospekt und die Suffitten verwandeln die Bühne rasch von einem Zimmer in eine Waldlandschaft und zurück. Im Zentrum des Geschehens und der Bühne steht ein großer Wandschrank, aus dem die gealterte Agathe ihre Erinnerungen wieder in persona hervortreten läßt. So tritt während des Vorspiels das Brautpaar Max und Agathe hervor, um sich zum Schlußbild in gleicher Pose wieder zu vereinigen. Das Volk tritt in historischer Trachtenkleidung auf, und zwar sowohl auf der Bühne, als auch im Zuschauerraum. Oberförster Ottokar sitzt neben der Pauke auf der Galerie, um sich entsprechend huldigen zu lassen. Der schwarze Jäger Samiel spricht seinen bedeutungsschwangeren Text aus den rot beleuchteten Versenkungen der Bühne. Die Kostüme und Kulissen deuten auf die Entstehungszeit um 1821 hin.
Sänger und Orchester
Schon mit dem ersten Ton wird deutlich, daß wir es mit einem Hauptwerk der deutschen Romantik zu tun haben und daß dieses bei Karl-Heinz Steffens und der Staatskapelle Halle in den besten Händen ist. Zwar kann in den beengten Räumlichkeiten des Goethe Theaters nicht mit einer normalen Freischütz-Besetzung gespielt werden und einige Instrumente müssen auf die Galerie oder die Portal-Logen ausweichen, jedoch bemühen sich die Streicher nach Kräften fehlendes Volumen auszugleichen, während das Blech nicht zu dominant wird. Auch die Sänger passen durch die Bank in das harmonische Gewebe. An vorderster Stelle ist Raph Ertel zu nennen, der als Heldentenor mit baritonalem Glanz dem Max entsprechenden Ausdruck und Gewicht verleiht. Mit sicherer Technik trägt er länger nicht die Qualen. Gerd Vogel kann als Kaspar dämonische Wirkung erzielen, denn er betont die Gesanglinie entsprechend. Hier im ird’schen Jammertal wird zu seiner Glanznummer. Der dramatische Sopran Anke Berndt (Agathe) kann mit Leise, leise, fromme Weise die Emotionen wecken. Gleiches gelingt Ines Lex als Ännchen, wenn auch Ihre erfahrene Wagner-Stimme zwar etwas schwer wirkt. Dafür kann sie mit sicher geführter Gesangslinie Nero, den Kettenhund an die Leine nehmen. Christoph Stegemann ist ein schöner tiefer Baß. Mit seiner soliden Tiefe gibt er dem Kuno die Würde des Erbförsters. Nils Giesecke ist zwar ein etwas wackeliger lyrischer Tenor, hat aber genügend baritonale Tiefe und Ausdruckskraft, um die Rolle des Ottokar auszufüllen. Ki-Hyun Park (Eremit) und Asgeir Pall Agustsson (Kilian) runden die rundum gelungene Ensemble-Leistung ab.
Fazit
Die historische Bühnentechnik des Goethe Theaters Bad Lauchstädt trifft auf modernes Regietheater: Die Frage wer der Hauptdarsteller ist, die Verwandlung des Bühnenbildes mittels barocker Kulissen oder der durch neue Dialoge zum Hauptdarsteller aufgewertete Samiel, muß der Zuschauer selbst beantworten. Das Premierenpublikum feierte Produktion und eine souveräne musikalische Leistung ausgiebig und lautstark. Eine weitere mitreißende Premiere im Bad Lauchstädter Theatersommer, diesmal durch die Oper Halle.
Oliver Hohlbach
Bild: Gert Kiermeyer
Das Bild zeigt: Anke Berndt (Agathe), Ralph Ertel (Max)