von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in einem Prolog und drei Akten, Libretto: Arrigo Boito nach Antonio García Gutiérrez.
UA: 12. März 1857 Venedig, revidierte Fassung: 24. März 1881, Mailand
Regie: Elijah Moshinsky, Kostüme: Peter J. Hall, Bühne: Michael Yeargan, Licht: Duane Schuler, Choreinstudierung: Martin Wright
Dirigent: Sir Andrew Davis, Lyric Opera Orchestra, Lyric Opera Choir
Solisten: Thomas Hampson (Simon Boccanegra), Ferruccio Furlanetto (Jacopo Fiesco), Krassimira Stoyanova (Amelia Grimaldi), Quinn Kelsey (Paolo Albiani), Evan Boyer (Pietro), Frank Lopardo (Gabriele Adorno), J’Nai Bridges (Magd Amelias), Bernard Holcomb (Hauptmann der Armbrustschützen)
Besuchte Aufführung: 7. November 2012
Der Korsar Simon Boccanegra wird vom Volk zum neuen Dogen von Genua gewählt, während er feststellen muß, daß seine Geliebte Maria, die Tochter des Patrizier Fiesco, tot ist und die gemeinsame Tochter entführt. 25 Jahre später findet er diese in Amelia Grimaldi wieder, die in Gabriele Adorno verliebt ist. Dieser ist in einer Verschwörung gegen den Dogen involviert, der sich neben Fiesco bald auch enge Vertraute Boccanegras anschließen. Einem von ihnen, Paolo, gelingt es, Boccanegra mit einem Getränk zu vergiften, während dieser heftig mit sich ringt: Soll seine Tochter jemanden heiraten, der als Verräter gegen ihn bekannt ist? Als Adorno entdeckt, daß Boccanegra der Vater seiner Geliebten ist, schließt er sich diesem im Kampf gegen die Verschwörer an und besiegt sie. Der Aufstand ist niedergeschlagen, Boccanegra liegt im Sterben. Er versöhnt sich mit Fiesco, als er ihm seine Enkelin Amelia zeigt. Anschließend spendet er dem jungen Paar den Segen und ernennt Adorno zum neuen Dogen.
Aufführung
Vor Beginn der Oper soll ein Renaissance-Fresko als Vorhang die Zuhörer in die Zeit der Handlung versetzen. Zu Beginn von Prolog und Oper betonen Wasseranimationen die Vergangenheit Boccanegras als Korsar. Der Aufbau der Bühne ist in den verschiedenen Akten relativ gleichaussehend: Auf der linken Seite verläuft eine doppelte Säulenreihe. Dazu kreieren verschiedene Wandelemente unterschiedliche Räume: Die Außenszenen finden auf beschränktem Raum statt, Graffiti an der Wand zeigen die Unterstützung des Volkes für den Dogen und die Ablehnung gegenüber den Patriziern. Der aristokratische Sitzungssaal ist hingegen groß und üppig ausgestattet. Diese optischen Eindrücke werden durch die historischen Kostüme noch verstärkt.
Sänger und Orchester
Eine exzellente Sängerleistung des gesamten Ensembles! Thomas Hampson (Simon Boccanegra) gibt im Prolog den juvenilen Helden mit strahlend hellem Klang, ohne an Beweglichkeit einzubüßen. Ein wahrer Genuß ist seine Erzählung von der Entführung seiner Tochter. Im weiteren Verlauf zeigt er alle Facetten seines Könnens: Klangvolumen gepaart mit eindrucksvollen lyrischen Linien, aber auch zurückhaltende Momente gelingen hevorragend: Ein Beispiel ist die Szene, in der der Korsar seinen Todestrank zu sich nimmt. Krassimira Stoyanova (Amelia Grimaldi) überzeugt mit großartig langen Linien, in die selbst absolute Spitzentöte problemlos eingebunden werden, ohne grell zu klingen: Voll und warm ist ihr Klang. Besonders weiß sie im Duett des ersten Aktes mit Simon Boccanegra zu gefallen, wo ihr der Wechsel durch alle dynamischen Abstufungen gelingt.
Ferruccio Furlanetto (Jacopo Fiesco) zeigt im Prolog seine Verzweiflung mit dunkel timbrierter Stimme und schmaler Klangführung:beeindruckend der Gegensatz zur versöhnenden Schlußszene, wo er seine Partie mit deutlich freierem Ton gestaltet, der trotz eindrucksvollem Klangvolumen nicht außer Kontrolle gerät. Quinn Kelsey (Pietro) überzeugt ebenso mit klanggewaltiger, dunkel timbrierter Stimme und gibt so einen furchteinflößenden Bösewicht. Frank Lopardo (Gabriele Adorno) gelingen eindrucksvolle Wechsel zwischen kraftvollen und zurück genommenen Momenten, wobei man nie das Gefühl hat, er würde seine Stimme unkontrolliert führen. Diese Wandelfähigkeit kommt ihm vor allem im zweiten Akt zugute, wo er sehr eindrucksvoll seine Zerrissenheit zwischen seiner Liebe und der Teilnahme an der Verschwörung darstellen kann.
Das Lyric Opera Orchestra unter dem Dirigat von Andrew Davis gibt bis in den zweiten Akt hinein den präzisen, doch unauffälligen Begleiter zum Geschehen auf der Bühne. Im dritten Akt erklingt es dann zur Versöhnung von Boccanegra und Fiesco auch mal deutlich klangvoller aus dem Orchestergraben. Rundum ein solides Fundament für die Sänger.
Fazit
Großartige Sängerleistung und eine spannende Inszenierung, die es immer wieder schafft, eindrucksvolle Bilder ohne jegliche Vorhersehbarkeit zu kreieren. Ein großartiger Boccanegra!
Malte Wasem
Bild: Dan Rest
Das Bild zeigt: Simon Boccanegra (Thomas Hampson), Quinn Kelsey (Pietro, von links)