Kiel, Opernhaus – ALCINA

Von Georg Friedrich Händel, Oper in drei Akten, Libretto: Unbekannter Verfasser; UA: 16.04.1735, London
Regie: Silvana Schröder, Jörg Diekneite; Bühnenbild: Andreas Auerbach/Elisabeth Richter
Dirigent: Eduardo López Banzo, Philharmonisches Orchester Kiel
Heike Wittlieb (Alcina), Merja Mäkelä (Ruggiero), Tanja Ariane Baumgartner (Bradamante), Fred Hofmann (Oronte), Linda Heins (Morgana), Kemal Yaşar (Melisso)
Besuchte Aufführung: 15.10.2008 (Premiere: 11.10.2008)

Kurzinhalt
kiel-alcina.jpgAuf der Suche nach ihrem Verlobten Ruggiero gelangt Bradamante auf eine Insel, beherrscht von der Zauberin Alcina. Alcina hat auch Ruggiero verzaubert und bei ihm jede Erinnerung an sein früheres Leben vertilgt. Bradamante, verkleidet als Ritter Riccardo, trifft unerwartet auf Alcinas Schwester Morgana, die sich in den schönen Ritter verliebt. Als Bradamante alias Riccardo endlich Ruggiero trifft muß sie feststellen, daß dieser Alcina liebt und sich an seine frühere Verlobte Ruggiero nicht erinnert. Schließlich gelingt es Melisso, ein Vertrauter Bradamantes, der auf Alcinas Insel als Lehrer Ruggieros unter dem Namen Atlante lebt, Ruggiero vom Zauber Alcinas zu befreien. Alcina erfährt von Ruggieros Gesinnungswandel. Sogleich will sie mit Hilfe ihrer Unterweltgeister Rache an Bradamante nehmen, um Ruggiero zurückzugewinnen, den sie liebt. Aber diese Liebe bringt es mit sich, daß die Geister nicht mehr gehorchen. Bradamante, Ruggiero und Melisso können fliehen. Alle von ihr in Steine oder Tiere verwandelten früheren Liebhaber werden wieder Menschen. Die Insel versinkt zusammen mit Alcina und ihrer Schwester Morgana.
Aufführung
Die Bühne war insgesamt eher sparsam ausstaffiert und auch das Licht war häufig matt und selten farbig. Ein Beispiel für die Sparsamkeit sind die quer auf der Bühne verteilten Kuscheltiere, die die verwandelten Liebhaber der Alcina darstellen sollten, gewesen. Auch der Palast war nicht als Gebäude errichtet, sondern wurde mit Leinentüchern angedeutet, die von der Decke hingen. Damit wurde eine Art Räumlichkeit geschaffen, die jedoch eher luftig und nach außen offen wirkte.
Sänger und Orchester
Die Kieler Neuinszenierung präsentiert eine Strichfassung der sonst ca. 180-minütigen Oper. Die Chor- und Ballettdarbietungen fielen den Entscheidungen des Regieteams Silvana Schröder/Jörg Diekneite ebenso zum Opfer wie so manche Wiederholung einzelner Musiknummern. Die Rahmenhandlung und das dargebotene zentrale Thema, die verschiedenen Spielarten der Liebe einschließlich ihrer destruktiven Kraft, waren hiervon jedoch nicht berührt. Im Gegenteil: Die Konzentration auf die Protagonisten, insbesondere auf die Wandlung der Alcina, von der übermenschlichen Zauberin zur menschlichen Liebenden, tat ihr übriges, um das Publikum immer wieder auf die Fragen, die dieses „Liebes-Lehrstück“ aufwirft, zu lenken.
Überzeugen konnten die Sängerinnen und Sänger und Linda Heins (Morgana), die ihre Kollegin Lesia Mackowycz wegen Krankheit vertrat, wurde mit besonders viel Beifall bedacht. Hervorzuheben sind daneben auch die Leistungen von Heike Wittlieb (Alcina) und Merja Mäkälä (Ruggiero), die diese wohl musikalisch anspruchsvollsten Händel-Partien in überzeugender Weise darboten. Tanja Ariane Baumgartner (Bradamante) und Kemal Yaşar (Meliisso) boten dem Publikum daneben eine ähnlich hohe Leistung. Yaşar konnte hierbei vor allem in seiner kurzzeitigen Rolle als Atlante überzeugen, in der er den Zauber Alcinas aus den Angeln hob. Einzig Fred Hoffmann konnte nicht so glänzen, wie seine Kollegen. Stimmlich wirkte dessen Partie etwas dünner und nicht so präsent. Das Orchester unter der Leitung von Eduardo López Banzo hatte, mit Ausnahme einzelner Wackler in der Übereinstimmung mit den Vokalsolisten, keine Mühe, die kraft- und schwungvolle Musik Händels zu präsentieren.
Fazit
Die Kieler Inszenierung ist, trotz kleiner Abstriche, ein insgesamt gelungener Versuch, das Werk auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Die Psychologie der Liebe, die als zentrales Ereignis der Oper benannt werden kann, ist fortlaufend spürbar und der Besucher kann stets, trotz der Kürzungen, die Handlung des Werkes und die Wandlungen ihrer Protagonisten nachvollziehen.
Die Leistungen der Ausführenden wurden daher zu Recht mit dem entsprechenden Beifall bedacht.

Torsten Niebuhr
Bild: Struck-Foto
Das Bild zeigt Tanja Ariane Baumgartner, Merja Mäkelä, Heike Wittlieb

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