von W.A. Mozart (1756-1791), Dramma giocoso in zwei Akten, Libretto: Lorenzo da Ponte, UA: 1787, Prager Fassung, 1788, Wiener Fassung.
Regie: Soren Schuhmacher, Bühne: Norbert Bellen
Dirigent: Roland Kluttig, Philharmonisches Orchester und Chor des Landestheaters Coburg, Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio
Solisten: Benjamin Werth (Don Giovanni), Norman D. Patzke (Leporello), Michael Lion (Il Commendatore), Sofia Kallio (Donna Anna), Roman Payer (Don Ottavio), Betsy Horne (Donna Elvira), Marie Smolka (Zerlina), Marcello Mejia-Mejia (Masetto), u.a.
Besuchte Aufführung: 22. September 2012 (Premiere)
Der Komtur, Donna Annas Vater; wird im Duell von Don Giovanni getötet. Sein Diener Leporello berichtet Donna Elvira von den unzähligen Erfolgen seines Herrn bei den Frauen. Don Giovanni macht auf einer Bauernhochzeit der Braut Zerlina den Hof und lädt alle zum Fest auf sein Schloß ein. Dort versucht er Zerlina zu verführen. Doch Donna Elvira, Donna Anna und ihr Verlobter Don Ottavio erkennen in ihm den Mörder des Komturs. Er kann mit Leporello fliehen, sie finden Zuflucht auf einem Friedhof. Dort wird Don Giovanni von der Steinstatue des Komturs zur Rede gestellt. Don Giovanni lädt ihn leichtfertig zu Abendessen ein. Donna Elvira macht einen letzten, vergeblichen Versuch, ihren ehemaligen Geliebten zu retten, als der Komtur eintritt und ihn zur Hölle schickt.
Aufführung
Die Vorstellung beginnt mit einer Hinrichtung: Don Giovannis wird auf eine Pritsche geschnallt und mit der Giftspritze vor Zuschauern hingerichtet. Im Rückblick wird seine Lebensgeschichte erzählt – in einem irrwitzigen Tempo, mit immer neuen Bildern. Hierbei spielen ein Karussell, eine Pistole (mit der man in immer neuen Konstellationen jemanden bedrohen oder fesseln kann), ein immer wieder auftauchendes Mädchen (das dann doch nur dumm herumsteht), eine (drehbare) Zimmerwand, die Pritsche aus der Giftkammer und einiges mehr eine Rolle. Viele Brautkleider, peppige Perücken, bunte Garderobe in allen mehr oder minder aktuellen Ausführungen runden das Bild ab.
Sänger und Orchester
Die Besetzung der Hauptrolle ist meist ein Problem: Für die Rolle des Don Giovanni benötigt man einen durchschlagsstarken Bariton, der den Furor und die dramatischen Ausbrüche glaubhaft gestalten kann, hingegen für den weichen zarten Schmelz der süßlichen Liebesarien benötigt man einen eher lyrischen Bariton. Jemand der diesen beiden Gesangslinien gerecht wird, der ist wahrlich ein großartiger Don Giovanni. Benjamin Werth gelingt dieser Spagat, kann mit Verve, Ausdruck und Spielfreude glaubwürdig gestalten – und wird dafür enthusiastisch gefeiert. Norman D. Patzke als Diener Leporello ist ein lyrischer Bariton mit überzeugender Reichweite bis in den Tenor-Bereich, der mit seiner Registerarie durchschlagskräftig das Publikum von den Sitzen reißt. Dem Haus-Baß Michael Lion gelingt es dem Komtur den richtigen dramatischen Auftritt zu verschaffen – ohne akustische Tricks nur mit der Tiefe seiner Stimme. Roman Payer als Don Ottavio verfügt über eine leuchtende baritonale Mittelage, aus der heraus er sich in die tenoralen Höhen aufschwingt und ist ein wunderbar ausgewogener italienischer Tenor. Sofia Kallio (Donna Anna) als jugendlicher, leicht dramatischer Sopran tritt mit sicheren Koloraturen in Erscheinung. Trotzdem wirkt sie manchmal etwas zu angestrengt und in der Höhe etwas schmal. Betsy Horn, verstärkt durch die zusätzliche große Arie der Donna Elvira, wird zur eigentlichen Hauptdarstellerin des Abends: Ausdrucksstark in den dramatischen Momenten, lyrisch verhalten mit technischem Glanz – und fast immer mit einer Ekstase, die den Rahmen des Hochdramatischen sprengt. Publikumsliebling wird jedoch Marie Smolka als jugendliche naive Zerlina, denn mit ihrem hellen Timbre mit exakter etwas leiser Intonation, die in den strahlenden Koloraturen detoniert, weiß sie die Zuhörer zu bezaubern. An mancher Stelle wünscht man ihr jedoch etwas mehr Tiefe. Marcello Mejia-Mejia kann technisch nicht dem Tempo des Orchesters folgen und sein Masetto bleibt blaß. Roland Kluttig ist für dieses etwas forsche Tempo zuständig. Sein Don Giovanni wirkt so sehr dynamisch und fesselnd, allerdings ohne die Raffinesse und Feinheiten Mozarts unter den Teppich zu kehren. Das steigert die Spannung beim Publikum fühlbar.
Fazit
Musikalisch ist festzustellen, daß sich das Landestheater Coburg auf hohem musikalischem Niveau bewegt. Ein Haus, das fast die gesamte Besetzung eines Don Giovanni achtbar aus dem eigenen Ensemble besetzen kann, muß zu den besseren Häusern gezählt werden. Zumal die gewählte Wiener Fassung fast das gesamte Material Mozarts (bis auf zwei Arien), darunter die selten gespielte große Arie der Donna Elvira (Glanznummer für Betsy Horne), enthält. Daß die hier vorliegende Aktualisierung und wirre Bebilderungen (besonders während des Vorspiels) keinen homogenen Handlungsstrang ermöglicht und das Publikum gelegentlich verärgert, spiegelte sich beim unterschiedlichen Schlußapplaus für Sänger und Regie wieder.
Oliver Hohlbach
Bild: Andrea Kremper
Das Bild zeigt: Don Giovanni (zwischen Zerlina und Masetto) sprengt die Hochzeitsfeier Masetto/Zerlina