von Vincenzo Bellini (18018-1835), lyrische Tragödie in zwei Akten, Libretto: Felice Romani, UA: 26. Dezember 1831 Mailand, Teatro alla Scala
Regie: Florian Lutz, Bühne: Martin Kukulies, Kostüme: Mechthild Feuerstein, Licht: Bernd Winterscheid
Dirigent: Robin Engelen, Beethoven Orchester, Chor und Extrachor, Choreinstudierung: Sibylle Wagner,
Solisten: George Oniani (Pollione), Christian Hübner (Oroveso), Miriam Clark (Norma), Nadia Stefanoff (Adalgisa), Daniela Denschlag (Clothilde)
Besuchte Aufführung: 31. Oktober 2012
Die Handlung spielt in dem von den Römern besetzten Gallien, etwa 50 Jahre vor Christus. Die gallischen Krieger erwarten, daß ihre Priester von Göttin Irminsul ein Zeichen erhalten, um einen Kampf gegen die Besatzer zu beginnen. Die Priesterin Norma ist im Zwiespalt, denn seit Jahren hat sie heimlich ein Verhältnis mit dem römischen Prokonsul Pollione und mit dem sie zwei Kinder hat. Doch Pollione hat sich inzwischen in die Novizin Adalgisa verliebt und will mit ihr nach Rom fliehen. Bei einem Zusammentreffen von Norma und Adalgisa bittet Norma Adalgisa ihre beiden Kinder mit nach Rom zu nehmen. Adalgisa möchte versuchen, Pollione und Norma wieder zusammen zu führen, Pollione lehnt ab. Erbittert gibt nun Norma das Zeichen zum Angriff gegen die Römer. Der glückliche Ausgang des Kampfes soll durch ein Opfer beschworen werden. Als Pollione gefangen genommen wird, weil er das Heiligtum der Druiden entehrt hat, soll er geopfert werden. Norma fleht ihn beim Leben ihrer Kinder an, Adalgisa zu entsagen. Er weigert sich. Norma läßt einen Scheiterhaufen für eine Priesterin, die das Keuschheitsgelübde gebrochen hat, aufrichten. Gefragt nach dem Namen, nennt sie ihren eigenen und opfert sich. Als Pollione die Großmut ihrer Liebe begreift, folgt er ihr auf den Scheiterhaufen.
Aufführung
Bevor die Ouvertüre erklingt kommt eine vom Regisseur hinzugefügte Person auf die Bühne, der Intendant, der den Handlungsverlauf in Folge kommentieren wird und gleichzeitig auf seine Nöte und Repressalien eines vom Sparzwang bedrohten Hauses berichtet. Norma als die Ausstattungsoper des 19. Jahrhunderts soll sein Haus retten. Schon vor der Ouvertüre singt Miriam Clark für das Publikum die berühmteste Arie der Oper Castra Diva. Mit Einsetzen der Ouvertüre wird (leise!) der Druidenwald in Szene gesetzt. Der als Gallier fungierende Chor ist im Stil der Comic-Figuren Asterix und Obelix ausstaffiert. Oroveso gleicht Miracolix: Zöpfe, gehörnte Helme sind Requisiten. Norma tritt im weißen Gewand und blonder Langhaarperücke als Priesterin auf. Die Szene wirkt bewußt einfach gehalten, die Musik dominiert die ganze Aufführung mit ihrer hervorragenden Umsetzung. Pollione neben seiner Rolle als Liebhaber der Adalgisa, wird auch als Sponsor des Intendanten vorgeführt und wechselt im Verlauf seine römische Soldaten-Rüstung mit dem dandyhaften Outfit der Formel 1 Manager Flavio Briatore, Inbegriff des Playboy in Italien. Als Rückzugsort steht Norma, die sich ganz alltäglich nach ihrem Priesterdienst umkleidet, eine auf drehbarer Bühne angedeutete Wohnung mit Schminktischen zu Verfügung. Ihre Kinder schlafen in einem Koffer, aus dem sie am Ende blutüberströmt, getötet herausfallen.
Sänger und Orchester
Alle Soli sind luxuriös besetzt. Angefangen bei der ihren weichen Sopran klug einsetzenden Miriam Clark als Norma. Sie gestaltete diese enorme Partei vorbildlich. Ohne zu forcieren beherrschte sie die heiklen Registerwechsel mühelos. Genauso stilsicher interpretierte die junge Chemnitzerin Nadja Stefanoff mit substanzreichem Mezzo die nicht wenig anspruchsvolle Partie der Adalgisa. George Oniani verfügte über einen weich timbrierten substanzreichen Tenor mit entsprechendem Ambitus, was seiner Rolle des Pollione gut stand. Der profunde und vornehme Baß von Christian Hübner stattete die Rolle des Priesters Oroveso glänzend aus. Daniela Denschlags Mezzo war für die Clotilde-Partie eine noble Besetzung. Herausragend gut waren die Chöre, die auch schauspielerisch einiges zu bieten hatten. Robin Engelen leitete ein ganz im Bellini-Klang schwelgendes Orchester mit glänzenden Bläsern (Hörner!).
Fazit
Musikalisch war diese Norma-Aufführung ein absoluter Genuß, den man hätte so aufnehmen können. Die besungenen Gefühle gingen unter die Haut. Florian Lutz ließ sich als Regisseur die Chance nicht entgehen, die beliebte Oper zu nutzen, um auf die drohenden Sparzwänge des Theater Bonns hinzuweisen, indem er seiner in die Handlung eingefügten Person des „Intendanten“ (Schauspieler: Roland Silbernagl) reflektierte Argumente in den Mund legte. Mit Geschick überstrapazierte er diese Rolle nicht! Für Norma-Puristen, die glanzvolle Ausstattung erwarteten, war diese Regiearbeit ein Schlag ins Gesicht, für ein aufgeklärtes Publikum war sie fast ein Befreiungsschlag, da endlich auf offener Bühne gesagt wurde, über was sich das Publikum auch einmal Gedanken machen sollte.
Felicitas Zink
Bild: Thilo Beu
Das Bild zeigt: Chor und Extra-Chor als Comic-Figuren Asterix und Obelix, ausstaffiert mit gehörnten Helmen