DORINA E NIBBIO / CONTRASCENA – Dresden, Semperoper

von Domenico Natale Sarro (1676-1744), Intermezzi per la Didone, Libretto: Pietro Metastasio, UA: 1724 Neapel, mit Einlage Contrascena von Lucia Ronchetti (1963) basierend auf Briefen von Pietro Metastasio, UA: 16. Dezember 2012 Dresden, Semperoper

Regie: Axel Köhler, Bühnenbild: Arne Walther

Dirigent: Felice Venanzoni, Mitglieder des Händelfestspielorchesters Halle

Solisten: Gala El Hadidi (Dorina), Pavol Kuban (Nibbio), Roland Schubert (Metastasio)

Besuchte Aufführung: 16. Dezember 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Ein Intermezzo ist eigentlich eine Zwischenaktmusik, die im 16. und 17. Jhd als „komischer Einfall“ zwischen den Akten höfischer Schauspiele und Opern eingeführt wurde. In Dresden wird diese musikalische Gattung als Kurzoper wiederbelebt und um eine Einlage ergänzt. Dieses Intermezzo handelt von dem Werben eines Impresario um eine Operndiva, die sich zu wehren weiß. Die Einlage in diesem Intermezzo gibt Metastasio Gelegenheit, einige Gedanken zur Welt der Oper zu äußern.

Aufführung

Das von Arne Walther geschaffene Einheitsbühnenbild fand schon Verwendung für das Intermezzo La Dirindina (Premiere 4. März 2012) und bietet eine Vielzahl an geschickt ineinander verschachtelten Spielflächen. Eine kleine Spielfläche an der Rampe wird nach hinten durch eine große Wand mit der Büste Metastasios begrenzt und durch zwei Treppenhäuser flankiert. Metastasios Büste wird während der Einlage quasi lebendig und tritt aus der Wand hervor. Dominante Requisiten sind ein rotes Sofa, ein Beistelltisch, ein Stuhl und eine Sektflasche, die auf dem Kopf des zudringlichen Impresario zerschlagen wird. Die Kostüme haben einen modernen Freizeit-Schnitt, aber später nehmen sie Rückgriff auf barocke Kostüme, wie z.B. der bleich geschminkte Metastasio und seine Fleisch gewordenen Gedanken.

Sänger und Orchester

Um den erfahrenen Barock-Dirigenten Felice Venanzoni gruppieren sich zehn Musiker. Es sind Barock- Spezialisten der Staatskapelle Halle, die auch bei den Händelfestspielen in Halle auftreten. Das Zusammenspiel ist präzise, die barocken Perlen werden im flotten Tempo mitreißend aneinander gereiht. Auch mit der modernen Musikrichtung der Einlage, angesiedelt zwischen später Post-Romantik und gemäßigter Atonalität, kommt das Orchester sehr gut zurecht. Gala El Hadidi (Dorina) ist ein etwas anderer Mezzo-Sopran. Sie verfügt über ein tiefes Timbre, das man fast schon rauchig beschreiben könnte. Aber sie hat keinerlei Probleme die anspruchsvollen barocken Koloraturen der eitlen Operndiva Dorina vorzutragen und dabei deren Charakter wie Wut oder Hysterie in den höchsten Tönen Leben einzuhauchen. Pavol Kuban ist ein Bariton mit viel Erfahrung im Bereich alter Musik. Den eitlen und zudringlichen Impresario Nibbio deutet er sehr anschaulich mit viel Durchschlagskraft und technisch sauber ausgeführten barocken Klangkaskaden – auch bei hohem Tempo. Roland Schubert hat bereits mehr als einhundert Baß-Partien gestaltet. Dank dieser Erfahrung kann er der wenig mitreißenden Rolle des Metastasio das gelungene Rollenporträt eines mürrischen Meisters abgewinnen – auch wenn diese etwas höher liegt als eine typische Baß-Partie.

Fazit

Ein erheitertes Publikum dankt mit reichlich Beifall für die lohnende Ausgrabung einer kurzweiligen und slapstickartigen Produktion. Eine weitere Auseinandersetzung mit dem Komponisten Sarro wird sich sicher sehr lohnen. Die Einlage Contrascena wird vom Publikum wegen der etwas trockenen Auseinandersetzung mit den Gedanken Metastasios und des modernen Musikstils weniger goutiert. Ob es eine kluge Entscheidung der Intendanz ist, die barocken Fachkräfte von anderen Häusern zu engagieren anstatt ein eigenes Ensemble aufzubauen wird die Zukunft zeigen – zumal es mit Hasse auch eine Tradition in Dresden zu wahren gilt. Ein Termin für eine Übernahme in Halle ist noch nicht bekannt.

Oliver Hohlbach

Bild: Matthias Creutziger

Das Bild zeigt: Gala El Hadidi (Dorina), Ensemble

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