von Giuseppe Verdi (1813-1883), Oper in vier Akten, Libretto: Salvatore Cammarano und Leone Emanuel Bardare, UA: 19. Januar 1853 Rom, Apollo-Theater
Regie: Balazs Kovalik, Bühne: Hermann Feuchter
Dirigent: Guido Johannes Rumstadt, Staatsphilharmonie, Chor und Extrachor des Staatstheaters Nürnberg, Choreinstudierung: Tarmo Vaask
Solisten: Ekaterina Godovanets (Leonora, Gräfin von Sargasto), Eun-Joo Ham (Ines), Mikolaj Zalasinski (Graf von Luna), Nicolai Karnolsky (Ferrando), Roswitha Christina Müller (Azucena), David Yim (Manrico), Han-Bo Jeon (Ruiz), u.a.
Besuchte Aufführung: 6. Oktober 2012
Der alte Graf Luna hatte zwei Söhne. Weil eine Zigeunerin den Jüngeren in seiner Wiege verhexte, ließ der Graf sie verbrennen. Die Tochter der Zigeunerin, Azucena, soll daraufhin das Grafenkind geraubt haben und es in die Flammen des Scheiterhaufens ihrer Mutter geworfen haben. Jahre später verliebt sich Leonora in Azucenas Sohn, den geheimnisvollen Sänger Manrico (den Troubadour). Auch der junge Graf Luna, der ältere Bruder des verbrannten Kindes, begehrt Leonora. Nur Azucena weiß, daß sie damals im Wahn ihr eigenes Kind in die Flammen warf und stattdessen das Grafenkind liebevoll aufzog. Gerüchte kursieren, Manrico sei getötet worden, Leonora will daraufhin ins Kloster. Aber die beiden finden sich wieder und als der Graf sie gefangennimmt, bietet Leonora sich selbst für das Leben Manricos. Sie vergiftet sich, Manrico wird verbrannt. Azucena triumphiert: Luna hat seinen eigenen Bruder getötet.
Aufführung
Das Bühnenbild besteht aus mit Graffitis beschmierten Mauern oder Ruinenteilen, die durch versenken im Boden oder hinaufziehen in den Schnürboden immer wieder neu kombiniert werden können. Im ersten Akt steht im Vordergrund ein großer Tisch um den sich alle Darsteller zu einer großen Familienfeier versammelt haben. Alle Darsteller sind gleichzeitig auf der Bühne, was zu überraschenden Begegnungen führt. Auf der linken Seite befinden sich ein Schrank, durch den man aus und ein geht. Gekleidet sind die Solisten in italienische Designer-Garderobe, Soldaten verfügen über schwarze oder Flecktarn-Uniformen, Bedienstete schwarz-weiße Arbeitskleidung. Die Zigeuner tragen rote Kleidung im Patchwork-Stil – Manrico hat zusätzlich Motorradhelm und E-Gitarre. Während des Zigeunerchores stülpen sich die Solisten rote Ku-Klux-Klan Kapuzen über und bedrohen die, als Zigeuner erkannten, Bediensteten.
Sänger und Orchester
Die Besetzung der Rollen im Troubadour stellt hohe Ansprüche an die Sänger. Schon die Rolle der Leonora erfordert eine große Reichweite im hohen Register, sowie Koloratursicherheit und ein sehr tragfähiges Piano. Umso bemerkenswerter wie schwerelos einfach diese Rolle bei Ekaterina Godovanets (sie ist neu in Nürnberg) klingt. Ihr weicher, gestaltungsfähiger Sopran reißt auch das Publikum von den Sitzen. Roswitha Christina Müller ist ein dramatischer Wagner-erprobter Mezzo. Da glüht das Feuer in den Ohren, sie ist aber auch zu den mystischen Abdunklungen eines Alts fähig. Da kann sie die Rolle der Azucena so ausdruckstark gestalten, daß es zu einem interessanten Vergleich mit Ekaterina Godovanets führt, der unentschieden endet. David Yim hat sich zu einem beeindruckenden italienischer Tenor mit Eloquenz besonders in den hohen Lagen entwickelt. Dabei zeigt er auch in den vielen dramatischen Momenten für Manrico konsequent seine tenorale Durchschlagskraft. Mikolaj Zalasinski kann stimmlich differenzieren zwischen Verzweiflung, Wut und Wahnsinn. Sein großvolumiger Baßbariton zeigt viel Pathos in der Tiefe, jedoch in der Kopfstimme klingt er bei den hohen Tönen etwas belegt. Nicolai Karnolsky als Ferrando ist ein volltönender, fast schwarzer Baß, der auch mit einer soliden Höhe glänzt und dadurch eine gewaltige Reichweite erzielt. Guido Johannes Rumstadt führt Orchester und Solisten durch ein musikalisches Drama, das sich so anspruchsvoll und mitreißend gibt, wie man es von einer Oper Verdis erwarten kann. Er untermalt die dramatischen Momente manchmal sehr fortissimo, unterstützt aber auch die Sänger vorbildlich. Auch der Chor kommt zu seinem Recht und kann entsprechende Wirkung erzielen – und der Zigeunerchor ist hier wahrlich furios!
Fazit
Schon während der Vorstellung bahnt sich die unterschiedliche Beurteilung für Regie und Musik des Publikums an. Kopfschütteln über die Regieeinfälle, vor allem wenn die Erinnerungen Azucenas auf einmal real werden (wenn die Puppe des verbrannten Kindes herumgereicht wird) und Züge des absurden Theaters immer deutlicher hervortreten. Szenenapplaus für die Sänger, die immer wieder und zum Schluß für ihre alle Register ziehende Gesangsleistung gefeiert werden. Was für ein hohes Leistungspotential der neuen Ensemble-Kräfte spricht: Musikalisch ein sehr zufriedenstellender Abend.
Oliver Hohlbach
Bild: Ludwig Olah
Das Bild zeigt: Auftritt des David Yim (Manrico) als Schlagersternchen