AIDA – Hof, Theater

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Opera in vier Akten, Libretto: Antonio Ghislanzoni; UA: 1871 Kairo, Opernhaus

Regie: Klaus Kusenberg, Bühne: Günter Hellweg

Dirigent: Arn Goerke, Hofer Symphoniker, Opernchor und Extrachor am Theater Hof, Chorleitung: Cornelius Volke

Solisten: Tamara Haskin (Aida), Mario Zhang (Radames), Roswitha Christina Müller (Amneris), Sangmin Lee (Amonasro), Jens Waldig (Ramphis), Hyung Wook Lee (König), Matthias Frey (Bote), Inga Lisa Lehr (Oberpriesterin)

Besuchte Aufführung: 20. September 2013 (Premiere)

Hof-AidaKurzinhalt

Die äthiopische Prinzessin Aida wird am Hof der Ägypter als Sklavin gefangengehalten. Dort verliebt sie sich in den Heerführer Radames, der ihre Liebe erwidert. Doch auch Amneris, die Tochter des Pharao, liebt Radames und sieht in Aida eine Rivalin. Als Aidas Vater Amonasro von den Ägyptern gefangen wird bittet er seine Tochter, von Radames die Kriegspläne der Ägypter gegen sein Volk in Erfahrung zu bringen. Hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu Radames und ihrer Heimat verrät sie die geheimen Pläne und drängt Radames zur Flucht. Amneris belauscht die beiden und, getrieben von Eifersucht, verrät sie Radames. Dieser wird wegen des Verrats an seinem Lande von den Hohepriestern zum Tode durch Einmauern verurteilt. Weil sie ohne ihn nicht leben will, geht Aida zu ihm in die unterirdische Todeskammer.

Aufführung

Das Bühnenbild ist zeitlos und unverortbar. Zwei drehbare Seitenwände und die Rückwand zeigen symmetrisch angeordnete Kreuze, wie man sie aus optischen Geräten von Kameras oder Feldstechern kennt. Dadurch werden, je nach Beleuchtung, Tiefeneffekte möglich, und wenn sich auch noch der transparente Rampenvorhang senkt, wird ein 3D-Effekt erzeugt. Zusätzlich lassen sich Figuren auf die Wände projizieren, so daß durch wenige Requisiten Assoziationen zu konkreten Situationen ermöglicht werden: Offenes Feuer in einem Kamin steht für die Priester und deren Tempel, eine Modenschau mit Kosmetikerinnen, Spiegeln, einem Friseurstuhl und Modebeuteln stehen für die Welt der Amneris. Der Triumphmarsch, der eher eine Antikriegsdemonstration ist, wird von der Herrscherfamilie aus einem Auto herab beobachtet, während Soldaten Leichensäcke und Gefangene herbeischleppen. Die Priester könnten jeder Religion angehören, Soldaten tragen heutige Militäruniformen, die Damen Designer-Abendkleider.

Sänger-Orchester

Arn Goerke führt die Hofer Symphoniker zu einem Abend, an dem selbst Giuseppe Verdi seine Freude gehabt hätte. Unter seiner Leitung verbreitet das  Orchester mit viel Esprit und Gefühl einen italienischen Klang, der weder monumental, noch bombastisch ist. Er versucht eher die inneren Ereignisse hörbar zu machen. Bestechend die Leistung des verstärkten Chores, der sich in kurzer Zeit zu einem harmonischen Klangkörper entwickelt hat.

Auch die Sängerriege kann man als Erfolg für das Hofer Theater verbuchen: Tamara Haskin ist eine sehr wortverständliche Aida und überzeugt auch in den technisch schwierigen Passagen wie auch den hohen Spitzentönen – z.B. in den großen Ensembles am Ende des zweiten Aktes Gloria all’ Egitto – Gepriesen sei Ägypten. Leider kann sie sich nicht gegen die stimmliche Präsenz und Durchschlagskraft von Roswitha Christina Müller (Amneris) durchsetzen. Ihr dramatischer Sopran setzte ihren Neid und die Gemeinheiten auch stimmlich in Szene – sehr schön zu hören in dem Duett mit Aida im  zweiten Akt Fu la sorte – Das Glück war nicht hold. Mario Zhang (Radames) ist ein Tenor mit einer schönen Stimme, die jedoch viel zu eng geführt wird und meist kehlig und unschön klingt. Die hohen Töne wirken unsicher – die Auftrittsarie Celeste AidaHolde Aida wird zur Wackelpartie. Ganz anders Sangmin Lee als Amonasro: Dieser heldische Bariton kann volltönend die Leiden des Verlierers anbringen. Hyung Wook Lee ist eine sichere Bank als König, genauso wie Jens Waldig als Ramfis.

Fazit

Der Applaus wirkt zweigeteilt: Die musikalische Seite der Produktion wird einhellig gefeiert, während es nur zu freundlichem Applaus für die Regie reicht: Das ist damit erklärbar, daß manchen Zuschauern Aspekte der Inszenierung unklar blieben, selbst wenn man einräumen muß, daß man diese Inszenierung (hauptsächlich in den ersten beiden Akten) als modern, aber doch auch als werkgetreu bezeichnen kann. Und in den letzten beiden Akten werden im wesentlichen nur noch die Liebe-Haß-Beziehungen thematisiert – und das bei eigentlich leerer Bühne. Die vornehmlich in den ersten beiden Akten stattfindende Rahmen-Handlung wurde ins heutige Arabien verlagert – mit bildlichen Darstellungen des Aufstandes vom Tahir-Platz oder des arabischen Frühlings. Ägypten-Folklore gibt es nicht.

Oliver Hohlbach

Bild: SFF Fotodesign

Das Bild zeigt: Tamara Haskin (Aida), Roswitha Christina Müller (Amneris)

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