von Giuseppe Verdi (1813–1901), Oper in vier Akten, Libretto: Antonio Ghislanzoni und Camille du Locle, UA: 24. Dezember 1871 Kairo, Opernhaus
Regie: Christian von Götz, Bühne: Britta Bremer, Kostüme: Katja Schröpfer, Choreographie: Gabriella Gilardi, Dramaturgie: Felix Losert
Dirigent: Antony Hermus, Orchester: Anhaltische Philharmonie, Opernchor und Extrachor, Choreinstudierung: Helmut Sonne, Ballettkompagnie des Anhaltischen Theaters
Solisten: Iordanka Derilova (Aida), Sung Kyu Park (Radames), Rainer Büsching (Der König), Rita Kapfhammer (Amneris), Kyung-Il Ko (Ramfis), Ulf Paulsen (Amonasro)
Besuchte Aufführung: 15. September 2012 (Premiere)
Aida, Tochter des äthiopischen Königs Amonasro, ist Gefangene des Pharaos und liebt den ägyptischen Hauptmann Radames. Auch die Pharaonentochter Amneris liebt Radames und vermutet in Aida eine Rivalin. Aidas Liebe zu Radames kommt in Konflikt mit der Tatsache, daß Radames Heerführer gegen ihr Volk, die Äthiopier, wird. Aidas Vater ist Gefangener der Ägypter. Er wird Zeuge des Gesprächs von Radames und Aida, in dem er ihr den geheimen Angriffsplans der Ägypter mitteilt, wodurch die Ägypter die rebellierenden Nubier endgültig besiegen wollen. Dadurch hat Radames ungewollt sein Vaterland verraten. Während Aida und ihr Vater entkommen, wird Radames gefangen und zum Tode verurteilt. Aida versteckt sich in der Gruft, in der Radames lebendig begraben wird, um mit ihrem Geliebten in den Tod zu gehen.
Aufführung
Christian von Götz hat den historischen Stoff ins heutige Ägypten versetzt, das Krieg um Wasser führt. Von dem auf den Vorhang projektierten Zitat al-Sadats Wenn Ägypten noch einmal Krieg führt, dann für Wasser. Bis zum versiegenden Wasserspender, verdurstenden Statisten und aus XXL-Cups schlürfenden Clanmitgliedern, ist das Wasser ein ständiges Motiv. Der Pharao und der Oberpriester Ramfis treten von Militärs umgeben auf, Bilder. Bilder, wie sie dem Publikum aus Fernsehsendungen vertraut sind, werden gezeigt. Abweichungen vom Libretto unterstreichen die Grausamkeiten des Militärs: Die vom König begnadeten äthiopischen Gefangenen werden mit Benzin übergossen und verbrannt. Mit der Asche überschüttet sich Aida. Die Flucht mit dem Vater endet für beide in einem Blutbad.
Sänger und Orchester
Musikalisch gesehen, zeigen sich Sänger und Orchester gleichermaßen den Anforderungen gewachsen. Generalmusikdirektor Antony Hermus führt die Anhaltische Philharmonie präzise, ohne die Sänger aus dem Blick zu verlieren. Er dirigiert Verdi differenziert und verhaltenen, weniger mit Pauken und Trompeten. Trotz ihrer Kostümierung gelingt Rita Kapfhammer (Amneris) die ganz und gar überzeugende Darstellung der selbstverliebten, dekadenten Diktator-Tochter. Sie singt die Rolle der Amneris mit konzentrierter Tongebung, weniger majestätisch, mehr mit dramatischer Intensität. Iordanka Derilova (Aida) hat eine Stimme von ungewöhnlicher Durchschlagkraft, die in den großen Chorszenen das Ensemble überstrahlt. Sie meistert hohe Partien wie das exponierte C in der Nilarie O patria mia – O mein Vaterland (3. Akt) problemlos. Zuweilen geraten die Töne in der hohen Stimmlage etwas scharf, und die tiefen Töne dieser Partie sind zu schwach. Im Per chi piango? per chi prego? …- Für wen weine ich? Für wen bete ich? … (1. Akt) fehlt die Verletzlichkeit, die die Sopranistin mit allzu theatralischen Gesten und Aktionen zu kompensieren sucht. Die gesangliche Leistung von Sung-Kyu Park (Radames) steht in starkem Kontrast zu der hölzernen Darstellung, mit der er entscheidende Szenen verspielt. Man nimmt ihm den kriegsversessenen Militär eher ab als den sehnsüchtigen Liebhaber. Der Tenor weiß seine gewaltige Stimme einzusetzen und ist treffsicher in den Tönen, abgesehen von der gefürchteten ersten Arie Celeste Aida – Himmlische Aida (1. Akt, 1. Szene). Kyung-Il Ko als finsterer Oberpriester Ramfis meistert seine Baßpartie mit einer sowohl mächtigen wie klangschönen Stimme. Ulf Paulsen (Amonasro) singt mit einem voluminösen, warmen Baß die Vaterrolle. Ein szenischer wie musikalischer Höhepunkt sind die Chorszenen im ersten Finale der Tempelszene (1. Akt) und im zweiten Finale der Siegesfeier (2. Akt) durch die Chöre.
Fazit
Die moderne Lesart des Stückes läßt gerade die Hauptakteure in allzu ungewohntem Licht erscheinen. Die emotionale Ergriffenheit hält sich im Rahmen. Mit lang anhaltendem Applaus wurde die musikalische Leistung von Sängern, Chor und Orchester bedacht. Hingegen zeigten die lautstarken Buh-Rufe des Publikums beim Auftritt des Regieteams, daß allein die Akteure, nicht die teilweise widersprüchliche, allzu plakative Regie, der Dessauer Aida zu einem Erfolg verholfen haben.
Norma Strunden
Bild: Claudia Heysel
Das Bild zeigt: Iordanka Derilova (Aida), Ulf Paulsen (Amonasro) und Chor