Wuppertal, Opernhaus – DAS MÄRCHEN VON FANFERLIESCHEN SCHÖNEFÜSSCHEN

von Kurt Schwertsik (*1935), Märchenoper in 10 Szenen, Libretto: Karin und Thomas Körner nach dem gleichnamigen Märchen von Clemens Brentano; UA: 24. November 1983, Kammertheater Stuttgart.
Regie: Aurelia Eggers, Bühnenbild: Andreas Wilkens, Kostüme: Veronika Lindner;
Dirigent: Hilary Griffiths; Sinfonieorchester Wuppertal, Chor und Statisterie der Wuppertaler Bühnen,
Choreinstudierung: Jaume Miranda.
Solisten: Norbert W. Conrads (Laudamus/Kommtzeitkommtrat), Raimund Fischer (Jerum), Miriam Scholz (Würgipumpa), Joslyn Rechter (Fanferlieschen Schönefüßchen), Banu Böke (Fräulein von Ziegesaar), Thomas Schobert (Pumpilirio Holzebocke), Olaf Haye (Herr Neuntöter), Michaela Mehring (Fräulein Neuntöter), Miljan Milovic (1. Leibwächter), Jin Seok Lee (2. Leibwächter), Javier Zapata Vera (Alter Mann)
Besuchte Aufführung: 18. Januar 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
wuppertal-das-schonefuesche.jpgEs geht kurzweilig zu im Land Skandalia: Jerum putscht gegen seinen Vater, König Laudamus, der dabei verstirbt. Die gute Hexe Fanferlieschen Schönefüßchen möchte über ihre zur Frau verwandelte Lieblingziege positiven Einfluß auf den neuen, bösartigen Herrscher nehmen. Doch dieser erkennt die List, Fräulein Ziegesaar wird eingemauert. Doch dank heimlicher Versorgung überlebt sie und schenkt einem Sohn, Kommtzeitkommtrat, das Leben.
Erwachsen kann dieser aus dem Verlies fliehen und wird Berater von Jerum, der seiner noch bösartigeren Frau, Würgipumpa, überdrüssig ist. Diese kann jedoch Fanferlieschen durch eine List erblinden und entführen lassen. Kommtzeitkommtrat begibt sich mit Fräulein Neuntöter auf die Suche nach einem Gegengift. Nach ihrer Rückkehr tötet Jerum Würgipumpa und ihre Verbündeten. Fanferlieschen gewinnt die Sehkraft zurück, Fräulein Ziegesaar wird befreit. Jerum möchte mit ihr zusammen als Büßer leben und gibt die Krone an Kommtzeitkommtrat weiter, der nun mit Fräulein Neuntöter Skandalia regiert.
Aufführung
Vor der Aufführung ist der Vorhang bereits geöffnet. In der Mitte der Bühne ist parallel zum Orchestergraben eine Trennwand eingezogen, die durch den ganzen Bühnenraum verläuft. Daran ein aufgeschnittenes Haus. Auf der Trennwand in dicken Lettern: Wohlstand für Alle. Mit Beginn der Oper verschwindet die Trennwand und schafft so Platz in der Tiefe. Hier kann mit einem Aufzug zwischen drei Handlungsorten gewechselt werden: Dem Königssaal, den Zimmern des Volkes und dem Keller von Pumpilirio Holzebocke, wobei die beiden ersten Orte auch parallel übereinander laufen können. Der Königssaal ist ein simpler viereckiger Raum, blau tapeziert, gemustert mit lauter goldgelben Insekten. Die beiden darunter liegenden Zimmer des einfachen Volkes sind ausgestattet wie Wohnungen dem Klischee nach in Deutschland in den 60er Jahren ausgesehen haben: einfachste Einrichtungsgegenstände und eine Blümchentapete. Der andere Raum wirkt wie ein Verließ; ein verkerkertes Fenster und ein unregelmäßiger Anstrich in dunklen Farbtönen. Auch weitere mobile Gegenstände, die im Laufe der Oper auftreten, wie z.B. der Käfer von Jerum und seinen Gefährten in grün mit aufgemalten Blumen. Die Sonnenschirme und das Podest des Königs am Opernanfang erinnern an diese Zeitspanne. Der Keller ist dunkel gehalten, hier stehen nur einige Treppen, die in die Leere führen. Treppen sind auch an den Außenseiten der Hauswand, über diese sind die verschiedenen Ebenen zu erreichen, falls mehrere parallel bespielt werden. Die Beleuchtung paßt sich dem jeweiligen Klima gut an. Die bunten und eigenwilligen Kostüme entsprechen der kurzweiligen Geschichte.
Sänger und Orchester
Das Orchester unter der Leitung des zukünftigen Chef-Dirigenten Hilary Griffiths weiß zu überzeugen: Die facettenreiche Musik mit jazzigen Stellen, Concerto grosso, Foxtrott und weiteren Stilen wird nuancenreich dargestellt. Jedoch wird an vielen Stellen, auch aufgrund des Schlagzeuges, schlicht zu laut gespielt. Nahezu alle Sänger haben so Probleme, dem Publikum überhaupt ihren Text verständlich zu machen und können sich daher stimmlich leider nicht profilieren. Auch schluckt die Trennwand viel Akustik bei Szenen, die in dem hinteren Teil der Bühne spielen. Wer sich nicht vorher über die Geschichte informiert hat, ist schnell auf verlorenem Posten. Lediglich Banu Böke (Fräulein von Ziegesaar), kann über die gesamte Zeit mit ihrem klaren Sopran überzeugen, dagegen lassen vor allem Joslyn Rechter (Fanferlieschen Schönefüßchen), und Raimund Fischer (Jerum), über weite Strecken stimmliche Durchschlagskraft vermissen. Schauspielerisch liefert das gesamte Ensemble jedoch eine gelungene Vorstellung ab, aus der Thomas Schoberts Interpretation des bösartigen Pumpilirio Holzebocke noch einmal herausragt. Auch der Chor zeigt musikalisch und schauspielerisch eine gute Leistung.
Fazit
Wer einem kurzweiligen Abend nicht abgeneigt ist und sich vorher die Grundzüge des Inhaltes zu Gemüte geführt hat, wird auf seine Kosten kommen. Vielleicht gelingt es ja auch beim nächsten Mal, daß die Sänger nicht gegen das Orchester kämpfen müssen, etwas, was auch vom Publikum als störend empfunden wurde.
M. Wasem

Bild: Michael Hörnschemeyer
Das Bild zeigt: Zuerst muss Norbert W. Conrads (Kommtzeitkommtrat) die Widersacher in die Flucht schlagen,
bevor er Joslyn Rechter (Fanferlieschen Schönefüßchen) die Sehkraft zurück geben kann.

Veröffentlicht unter Opern, Wuppertal, Opernhaus