von Richard Wagner (1813-1883), Dritter Tag des Ring des Nibelungen in einem Vorspiel u. 3 Aufzügen, Libretto: R. Wagner, UA: 17. August 1876, Bayreuth
Regie: Martin Schüler, Bühne/Kostüme: Gundula Martin, Dramaturgie: Carola Böhnisch
Dirigent: Evan Christ, Philharmonisches Orchester, Chor: Cantica Istropolitana Bratislava, Herren des Extrachores
Solisten: Craig Bermingham (Siegfried), Andreas Jäpel (Gunther), Thomas Gazheli (Alberich), Gary Jankowski (Hagen), Sabine Paßow (Brünnhilde), Gesine Forberger (Gutrune), Marlene Lichtenberg (Waltraute, Erste Norn, Floßhilde), Carola Fischer (Zweite Norn), Cornelia Zink (Dritte Norn, Woglinde), Wellgunde (Debra Stanley), u. a.
Besuchte Aufführung: 30. März 2013 (Premiere)
Nachdem die drei Nornen über Vergangenheit und Zukunft der Welt sinniert haben, macht sich Siegfried von Brünnhilde aus auf dem Rhein zu neuen Heldentaten auf. Er kommt an Gunthers Hof, an dem Gunthers Habbruder Hagen, der Sohn des Albenfürsten Alberich die Fäden der Intrige spinnt. Auf Hagens Rat hin läßt Gunther, nachdem er Siegfried einen Trank des Vergessens gereicht hat, den kühnen Helden Brünnhilde für sich erobern. Da er die Tarnkappe trägt, hält Brünnhilde den Freier für Gunther. Gunthers Schwester hingegen wird Siegfried zugesprochen. Als Brünnhilde Siegfried und dessen Braut erblickt, fühlt sich betrogen und schwört Rache. Auf Alberichs Geheiß und durch Brünnhildes Wissen um Siegfrieds verwundbare Stelle tötet Hagen den Helden. Brünnhilde erfährt die wahren Umstände von den Rheintöchtern, läßt die Burg der Gibichungen in Flammen aufgehen, und die Rheintöchter erhalten schließlich den verfluchten Ring zurück.
Aufführung
Nach den vorangegangenen Teilen des Rings in Cottbus in den Jahren 2003, 2008 und 2011 inszeniert Regisseur Martin Schüler auch das Ende der Ringtetralogie als halbszenische Version. Dabei findet das Orchester mitten auf der Bühne seinen Platz. Dahinter erhebt sich ein schräg gestellter Durchbruch, der eine Sitzgruppe beherbergt. Dieser Bühnenteil stellt szenenabhängig den Berg der Brünnhilde sowie auch Walhall dar. Die Protagonisten agieren hauptsächlich im Vordergrund auf dem zugedeckten Orchestergraben, wobei ein angedeuteter Pfad in den Hintergrund führt. Neben einem Tresor, aus dem einige Utensilien entnommen werden, kommen vor allem zahlreiche Stühle zum Einsatz, die am Ende den Scheiterhaufen bilden.
Sänger und Orchester
Die überzeugendste Leistung des Abends bietet Gary Jankoswksi als Prototyp Hagen. Sein Monolog atmet durch seinen kraftvoll zupackenden, erdig-nebulösen Baß die nötigen dräuenden Abgründe der Figur, die den Zuschauer auch in seinem ausdrucksstark diabolischen Spiel durchweg in seinen Bann ziehen. Hervorragend situiert zeigt sich auch Andreas Jäpel als ausgezeichnet zaudernd agierender Gunther. Sein eindrucksvoll geschmeidiger und selbst in den Höhen brillant strahlender Bariton empfiehlt ihn für weitere Hauptrollen. Sabine Paßow (Brünnhilde) demonstriert gesangliche Stärken vor allem im emotional aufgeladenen Zusammenspiel mit Siegfried. In späteren Auftritten, insbesondere bei längeren Monologen wie am Ende des 3. Aktes, flacht ihr Volumen schnell ab, und es kommt zu markanten Intonationsungenauigkeiten. Ein weiterer Stern am Himmel der Aufführung ist Marlene Lichtenberg, deren dunkel timbrierter Mezzosopran vor allem in der Rolle der Waltraute formidable Farbschattierungen sowie ein sich weit öffnendes Höhenvolumen offenbart. Craig Bermingham (Siegfried) verkörpert überzeugend den naiven, bubenhaften Helden, der sich leicht manipulieren läßt. Gesanglich zeigt er eine etwas unbeständige Leistung. So versucht er auch in den lyrischen Abschnitten stets am Limit zu singen. Dabei kommt es zu harten Überzeichnungen, scharfen Spitzentönen und flatternden Dissonanzen. Bariton Thomas Gazheli (Alberich) begeistert mit lupenreinem Duktus und schattigen Klangnuancen seiner wuchtigen Stimme. Gesine Forberger, Cornelia Zink und Debra Stanley bezaubern zudem mit leuchtenden Klangspektren als hinreißende Rheintöchter.
Evan Christ führt das Philharmonische Orchester zu einer absoluten musikalischen Spitzenleistung, die vom düsteren Aufglimmen unheilvoller Tremoli bis hin zu strahlend gleißenden Klangfluten Wagners Klangkosmos mitreißend erschließen. Zudem ist der Chor derart hervorragend aufgestellt, daß es einen förmlich von den Stühlen reißt.
Fazit
Weißt Du wie das ward, singen die Nornen zu Beginn der Götterdämmerung. Nach dem letzten Akkord der Aufführung in Cottbus ist jedenfalls eines klar: Die semiszenische Umsetzung überzeugt durch packende Emotionalität und, auf Grund der Leistung aller Beteiligten, schließt sich mit der Cottbuser Götterdämmerung der Ring zu einem Reif aus purem musikalischem Gold.
Dr. Andreas Gerth
Bild: Marlies Kross
Das Bild zeigt: aufgebarten Craig Bermingham (Siegfried) (3. Akt) und die Tote Sabine Paßow (Brünnhilde)