von Richard Wagner (1813-1883), Große romantische Oper in 3 Akten, Text: Richard Wagner, UA: 19. Oktober 1845 Dresden, Hoftheater
Regie: Roland May, Bühne/Video: Oliver Kostecka, Kostüme: Luisa Lange
Dirigent: GMD Lutz de Veer, Philharmonisches Orchester Plauen-Zwickau, Opernchor und Extrachor, Choreinstudierung: Friedemann Schulz, Ballettsolisten,
Solisten: Karsten Schröter (Landgraf Hermann), Ricardo Tamura (Tannhäuser), Hinrich Horn (Wolfram), Raphael Wittmer (Walther), Marek Kalbus (Biterolf), Marcus Sandmann (Heinrich), Martin Scheepers (Reinmar), Katrin Kapplusch (Elisabeth), Nathalie Senf (Venus), Chrissa Maliamani (Hirt), u.a.
Besuchte Aufführung: 24. Mai 2013 (Premiere, Dresdner Fassung)
Der Minnesänger Tannhäuser hat lange Zeit im Venusberg zugebracht, dem legendären Zufluchtsort der Liebesgöttin. Tannhäuser verläßt sie, als er der erotischen Ekstase überdrüssig wird. Von seinen Freunden und künstlerischen Konkurrenten wird er überredet auf die Wartburg zu einem Sängerwettstreit zurückzukehren. Thema des Wettstreits ist das Wesen der Liebe. Der Preis wird von Elisabeth, der Tochter des thüringischen Landgrafen, vergeben, die Tannhäuser in Zuneigung ergeben ist. Während seines Beitrags gesteht Tannhäuser jedoch seinen Aufenthalt im Venusberg, und nur dank des Eintretens Elisabeths überlebt er, unter der Bedingung, nach Rom zu pilgern und für seine Verfehlung beim Papst um Absolution zu bitten. Der aber überantwortet Tannhäuser der ewigen Verdammnis, vor der ihn das selbstlose Opfer Elisabeths rettet.
Aufführung
Die Wartburg hat sich in einen Operettenstaat in der Übergangszeit der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts verwandelt. Viele Militär- und Feuerwehruniformen im deutschen Schnitt treffen auf das Volk in Tracht und Lederhose (Hirt) sowie zeitlose, angegraute Abendkleidung. Tannhäuser ist der bärtige Intellektuelle in Lederjacke oder abgewetzten Parka. Die Bühne variiert nur hinsichtlich des Hintergrundes, an den Seiten Rampen für den Chor, in der Mitte ein Podium für den Sängerkrieg – zu letzterem senkt sich noch ein Kronleuchter herab. Der Venusberg wird durch einen Lichtstrudel im Hintergrund symbolisiert. Der Bacchanten-Reigen ist eine anspruchsvolle Balletteinlage im fleischfarbenen hautengen Adams Kostüm. Danach öffnet sich die Rückwand mit einem Blick ins Wartburgtal – mit einem Baum im Vordergrund. Im letzten Akt fällt noch Laub auf die Bühne.
Sänger und Orchester
Selbst im Wagnerjahr 2013 ist es schwierig, die Titelrolle des Tannhäusers adäquat zu besetzen – man sucht händeringend Personal für die vielen Produktionen – landauf und landab. Da überzeugt Ricardo Tamura mit eisenhartem Stimmmaterial. Er ist ein strahlender Heldentenor mit viel Verve in der Mittellage und glänzenden mühelosen Strahlen in der Höhe – auch wenn er manchmal technische und konditionelle Probleme hat. Er profitiert vom Dirigat Lutz de Veers, dem es gelingt, das Orchester zum perfekten Begleiter der Singstimmen zu machen mit optimalem Tempo und Lautstärke. Dagegen stehen mit epochaler Wucht Orchesterstücke wie Ouvertüre, Bacchanal und Finale. Fulminant, wie im Finale der bestens präparierte Chor Der Gnade Heil forte verkündet und das Schlußmotiv in der Ewigkeit versandet. Aufmerksamkeit erregt Hinrich Horn als wohlklingender Wolfram. Er verfügt über einen warmen und volltönenden, dabei sehr beweglichen lyrischen Bariton, der über das Potential für zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten und Klangfarben verfügt. Große Freude bereitet dem Publikum der Auftritt von Chrissa Maliamani als junger Hirt. Ihre glockenklare, technisch sichere Höhe hört sich sehr füllig an. Katrin Kapplusch ist ein hochdramatischer, klarer, leicht fokussierender Sopran. Lyrische Momente findet man in der Hallenarie und im Gebet der Elisabeth Allmächtige Jungfrau weniger. Dafür findet der Dialog mit Tannhäuser Oh Fürstin auf gleicher Augenhöhe statt. Nathalie Senf ist mit zurückhaltenden warmen Mezzo eine verführerische Venus während Marek Kalbus dem Biterolf mit seinem hart klingenden Helden-Bariton eine unnahbare Gestalt gibt. Karsten Schröter stößt mit Landgraf Hermann an seine Grenzen und Raphael Wittmer kann den Kurzauftritt des Walther im Sängerkrieg nur wenig gestalten.
Fazit
In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurde an mitteldeutschen Theatern „viel Wagner“ gespielt – mit einem soliden Ensemble als Basis. In dieser Tradition darf man diesen Abend sehen, bis auf Ricardo Tamura und Marek Kalbus können die zentralen Rollen aus dem „engeren Umfeld“ des Theaters Plauen-Zwickau besetzt werden, die sich hochmotiviert einsetzen. Die Regie versucht die Wartburg als einen farbenfrohen Operettenstaat auch mit Videoprojektionen zu bebildern, hätte zwar auf manchen Einfall besser verzichtet, und – wenn man schon das hauseigene Ballett einbindet – das ganze Bacchanal der Pariser Fassung statt den kürzeren Bacchanten-Reigen tanzen lassen. Das Publikum bedankt sich mit frenetischem Applaus bei allen Beteiligten.
Oliver Hohlbach
Bild: Peter Awtukowitsch
Das Bild zeigt: Sängerkrieg auf der Wartburg