DIE FEEN – Leipzig, Oper

 

 von Richard Wagner (1813-1883), Romantische Oper in drei Akten, Libretto: Richard Wagner nach Carlo Gozzis La donna serpente, UA: 29. Juni 1888 München, Königliches Hof- und Nationaltheater

Regie: Renaud Doucet, Bühne/Kostüme: André Barbe, Dramaturgie: Marita Müller

Dirigent: Ulf Schirmer, Orchester: Gewandhausorchester, Chor der Oper Leipzig, Choreinstudierung: Alessandro Zuppardo

Solisten: Igor Durlovski (Der Feenkönig/Groma), Christiane Libor (Ada), Jennifer Porto (Drolla), Arnold Bezuyen (Arindal), Milcho Borovinov (Gernot), Jean Broekhuizen (Farzana), Viktorija Kaminskaite (Zemina), Detlef Roth (Morald), Eun Yee You (Lora), Guy Mannheim (Gunther), Roland Schubert (Harald), Tae Hee Kwon (Bote)

Besuchte Aufführung: 16. Februar 2013 (Premiere)

Kurzinhalt

Arindal, Thronfolger des Königreiches Tramond, verliebt sich auf der Jagd in die schöne Fee Ada. Er gewinnt sie zur Frau, unter der Bedingung, acht Jahre lang nicht nach ihrer Herkunft zu fragen. Als Arindal schließlich doch die verbotene Frage stellt, wird er verstoßen. Ada will ihrem Gatten um den Preis der Sterblichkeit folgen. Dafür muss dieser schwören, ihr unbedingtes Vertrauen zu schenken. Andernfalls würde sie für hundert Jahre in Stein verwandelt. Während der Abwesenheit Arindals ist der Hof in Tramond vom Erzfeind Murold bedroht. Der König ist aus Trauer um den Sohn verstorben, seine Schwester Lora vertritt Arindal auf dem Thron. Als Morald und Gunther diesen an den Hof zurückholen, ist er jedoch nicht fähig, sein Land zu verteidigen. Ada erscheint ihm als Mörderin ihrer Kinder und Verbündete des Feindes, woraufhin er sie verflucht und dem Wahnsinn verfällt. Schließlich hilft ihm der Zauberer Groma, Ada mit Schild, Schwert und Leier zu erlösen.

Aufführung

Das franko-kanadische Regieteam Barbe & Doucet bettet Die Feen in eine Rahmenhandlung. Deren Kulisse ist die Fassade eines Gründerzeithauses, die sich im Parterre öffnet in eine heutige Wohnung mit nüchterner, weißer Möblierung. Von hier aus versetzt sich ein Familienvater, der die Liveübertragung der Oper im Radio hört, in die Phantasiewelten der Feen und Ritter. Die Wohnung verwandelt sich in die Handlungsorte, in den bläulichen Zaubergarten mit riesiger Trauerweide und die prunkvolle Schlosskulisse von Tramond. Die Feen sind biedermeierlich gekleidet, mit Rüschen und Spitzenhäubchen. Ihre Königin Ada trägt ein floral-fließendes Gewand. Der Hof von Tramond entführt ins Mittelalter, in die schillernde Pappmaché-Welt der Ritter, Burgfräulein und Knappen. Als Vertreter der heutigen Zeit wandelt der Vater als geträumter Arindal im Strickjacken-Feierabendlook zwischen den Welten.

Sänger und Orchester

Das Gewandhausorchester spielte sich unter der Leitung von Generalmusikdirektor und Intendant Ulf Schirmer sehr dramatisch und temporeich durch die Partitur dieser ersten vollendeten Oper Richard Wagners. Nicht selten übertönte das klanggewaltige Orchester die Sänger und war in den Einsätzen nicht immer stimmig. Instrumentalsoli wie das der Hörner im zweiten Akt gerieten etwas wacklig. Insgesamt wurden die musikalisch reizvollen Abschnitte dieser Partitur zu wenig herausgearbeitet.

Den voluminösen, stimmgewaltigen Sopran von Christiane Libor (Ada), die sämtliche Partien ungeheuer souverän meisterte, konnte der wuchtige Orchesterklang nicht übertönen. Besonders die hohen Lagen bewältigte sie mit starker Intensität und schneidend-scharfer Heftigkeit, ohne jedoch metallisch zu klingen; dabei stets unangestrengt und prägnant in der sprachlichen Artikulation. Ausdrucksstark verkörperte sie die anspruchsvolle Partie der Ada mit großer, aber niemals überzogener Dramatik. Demgegenüber fiel die männliche Hauptrolle, gesungen von Arnold Bezuyen (Arindal), gesanglich wie darstellerisch sehr ab. Es fehlte dem Tenor an Strahlkraft und Klangfülle. Mit vager Intonation und unschönem Timbre erfüllte er die durchaus in Stück und Inszenierung geforderte Rolle des Anti-Helden. Doch die hamletʾsche Lähmung Arindals wurde von Bezuyen allzu wortwörtlich umgesetzt. So wirkte seine Stimme zunehmend eng und gestaucht, wie gefangen. Als gut aufeinander abgestimmtes, schwungvolles Duo boten Jennifer Porto (Drolla) und Milcho Borovinov (Gernot) die Eifersuchtsszene der Dienstboten dar. Ebenso überzeugend und sicher in den Stimmlagen traten die kontinuierlich das Geschehen begleitenden Feen Jean Broekhuizen (Farzana) und Viktorija Kaminskaite (Zemina) auf. Eun Yee You (Lora) überzeugte mit differenziertem, fein nuancierten und warmen Sopran. Ihr Stimmvolumen zeigte sich dem Wagner-Fach aber noch nicht vollends gewachsen. Ihr Geliebter Detlef Roth (Morald) sang die Bariton-Partie klar und sauber, wenn auch nicht besonders stimmgewaltig. Auch Igor Durlovski (Feenkönig/Groma) erfüllte die Rolle des dämonisch-donnernden Basses, ließ jedoch Expressivität und klangliche Dramaturgie vermissen. In den Terzetten und Quartetten wirkte das Gesangsensemble überzeugend und gut aufeinander abgestimmt.

Die von Alessandro Zuppardo einstudierten Chorpartien der Feen und Geister, der Krieger und des Volkes gehörten neben den dramatischen Ausbrüchen Adas zu den berührenden und musikalisch gelungenen Szenen dieses Abends.

Fazit

Eine phantasievolle Inszenierung, die sich geschickt zwischen Mittelalter, Romantik und heutiger Zeit bewegt und vom Premierenpublikum mehrheitlich angenommen wurde. Kostüme und Dekor hatten manchmal etwas unfreiwillig Komisches, nicht nur als Wagner im Schlepptau eines Schmetterlings von der Decke herunterschwebte. Der Gedanke der Rahmenhandlung, durch die Kraft der Musik in ferne Welten entführt zu werden, ist nicht besonders originell, wurde aber konsequent umgesetzt und hatte in der szenischen Gestaltung durchaus Charme. Lediglich die etwas unglückliche Rolle des Tenors in Strickjacke ging im Geschehen unter und enttäuschte angesichts eines ansonsten stimmigen Sängerensembles mitsamt Chor.

Norma Strunden

Bild: Tom Schulze

Das Bild zeigt: Igor Durlovski, am „Schmetterling“ hängend, Ensemble

 

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