von Johann Strauß (1825–1899), Komische Operette in drei Akten, Libretto: Karl Haffner und Richard Genée nach der Komödie Le Réveillon von Henri Meilhac und Ludovic Halévy; UA: 5. April 1874, Theater an der Wien, Wien
Regie: Robert Lehmeier; Bühnenbild: Harald Thor; Kostüme: Tanja Hofmann
Dirigentin: Catherine Rückwardt, Philharmonisches Staatsorchester und Chor des Staatstheaters Mainz
Solisten: Alexander Spemann (Gabriel von Eisenstein), Susanne Geb (Rosalinde), Ana Durlovski (Adele), Patricia Roach (Prinz Orlofsky), Patrick Pobeschin (Dr. Falke), Jud Perry (Alfred), Ks. Jürgen Rust (Frank), Alexander Kröner (Advokat), Alexandra Samouilidou (Ida), Lars Reichow (Frosch).
Besuchte Aufführung: 16. Januar 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Vor vier Jahren spielte der Privatier Eisenstein seinem Freund Dr. Falke einen Streich, indem er ihn auf dem Heimweg von einem Maskenball als Fledermaus verkleidet zurückließ. Unter dem Gespött der Leute mußte Falke am nächsten Morgen im Fledermauskostüm heimkehren. Das will er Eisenstein heimzahlen!
Die Rache: Eisensteins Zofe Adele erhält eine Einladung zu Prinz Orlofskys Fest. Rosalinde, Eisensteins Frau, verspricht dem überraschend eintretenden früheren Geliebten Alfred ein späteres Stelldichein, um ihn wegschicken zu können. Dr. Falke überredet Eisenstein, seine achttägige Haftstrafe, die dieser wegen einer Attacke auf den Amtsdiener bekommen hat, erst am Morgen anzutreten. Als Gefängnisdirektor Frank eintritt und Alfred in Eisensteins Morgenrock antrifft, verhaftet er ihn in der Annahme, er sei Eisenstein.
Auf dem Ball treffen die Akteure des Racheplans von Dr. Falke ein: Adele als „Künstlerin Olga“, Eisenstein als „Marquis Renard“, Gefängnisdirektor Frank als „Chevalier Chagrin“ und Rosalinde, als „ungarische Gräfin“ maskiert. Rosalinde gelingt es, die Uhr des sie umschmeichelnden „Marquis Renard“ zu entwenden, als späteren Beweis seiner Untreue. Am Morgen brechen Frank und Eisenstein zum Gefängnis auf. Gerichtsdiener Frosch sinniert über die Auswirkungen einer durchzechten Nacht. Adele und ihre Schwester Ida sind Frank zum Gefängnis gefolgt: Adele gibt sich zu erkennen und bittet den vermeintlichen Chevalier, ihre Bühnenausbildung zu finanzieren. Eisenstein demaskiert sich und will seine Strafe antreten. Als er erfährt, daß Alfred an seiner Stelle in der Zelle sitzt, hält ihm Rosalinde die entwendete Uhr vor. Schließlich löst Falke, gefolgt vom Prinzen und der Abendgesellschaft, die Mißverständnisse als die „Rache der Fledermaus“ auf. Die Schuld wird dem Champagner zugeschrieben.
Aufführung
In Robert Lehmeiers Inszenierung stehen Illusion und Untreue im Vordergrund. Das Bühnenbild besteht aus Fotos von Schloß Schönbrunn und Treppen im Hause des Prinzen. Menschen treffen sich auf Partys zum Saufen aus Wodka(!)-Flaschen, der Glaskasten für Raucher ist ein lustiger Gag des heutigen Rauchverbots. Die Gäste stolzieren zu Walzerklängen wie auf einer Party umher. Am nächsten Morgen trifft der grölende Frosch auf eine besoffene Ballbesucherin. Seine Worte sollen die Gepflogenheiten der Gesellschaft kommentieren. Allerdings sind Sprüche wie Vögelt euch nur das Gehirn aus dem Kopf! und Operette sich wer kann nicht lustig und fehl am Platz.
Nichts ist wie es scheint. Das trifft auf Abendgesellschaft und Kulisse zu – dazu paßt dann auch die Inszenierung der Mondlandung unter österreichischer Fahne, die zu Beginn das Geschehen etwa fünf Minuten für sich beansprucht. Wie in Zeitlupe springt ein Astronaut über die Bühne – wohl eine Anspielung auf bestehende Verschwörungstheorien, die wohl Zweifel an der Echtheit der Mondlandung durch die Amerikaner aufkommen lassen sollen.
Kurz vor dem dritten Akt baut Lehmeier das Adagietto aus Mahlers 5. Symphonie ein, eine Art Sehnsuchtsmelodie der Betrogenen und Betrügenden nach etwas Vergangenem, Verlorenem.
Sänger und Orchester
Musikalisch ist der Abend gelungen. Catherine Rückwardt leitet ein zufriedenstellendes Orchester, einzig die walzerhafte Leichtigkeit fehlt stellenweise. Patricia Roach (Prinz Orlofsky), singt mit hervorragender Intonation, Ana Durlovskis Adele wirkt stellenweise etwas zu grell. Susanne Geb bietet eine lebhafte Rosalinde dar. Alexander Spemann (Advokat), Patrick Pobeschin (Dr. Falke) und Jud Perry (Alfred), überzeugen mit angenehmen Stimmen. Besonders hervorzuheben ist Ks. Jürgen Rust, der als Frank maßgeblich zum verbleibenden Wiener Charme der Aufführung beiträgt.
Fazit
Musikalisch eine empfehlenswerte Produktion, deren Inszenierung an Sympathie, Witz und Wiener Charme leider nicht viel übrig läßt. Bedauerlich bleibt die Tatsache, daß man keine Operette geboten bekommt, wie man sie vielleicht erwarten würde, sondern eine Gesellschaftskritik, die sich gewaschen hat.
Julia Korst
Bild: Martina Pipprich
Das Bild zeigt: Alexander Spemann (Gabriel von Eisenstein) schmeichelt der ungarischen Unbekannten auf dem Ball des Prinzen Orlofsky mit seiner Uhr ein – wenn er wüsste, dass unter der Maske niemand Geringeres als Susanne Geb (Rosalinde von Eisenstein) steckt, die ihm die Uhr entwenden will, um sie ihm später als Beweis seiner Untreue vorzuhalten…