SARDANAPALUS – Ekhof Festival, Schloß Friedenstein, Gotha

von Christian Ludwig Boxberg (1670-1729), Opera in drei Akten und Prolog, Libretto vom Komponisten, Notenmaterial: Ulrich Wingerter, Ballettmusik: Nicolai Matteis (1712), UA: 1698, Ansbach

Regie/Choreographie: Milo Pablo Momm, Austattung & Kostüme: Jan Hoffmann

Dirigent: Bernhard Epstein, Compagnie Opera Baroque, United Continuo, Compagnie l’espace (Tanzensemble)

Solisten: Jan Kobow (Sardanapalus), Antje Rux (Salomena), Elisabeth Göckeritz (Didonia/Diana), Theodora Baka (Agrina/Juno), Stefan Kunath (Belochus), Kathleen Danke (Misius/Cupido), Sören Richter (Atrax), Markus Flaig (Arbaces/Mars), Johannes Weiss (Saropes), Felix Schwandtke (Belesus).

Besuchte Aufführung: 15. Juli 2012

Vorbemerkung

Das Ekhof-Festival findet im 1687 erbauten barocken Schloßtheater von Schloß Friedenstein (Nähe von Gotha, Thüringen) statt. Unterstützt wird es von der Stiftung Schloß Friedenstein Gotha. Der Name stammt vom Conrad Ekhof (Vater der deutschen Schauspielkunst), der hier zwischen 1774 und 1778 als Schauspieler agierte. 1996 wurde dann das jetzige Ekhof-Festival gegründet. Das Theater verfügt noch über eine originale barocke Bühnenmaschinerie (Wellbaum, Bodenversenkung, Wind und Donner). Es ist mit 165 Sitzplätzen ein kleines, aber für die barocke Aufführungspraxis ungemein bedeutsames Festival. Das Programm sieht je eine Oper, ein Schauspielstück und ein Konzert vor. Für jede dieser Neu-Produktionen (keine Wiederaufnahmen) wird ein eigenes Ensemble aus Barockspezialisten zusammengestellt.

Das Thema des Festivals spiegelt sich auch in der sehenswerten Ausstellung des Schloßmuseums wieder. In diesem Jahr war es das Thema Märchen. Der Pausenimbiß im beeindruckenden Schloßhof kann man in eine Reihe mit dem Picknick in Glyndebourne oder dem Mampfen aus dem Kofferraum auf dem Festspielparkplatz in Bayreuth stellen.

Sardanapalus wurde 1698 auf einer Gastspielreise des Leipziger Opernensembles in Ansbach uraufgeführt, wodurch Text und Noten in die Ansbacher Bibliothek gelangten.

Kurzinhalt

Es handelt sich um einen assyrischen König, der an seiner Gier nach Luxus zugrundegeht. Während sein Reich von feindlichen Armeen bedroht wird, frönt er der Wollust. An seinem Hof nimmt ein Intrigenspiel um Geiseln aus dem Feindeslager, der Ehefrau, der Geliebten des Herrschers und der Dienstboten seinen Lauf. Die Verwicklungen führen schließlich zum glücklichen Ende für einige tugendhafte Paare, aber zum Tod des Herrschers und seiner Ehefrau. In Erwartung seiner Ermordung zerstört er seine Schätze und wählt den Freitod auf dem Scheiterhaufen.

Aufführung

Dreh- und Angelpunkt aller Aufführungen im Rahmen des Ekhof-Festivals ist die barocke Bühnentechnik. Auf Klingelzeichen verwandelt sich die Bühne von einem Tempelhain zu einer Säulenhalle, zu einem Palast oder zu einer Strandlandschaft. Die Kostüme entsprechen den barocken Vorstellungen des historischen Assyriens, sind jedoch augenzwinkernd an die Anforderungen der heutigen Commedia dell‘Arte angepaßt. Die Sänger agieren in barocker Gestensprache. Die Tänzerinnen und Tänzer – sie lockerten die Handlung mit Balletten in barocker Tanztechnik auf – waren Mitglieder der Compagnie l’espace.

Sänger und Orchester

Das Stagione-Ensemble des Ekhof-Festivals kann bei dem geringen Etat nicht unbedingt aus der ersten Garde der Barock-Solisten bestehen. Jedoch gelingt es, gute Nachwuchskräfte zu engagieren. Bernhard Epstein schlägt ein relativ flottes Tempo an, erzeugt mitreißende barocke Klangkaskaden und arbeitet sowohl mit den Solisten als auch den Ballett-Tänzern hervorragend zusammen.

In der Titelrolle zeichnete der sehr helle Tenor Jan Kobow recht überzeugend den narzißtischen assyrischen König, er könnte auch als Sopranist durchgehen, da er eine volltönende Höhe erreicht. Antje Rux als seine Ehefrau Salomena, verfügt über eine sehr klare, lyrische Stimme. Besonderen Anklang fand Countertenor Stefan Kunath als Belochus. Sehr komödiantisch, wortverständlich und schwerelos leicht klingend gab der Bach- und Mozart-Tenor Sören Richter die Rolle des Atrax. Er ist der Diener des Feldherrn Arbaces, der vom Baßbariton Marcus Flaig dargestellt wird. Ihn zeichnen eine wohlklingende Tiefe und eine fast tenorale Höhe aus. Fürsten traten in barocken Opern in absolutistischer Tradition auch als Götter auf – und so hat Theodora Baka in der Rolle der assyrische Fürstin Agrina auch einen Auftritt als Juno. Ihr weicher Mezzo ist für Händel oder Scarlatti wie geschaffen.

Fazit

Das Ekhof-Festival erweist sich als weithin unbekannter, aber dennoch sehr bedeutender Beitrag zur Auseinandersetzung mit der historischen Aufführungspraxis und der barocken Bühnentechnik. Das Ergebnis ist lebendiges Theater, das keineswegs ein Gefühl verstaubten Museumsbetriebs aufkommen läßt. Das von weither angereistem Publikum weiß die Auseinandersetzung mit barocker Tanztechnik zu schätzen und würdigt die Produktion mit lang anhaltendem, sehr freundlichem Applaus.

Oliver Hohlbach

Bild: Ekhof Festival, Gotha

Das Bild zeigt: Ensemble in der Kuppelhalle

 

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