von Franz Lehár (1870-1948), Operette in drei Akten, Libretto: Victor Léon und Leo Stein nach Henri Meilhac L‘attaché d‘ambassade UA: 28. Dezember 1905 Wien, Theater an der Wien
Regie: Dalal Achcar, Bühne: Paulo Corrêa
Dirigent: Silvio Viegas, Orchester und Chor des Theatro Municipal
Solisten: Rosana Lamosa (Hanna Glawari), Homero Velho (Graf Danilo), Licio Bruno (Baron Zeta), Carla Domingues (Valencienne), Max Jota (Camille de Rosillon)
Besuchte Aufführung: 7. Dezember 2012 (in portugiesischer Sprache)
Das Theatro Municipal ist wohl der berühmteste musikalische Aufführungsort von Rio de Janeiro in Brasilien. Eingeweiht am 14. Juli 1909 ähnelt es architektonisch innen wie außen der Pariser Opéra Garnier und bietet dem Publikum von Konzerten, Oper- und Ballettaufführungen bis hin zu Festivals und internationalen Wettbewerben ein breites Spektrum an musikalischen Angeboten.
Kurzinhalt
Die verwitwete Hanna Glawari steht als millionenschwere Erbin im Mittelpunkt des Interesses der Pariser Gesellschaft. Der pontevidrinische Gesandte Baron Zeta ist bestrebt, Hannas Vermögen mittels einer erneuten Heirat für sein Vaterland zu gewinnen. Doch während er mit Verkupplung von Graf Danilo und Hanna beschäftigt ist, schmeichelt der charmante Pariser Camille Zetas Gattin Valencienne. Zwischen Danilo und Hanna – die schon in ihrer Jugend füreinander entflammt waren – entbrennt erneut die alte Liebe. Doch Danilo möchte nicht als „Erbjäger“ erscheinen. Nachdem Hanna probehalber vorgibt, im Falle einer erneuten Verehelichung ihr gesamtes Vermögen zu verlieren, kann er ihr seine Liebe gestehen. Daraufhin korrigiert Hanna ihre Aussage: Das Vermögen falle an den neuen Ehemann.
Aufführung
Im ersten Akt gestaltet sich das Bühnenbild aus fächerartig hintereinander aufgereihten, geschwungenen weißen Rahmen, die mit schwarzlinigen, jugendstilartigen Applikationen verziert sind. Je nach Handlungsort wechselt der Hintergrund: Zunächst sieht man Theatereingänge mit roten Samtvorhängen, danach goldene Baumsilhouetten, wobei die Beleuchtung mit der Tageszeit der Handlung wechselt. Die Kostüme sind im ersten Akt schwarz-weiß gestaltet, mit fließenden Kleidern und kunstvollen Kopfbedeckungen für die Frauen und Anzügen für die Herren. Im zweiten und dritten Akt wird es glamourös: Die Kleiderschnitte des Chores sind im ländlichen Stil gehalten, doch aus farbenprächtigen Seidenstoffen mit eingewebten Goldapplikationen. Die weiblichen Zentralfiguren tragen schillernde, glitzernde Abendkleider, die Herren verschiedenartige Anzüge.
Sänger und Orchester
Rosana Lamosa konnte ihrer Rolle als weibliche Protagonistin Hanna Glawari mit ihrer lyrischen, im allgemeinen voll klingenden Stimme gerecht werden, die besonders an den Spitzentönen sicher und kräftig glänzte (1. Akt). Nur beim zentralen Vilja-Lied (2. Akt) wäre mehr Kraft und Klangvolumen hilfreich gewesen, um sich gegen das Orchester zu behaupten. Bei Homero Velho als Danilo fiel eine sehr gute Textverständlichkeit und seine stabile Intonation bei hohen, langgehaltenen Tönen (Auftrittslied, 1. Akt), aber auch seine klangliche Ausgeglichenheit im Zusammenwirken mit dem Orchester auf (Schlußduett, 3. Akt). Licio Bruno (Baron Zeta) gelang es, mit schauspielerischem Geschick in Mimik und Gestik den Charakter seiner Figur mit Witz und Charme zu präsentieren und das Publikum in seinen Bann zu ziehen (Pavillion-Szene, 2. Akt). Darüber hinaus sang er mit sattem, vollem Ton und präsentierte sich vom ersten bis zum letzten Auftritt mit punktsicherer Intonation. Seine Gattin Valencienne wurde ebenfalls schauspielerisch sehr überzeugend von Carla Domingues dargestellt, die besonders in Szenen wie ihrem romantischen Duett mit Camille (2. Akt) ihre innere Zerrissenheit zwischen Begehren und Treue gut zur Geltung brachte. Sie verlieh ihrer Figur eine schlanke aber in der Höhe brillante und klare Sopranstimme. Im Gegensatz dazu wirkte die stimmliche Darstellung von Max Jota (Camille de Rosillon) in der Höhe leider etwas gepreßt und leise (Duett 2. Akt), doch gelang ihm ein sehr gutes Zusammenspiel mit dem Orchester. Dem musikalischen Leiter Silvio Viegas glückte es, dem Orchester in Einklang mit den Sängern trotz der schnell und häufig aufeinanderfolgenden Wechsel von Tempo und Charakter stets den verschiedenen Atmosphären angepaßten Klangfarben zu entlocken.
Fazit
Ein unterhaltender und durchaus mitreißender Operettenabend, der das Publikum durch seinen Witz und seine Leichtigkeit begeisterte – vor allem in den gesprochenen Teilen, wobei die komplette Übersetzung ins Portugiesische sicher ihren Teil zum sprachlichen Verständnis der von den Brasilianern sehr geliebten Scherzhaftigkeit beigetragen hat. Vor allem in den rauschenden Tanzszenen herrschte eine ausgelassene Stimmung im Publikum. Die Inszenierung wurde mit häufigem Szenenapplaus und lang anhaltendem Schlußapplaus gewürdigt.
Friederike Jurth
Bild: Vânia Laranjeira
Das Bild zeigt: Baron Zeta (Licio Bruno), Valencinne (Carla Domingues), Hanna Galwari (Rosana Lamosa), Camille de Rosillon (Max Jota) v.l.n.r.