TRISTAN UND ISOLDE – Nürnberg, Staatstheater

von Richard Wagner (1813-1883) Handlung in drei Aufzügen, UA: 10. Juni 1865 München, Kgl. Hof- und Nationaltheater

Regie: Monique Wagemakers, Bühne: Dirk Becker

Dirigent: Marcus Bosch, Staatsphilharmonie Nürnberg, Chor und Extrachor, Einstudierung: Tarmo Vaask.

Solisten: Lioba Braun (Isolde), Vincent Wolfsteiner (Tristan), Jochen Kupfer (Kurwenal), Guido Jentjens (König Marke), Alexandra Petersamer (Brangäne), Hans Kittelmann (Melot) u.a.

Besuchte Aufführung: 21. Oktober 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Der Ritter Tristan führt die irische Prinzessin Isolde, deren Verlobten Morold er einst im Zweikampf getötet hat, seinem Onkel König Marke von Kornwall als Braut zu. Auf der Überfahrt nach England verlangt Isolde Sühne für Morolds Tod: Sie fordert Tristan auf, gemeinsam mit ihr Gift zu trinken. Brangäne hat jedoch das Gift heimlich gegen einen Liebestrank ausgetauscht. So entbrennen Tristan und Isolde in heftiger Leidenschaft füreinander. Isolde heiratet zwar König Marke, trifft sich aber mit Tristan. Melot verrät die Liebenden und verwundet Tristan schwer. Während Isolde zurückbleibt, bringt Kurwenal Tristan nach Kornwall. Isolde eilt ihnen nach, Tristan stirbt jedoch im Moment ihrer Ankunft. Als letzte Konsequenz ihrer Liebe folgt Isolde ihm in den Tod.

Aufführung

Einen neutralen Eindruck vermittelt das Einheitsbühnenbild der „Modern Art“. Eine Ringscheibe am Boden und an der Decke zeigten eingangs Meer und Himmel. Ein schräger Mast stellt eine Verbindung zu den Seemännern unter Deck dar, die später aus den unteren Ringen herauf steigen und mit roten Tauen so hantieren, als ob man segelt. Eine senkrechte kleine Scheibe leuchtet im zweiten Aufzug zunächst feuerrot, nach dem Verlöschen wird sie zum bläulichen Mondgesicht. Ein Zerfall der Scheibensegmente mahnt an das nahende Ende: Tristan umarmt Isolde zu einem formschönen Liebestod.

Sänger und Orchester

Es ist unzweifelhaft der Abend der Nebenrollen. Drei Publikumslieblinge sorgen für Rolleninterpretationen auf Weltniveau, wie z.B. in der Rolle des Kurwenal: Der technisch souveräne Hausbariton Jochen Kupfer glänzt mit durchschlagskräftiger baritonaler Mittellage und kann auch in den Höhenlagen überzeugen. Guido Jentjens meistert die Baßpartie des Königs Marke durch volltönende Tiefen und sichere Höhen fast ohne Anstrengung. Alexandra Petersamer ist eine Brangäne mit viel Überzeugungskraft in der Stimme. Obwohl sie auch über ein samtenes Mezzo-Fundament verfügt, ist sie eine Empfehlung im dramatischen Sopran-Fach und steht etwas in Konkurrenz zur Isolde. Für Lioba Braun ist dieser Abend der Rollenwechsel von Brangäne zu Isolde. Mit facettenreicher, harmonisch-lyrischer, etwas verhaltener Stimme folgt sie Note für Note der Gesangslinie. Das hört sich so schön an wie in einem Liedsänger-Konzert. Leider will sich so kein Feuer, kein Liebesglühen einstellen. Vincent Wolfsteiner sang zum ersten Mal den Tristan. Aus guter Mittellage ist sein Tenor stark baritonal ausgerichtet. Dennoch ist er zu Spitzentönen fähig – manchmal mit etwas zuviel Kraft oder etwas wackelig – trotz des großen Striches im zweiten Aufzug ist die Rolle eine Herausforderung. So hielt er sich von Anfang an stark zurück, ließ es dabei an stimmlichem Glanz fehlen und die Forderung Wagners immer der Gesangslinie folgen konnte er mit zahlreichen Abkürzungen nicht immer einhalten. Zum dritten Aufzug ließ er sich wegen einer drohenden Erkältung ansagen, was zu der Frage führt, ob dieses Rollendebüt zu früh kam oder der Stimme gut tut. Der von Tarmo Vaask einstudierte Chor und Extrachor des Staatstheaters Nürnberg sang formvollendet und kraftvoll. Der Nürnberger GMD Marcus Bosch leitete die Staatsphilharmonie, die seit Christoph Prick über reichlich Erfahrung mit Wagner und Romantik verfügt. Mit vielen Details musizierte er zunächst sehr verhalten, um nach kurzer Ekstase die Leidenschaft wie entseelt wieder verebben zu lassen. In der Zusammenarbeit mit den Solisten ließ er einige Male das Fingerspitzengefühl vermissen: Oftmals wurden diese zugedeckt und überspielt. Nur Schönklang zu produzieren reicht nicht für die Welt der Romantik aus. So hat das Liebesdrama musikalisch nicht wirklich stattgefunden.

Fazit

Die im Wagner-Bereich etwas unerfahrene Monique Wagemakers zeigt einen sehr statischen, fast berührungsfreien und manchmal die Handlung konterkarierenden Tristan. Statt dessen setzt sie am Ende der Szene auf große Posen. Unterstützt von einer zwar klangschönen aber wenig gefühlsorientierten Musik will sich das Liebesdrama einfach nicht einstellen. Das kann die musikalische Leistung nicht schmälern und macht deutlich, daß das Staatstheater eine starke Leistung präsentieren kann. Am Ende feiert das Publikum alle Protagonisten (Nebenrollen leicht bevorzugt), für die Regie gibt es auch einige negativere Meinungen.

Oliver Hohlbach

Bild: Ludwig Olah

Das Bild zeigt: Im Liebestod vereint, Lioba Braun (Isolde), Vincent Wolfsteiner (Tristan)

 

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