von Giuseppe Verdi (1813-1901), Melodramma in drei Akten, Libretto: Francesco Maria Piave nach dem Versdrama Le roi sʾamuse (1832) von Victor Hugo, UA: 11. März 1851 Venedig, Teatro La Fenice
Regie: Anthony Pilavachi, Bühne/Kostüme: Tatjana Ivschina, Licht: Michael Röger, Anthony Pilavachi, Dramaturg: Christian Geltinger.
Dirigent: Matthias Foremny, Gewandhausorchester, Herrenchor, Choreinstudierung: Alessandro Zuppardo.
Solisten: Leonardo Capalbo (Herzog von Mantua), Vittorio Vitelli (Rigoletto), Eun Yee You (Gilda), Carolin Masur (Giovanna), Jürgen Kurth (Graf von Monterone), Sejong Chang (Graf Ceprano), Anat Edri (Gräfin Ceprano), Moellenhoff (Sparafucile), Karin Lovelius (Maddalena) u.a.
Besuchte Aufführung: 13. Oktober 2012 (Premiere)
Italien im 16. Jahrhundert. Rigoletto ist Hofnarr und getreuer Diener des Herzogs von Mantua, einem Lebemann und Verführer, dem Frauen beliebig verfügbares Gut sind. Als der Graf von Monterone, dessen Tochter Opfer des Fürsten wurde, tief getroffen vor den Herrscher tritt, wird er von Rigoletto verhöhnt, worauf Monterone ihn und den Herzog verflucht. Dieser Fluch verfolgt den Hofnarren. Rigoletto ist Vater von Gilda, die er zärtlich umsorgt und vor der Welt verborgen hält. Als der Herzog seiner Tochter nachstellt und diese von seinen Gesellen, die Gilda für die Geliebte des Hofnarren halten, entführt wird, wird Rigoletto zum Gegner seines Herrn und zum Schicksalsgenossen Monterones. Er beauftragt den Berufsmörder Sparafucile, den Fürsten zu ermorden. Doch Gilda verzeiht ihrem Geliebten und ist bereit, ihr Leben für ihn zu opfern.
Aufführung
Düster ist die Kulisse des Leipziger Rigoletto. Die Drehbühne eine graue Festung, in der die Hofgesellschaft in schwarzer Montur, in grellem Licht ihre ausschweifenden Feste feiert. Nebenan das von einem großen Spiegel dominierte barocke Schlafgemach des notorischen Frauenhelden. Durch nächtliche Gassen steigt Rigoletto in das abgeschiedene Kellergeschoß seiner Tochter, in das durch eine Dachluke Licht dringt, in dem Gilda ein paar Pflänzchen züchtet. Im dritten Akt ein Spelunkenviertel, in der leichte Mädchen an jeder Ecke stehen und Sparafuciles grell rote Schwester Maddalena in einem Liebesturm mit blinkenden Herzen thront.
Sänger und Orchester
Zwischen der sängerischen und orchestralen Leistung besteht eine allzu offensichtliche Diskrepanz. Das Orchester unter Leitung von Matthias Foremny läßt den Sängern viel Raum, gerade in den leisen Partien, gewinnt aber im Ganzen nicht an Kontur. Die orchestralen Stimmen werden allzu differenziert behandelt, wie in der letzten ergreifenden Arie Rigolettos im letzten Stück, in der die Querflöte dominiert.
Musikalischer Glanzpunkt dieses Abends ist Vittorio Vitelli (Rigoletto), der sich den Rollen des höhnendem Hofnarren und zärtlich liebenden Vaters in allen gesanglichen Nuancen gewachsen zeigt. Er ist ein lyrischer Bariton, vertraut auf Eleganz, Agilität und Farbenreichtum seiner Stimme. Darstellerisch liegt ihm die Rolle des moralisch und körperlich deformierten Hofnarren ferner, als die des liebenden und leidenden Vaters. Im Duett mit seiner Tochter ergänzen sich die beiden stimmlich wunderbar. Nach anfänglicher Befangenheit in der ersten Arie Questa o quella – Freundlich blickʾ ich auf diese und jene überzeugt auch der junge italienisch-amerikanische Tenor Leonardo Capalbo (Herzog) mit einer sinnlich verführerischen Stimme. Mit warmer lyrischer und auch in der Höhe leichter Stimme beeindruckt er in La donna è mobile – o wie wankelmütig sind Frauen. Eun Yee You (Gilda) fehlt es anfangs an Mühelosigkeit und reichem Klang. Sie singt ihre Partie dynamisch, ihre Stärke ist das Pianissimo in den Spitzentönen, die nicht immer makellos, aber dramatisch intensiv bleiben. Die Partien des Herrenchores werden homogen und mit viel Dynamik gesungen. Etwas weniger stimmgewaltig und leicht hölzern tritt Jürgen Kurth (Monterone) auf, wodurch die Wirkung des Fluches schwächer ausfällt, dem auch das sehr zurückhaltende Orchester nichts entgegenzusetzen hat. Carolin Masur (Giovanna) überzeugt gesanglich und führt die ihre zugedachte etwas überzogen verführbare Figur souverän und komisch aus.
Fazit
Anthony Pilavachis Lesart des Renaissancestoffes betont die Unmoral des Herzogs und seiner verkommenen Hofgesellschaft. Trotz einigen nicht unwesentlichen Änderungen fehlt dem Herzog die Bosheit zum rabenschwarzen Schurken; vielmehr ist er ein goldig glänzender Narziß und eigentlich unbeteiligter Zuschauer an den Grausamkeiten seiner Vasallen.
Die Leistung der Sänger sowie der Regie, der Bühnen- und Kostümbildnerin wurde mit großem Applaus bedacht. Weniger Beifall gab es für den Dirigenten.
Norma Strunden
Bild: Tom Schulze
Das Bild zeigt: Eun Yee You (Gilda)