von Giacomo Puccini (1858-1924), Tragödie in zwei Akten, Libretto: Luigi Illica und Giuseppe Giacosa nach dem Schauspiel Madame Butterfly von David Belasco, UA: 1904 Mailand, Teatro alla Scala
Regie/Bühne, Kostüme: Alexandra Szemeredy und Magdolna Parditka
Dirigent: Roland Kluttig, Philharmonisches Orchester und Chor des Landestheaters Coburg, Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio
Solisten: Hyunju Park (Cio-Cio-San, genannt Butterfly), Sandra Fechner (Suzuki), Milen Bozhkov (B.F. Pinkerton), Gabriele Bauer-Rosenthal (Kate Pinkerton), Tae Kwon Chu (Yamadori), Benjamin Werth (Konsul Sharpless), David Zimmer (Goro), Michael Lion (Bonze) u.a.
Besuchte Aufführung: 19. Januar 2013 (Premiere)
Der amerikanische Marineoffizier Pinkerton möchte in Nagasaki die Geisha Cio-Cio-San, genannt Butterfly, heiraten. Die Hochzeit wird von dem Heiratsvermittler Goro arrangiert – inklusiv Familienfeier und Urkunden. Butterfly wird wegen der Heirat von ihrer Familie verstoßen, Pinkerton verläßt Butterfly nach der Hochzeitsnacht. Nach drei Jahren schickt Pinkerton einen Brief, den Konsul Sharpless überbringt. Als Antwort zeigt Butterfly ihm das aus der Hochzeitsnacht hervorgegangene Kind. Der Brief kündigt die Ankunft Pinkertons und seiner amerikanischen Ehefrau Kate an. Nachdem Butterfly das Kind dieser überlassen hat, ersticht sie sich aus enttäuschter Liebe.
Aufführung
Zwei Falltüren im Bühnenboden bilden den einzigen Zugang zu einem verschachtelten Ort, der wie eine Plattform mit Ausguck nach hinten wirkt. Von hinten links nach vorne rechts verläuft eine Trennwand, die sich aufschieben läßt und den Blick auf die Hochzeitsgesellschaft oder die Küche der amerikanischen Familie Pinkerton gewährt. Im geschlossenen Zustand heftet daran Pinkerton/Butterflys Kind seine Malversuche mit pseudo-japanischen und englischen Schriftzeichen. Kurz vor dem Selbstmord Butterflys sind die einzelnen Buchstaben des Wortes Death zu lesen. Auf der linken Seite findet sich eine weiße Wand, die im unteren Bereich mit schwarzen Strichen geschwärzt ist. Vorne links befindet sich ein Glasbehälter, aus dem wie in einer Sanduhr Reis auf den Boden rieselt. Die Kostüme entstammen der heutigen Zeit, Pinkerton trägt eine Lederjacke über einem weiß-blau gestreiften T-Shirt und weißer Hose, die Krawatte zur Hochzeit muß er sich vom grauen Anzug des Konsuls borgen. Goro kommt eher als Edel-Punker daher, aus seiner Designer-Jacke ragen die Geldbündel, denn er läßt sich für jeden Handgriff bezahlen. Kate Pinkerton trägt ein Chanel-Kostüm, in der Hand ein grünes Stofftier für das Kind. Die modernen glattgebügelten japanischen Kleider könnte auch eine europäische Modekette vertreiben.
Sänger und Orchester
Die Besetzung dieser Oper steht und fällt mit der Hauptrolle der Butterfly, von der Darstellerin wird kindliche naive Freude und eine unendliche Leidensfähigkeit im ständigen Sehnen nach der Wiederkehr Pinkertons erwartet. Für Hyunju Park ist die Darstellung der Gefühle und der inneren Zerrissenheit der Butterfly kein Problem: Mit ihrer klaren jugendlichen Aussprache und heller Klangfarbe zwingt sie den Zuhörer quasi zum Mitfühlen mit diesem armen Geschöpf. Da ist die Anmerkung fast Makulatur, daß sich die hohen Töne außerhalb ihrer Reichweite befinden, schmerzlich bewußt wird das in ihrer Auftrittsarie Lo sono la fanciulla – War je ein anderes Mädchen so fröhlich. Sehr spannend auch das Stimmduell zwischen Pinkerton und Konsul Sharpless: Benjamin Werth kann als durchschlagsstarker Helden-Bariton die Kritik des Konsuls an der Handlung Pinkertons deutlich werden lassen. Er kann dramatische Ausbrüche mit Furor glaubhaft gestalten, kann aber auch weich und nachdenklich in einem flüsterzarten Piano agieren. Milen Bozhkov ist mittlerweile ein sehr erfahrener Tenor im italienischen Fach, der mit viel Pathos, Verve und Strahlkraft einem etwas tumben Pinkerton Glanz verleiht. Einen mitfühlenden nachdenklichen Moment verleiht er ihm nicht. David Zimmer (Goro) bleibt leider blaß im Hintergrund und bevorzugt mehr den Parlando-Stil. Dem Haus-Baß Michael Lion gelingt es, dem Onkel Bonze den richtigen dramatischen Auftritt mit einer soliden Baß-Tiefe zu verschaffen – Butterflys Verfluchung als Gruß aus der Gruft des Vaters ist markerschütternd. Roland Kluttig geht das Drama schon im Vorspiel flott an. Er erreicht damit eine dynamische und fesselnde Wirkung, die klanglichen Raffinessen Puccinis (und dessen manchmal etwas platten Effekte) werden darin eingebettet. Die Nachtwache der Butterfly in der Mitte des zweiten Aktes wird zur symphonischen Dichtung, die die Spannung im Publikum spürbar werden läßt.
Fazit
Szenisch lebt diese Produktion davon, daß es den Sängerdarstellern gelingt, ihre inneren Gefühle gesanglich darzustellen, wobei die Inszenierung sie weitgehend allein läßt und wesentliche Momente wie die Nachtwache Butterflys und den dazugehörenden Sonnenaufgang wirkungslos verschenkt. Musikalisch bewegt sich dabei das Landestheater Coburg weiterhin auf hohem musikalischem Niveau. Das spiegelt sich auch beim Schlußapplaus wieder – die Produktion wird einhellig bejubelt.
Oliver Hohlbach
Bild: Andrea Kremper
Das Bild zeigt: Pinkerton (Milen Bozhkov) und Butterfly (Hyunju Park) bei Hochzeitsvorbereitungen