von Gaetano Donizetti, komische Oper in einem Akt, Libretto: Domenico Gilardoni nach den Komödien Le inconvenienze teatrali (1800) von Antonio Sografi. UA: 21. November 1827, Neapel, Theatro Nuovo
Libretto: Domenico Gilardoni nach den Komödien Le convenienze teatrali (1790) und Le inconvenienze teatrali (1800) von Antonio Sografi. UA: 21. November 1827, Neapel, Theatro Nuovo (Erstfassung), 21. November 1831, Mailand, Teatro della Canobbiana (Zweitfassung)
Deutsche Textfassung: Stefan A. Troßbach, Bearbeitung von Markus Bothe/Bodo Busse
Regie: Markus Bothe, Bühnenbild: Ricarda Beilharz, Kostüme: Dorothea Katzer, Dramaturgie: Bodo Busse
Dirigent: Cornelius Heine, Orchester, Herrenchor des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden
Solisten: Evgenia Grekova (Primadonna), Reinhold Schreyer-Morlock (ihr Ehemann), Simone Brähler (Seconda Donna) Bernd Hofmann (Mamm’Agata, ihre Mutter), Inga Lampert (Pipetta), Angus Wood (Tenor), Brett Carter (Komponist/Dirigent), Wolfgang Vater (Librettist/Dramaturg), Adalbert Waller (Impresario/Regisseur), Stefan Bieker (Inspizient)
Besuchte Aufführung: 25.1.2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Die Generalprobe zur neuen Oper Romulus und Ersilia kann nicht stattfinden, die Bühnentechniker streiken. Die Primadonna ist mit ihrer Arie und ihrem Kleid unzufrieden. Dem Tenor und Pipetta gefällt der Umfang ihrer Rollen nicht. Die zweite Sopranistin fühlt sich ebenfalls benachteiligt, ihre Mutter setzt sich lautstark für sie ein. Pipetta und der Tenor haben zu viel von dem Chaos und reisen ab. Nun müssen deren Rollen neu besetzt werden. Mama Agata soll die Hosenrolle und der Ehemann der Primadonna die des Romulus übernehmen. Nach einigen Wirrungen kehrt der Tenor zurück. Schließlich soll die Generalprobe stattfinden, dann bekommt der Regisseur die Nachricht, daß die Premiere auf Grund von finanziellen Problemen abgesagt wird. Mama Agata rettet die Oper, in dem sie Sponsoren aufgetrieben hat, die lediglich kleinen Änderungen verlangen.
Aufführung
Bereits vor Beginn der Oper hört man Lautsprecherdurchsagen. Vor dem eisernen Vorhang stehen ein Klavier und mehrere Männer in Alltagskleidung. Als noch allgemeines Gemurmel im Saal herrscht, beginnt ein Mann in der ersten Reihe lautstark zu telefonieren. Es ist der Dramaturg, bei voller Beleuchtung beginnt die Oper als tatsächliche Generalprobe des Wiesbadener Theaterhauses. Der Inspizient verkündet, daß durch den Streik der Bühnentechniker (wegen Tarifstreitereien) der eiserne Vorhang nicht geöffnet werden könne. Die Probe findet davor statt. Die Solisten erscheinen, der duckmäuserische Ehemann der Primadonna im karierten Pullunder, die Primadonna im seidenen Morgenmantel und Pantöffelchen, der Tenor in Boxershorts, Cowboystiefel und Frotteebademantel. Die Übertitel belustigen den Zuschauer mit den unterschiedlichsten Informationen von: Der Text bleibt derselbe bis die Koloratur zu Ende ist! bis zu einer Übersetzung der Mamm’Agata, ins Hessische. Der Herrenchor stürmt als streikende Bühnentechniker die Bühne und besetzt alle Saaleingänge, wobei sie ein ver.di-Plakate und Schilder hochhalten. Eine imposante, riesige Mama Agatha stürmt, wild mit ihrer Handtasche fuchtelnd, auf die Bühne. Der „echte“ Dramaturg, Dr. Klöbner und der „echte“ Regisseur Müller-Lüdenscheidt (Müller Lüdenscheid), liefern sich als Loriot-Hommage ein Wortgefecht. Auch die Rettung der Oper ist in die heutige Zeit versetzt: Die Änderungen, die von den Sponsoren verlangt wurden, sieht man im Schlußbild: Der eiserne Vorhang, sowie die Bühne, dienen als riesige Werbefläche.
Sänger und Orchester
Evgenia Grekova brilliert als Primadonna mit ihren ausgedehnten Koloraturen. Bernd Hofmann singt mit seinem wuchtigen Baß alle an die Wand, seine Darstellung der Mamm’Agata, unterstreicht die Komik dieser Opera buffa wunderbar. Angus Woods weicher, kraftvoller Tenor begeistert die Zuschauer und wird mit Bravo-Rufen belohnt. Brett Carter scheint als Dirigent seine Paraderolle gefunden zu haben, die Charakterrolle liegt ihm sängerisch sowie schauspielerisch bestens. Auch Simone Brähler (Seconda Donna) und Inga Lampert (Pipetta) fallen trotz kleiner Rollen mit ihren zarten und doch ausdrucksstarken Sopranstimmen positiv auf. Herrlich überzeichnet duellieren sich die eitle Primadonna und die gluckende Mamm’Agata. Selbst nach Ende der Oper bleiben die Darsteller in ihren Rollen, so jagt die Primadonna ihren Mann über die Bühne. Unzählbare kleine Gags werden verarbeitet, von Loriot über Sponsorenwerbung bis hin zu ver.di und der Finanzkrise.
Fazit
Mit Witz und Charme werden in Wiesbaden die immer noch aktuellen Probleme des Opernbetriebs in die heutige Zeit übertragen. Das Publikum lachte unentwegt, heute gab es keine Buhrufe. Ein rundum gelungener Abend, amüsant, unterhaltsam und kurzweilig.
Janine Schreier
Bild: Martin Kaufhold
Das Bild zeigt: Adalbert Waller (Impresario/Regisseur), Inga Lampert (Pipetta) und Simone Brähler (Seonda Donna) v.l.n.r.