von Giuseppe Verdi (1813-1883), Dramma lirico in vier Akten, Libretto: Arrigo Boito nach Othello, the Moore of Venice, UA: 5. Februar 1887 Mailand, Teatro alla Scala
Regie: Gabriele Rech, Bühne: Dieter Richter, Kostüme: Gabriele Heimann
Dirigent: Guido Johannes Rumstadt, Staatsphilharmonie Nürnberg, Chor und Extrachor und Jugendchor des Lehrergesangsvereins Nürnberg, Choreinstudierung: Tarmo Vaask
Solisten: Vincent Wolfsteiner (Otello), Ekaterina Godovanets (Desdemona), Mikolaj Zalasinski (Jago), Sergio Blazquez (Cassio), Hans Kittelmann(Roderigo), Taehyun Jun (Lodovico), Sebastien Parotte (Montano), Judita Nagyova (Emilia), Daniel Dropulja (Herold)
Besuchte Aufführung: 5. Oktober 2013 (Premiere)
Nach dem Sieg über die Türken kehrt der Venezianer Otello nach Zypern zurück. Während der Siegesfeier beginnt Jago seine Intrige: Er verleitet Cassio dazu sich zu betrinken, worauf Otello diesen suspendiert. Dann schickt Jago Cassio zu Otellos Geliebter Desdemona, um über sie eine Begnadigung zu erlangen. Otello belauscht das Gespräch der beiden, was bei ihm Eifersucht hervorruft. Jago spricht Cassio auf seine Liebe zu Bianca an, worauf dieser ihm Desdemonas Taschentuch zeigt, das er für ein Geschenk Biancas hält. Jago zeigt Otello das Taschentuch, das er für das Desdemonas hält. Nun überfällt ihn die Eifersucht ungebremst, und er erdrosselt Desdemona. Beim Eintritt der Helfer ersticht sich Otello neben ihrem Leichnam.
Aufführung
Das Bühnenbild zeigt einen venezianischen Palast mit leichten Abnutzungserscheinungen. Im ersten Akt ist das Portal gekrönt von einem venezianischen Löwen. Im zweiten Akt blicken wir in einen großen Saal des Palasts, der mit einem durchsichtigen Vorhang nach hinten abgegrenzt wird. Im Séparée sind zwei Damen mit der Truppenbetreuung beschäftigt. Im Vordergrund wird ein massiver Billard-Tisch hin und her geschoben, er dient auch als Plattform für das Kinderstück. Für den Auftritt des Chores wird die linke Seitenwand aufgeklappt, nur Emilia findet einen schmalen Einlaß. Im Schlußbild wird der Billard-Tisch gegen ein breites Ehebett getauscht. Die Herren tragen amerikanische oder italienische Militäruniformen des 20. Jahrhunderts, die Damen bunte Abendkleider. Desdemona ist im Ehebett mit einem weißen Brautkleid gekleidet.
Sänger und Orchester
Eigentlich hätte Guido Johannes Rumstadt versuchen müssen, das bestens aufgelegte Orchester zur Zurückhaltung anzuhalten, denn für die musikalische Untermalung dieser typisch italienischen Tragödie ist etwas besonders notwendig: Zurückhaltung! Doch die eindringliche Sturmschilderung im Orchester oder der eigentlich verhalten zu gestaltende Jubel-Chor gehen im furioso fortissimo des Orchesters unter – obwohl der Chor an der Rampe steht, geht in Jagos Trinklied die musikalische Raffinesse verloren. Erst ab dem zweiten Akt gelingt es, mit massiver Unterstützung der Solisten, eine tiefschürfende und damit mitleiderregende musikalische Beschreibung der inneren Handlung zu gestalten. An erster Stelle ist Vincent Wolfsteiner zu nennen. Er ist ein Tenor, der Tristan und Otello gestalten kann, ist aber eher ein deutscher Heldentenor. Und so gestaltet er Otello zunächst als harmlosen, lyrischen Tenor, der allerdings schon zu Beginn des zweiten Aktes vollständig in die dramatischen Fieberphantasien und Wahnsinnsträume (eines Tristans) hinübergleitet. Da hilft es auch nichts, daß er erst viel später sich schwarz ärgert (wobei er sein Gesicht schwärzt), ihm fehlen die Nuancen und gestalterischen Mittel, um das langsame Abgleiten über drei Akte darzustellen.
Unterstützung seitens der Regie war hierbei wenig zu spüren.
Ekaterina Godovanets gibt der Desdemona eine jugendliche Ausstrahlung, besonders in der klaren Höhe und ebensolchen Tiefe. Ihr weicher, gestaltungsfähiger Sopran reißt auch das Publikum von den Sitzen – spätestens bei ihrem einfühlsamen Gebet. Mikolaj Zalasinski ließ sich zwar als indisponiert ansagen, jedoch machte er deutlich, daß er die Rolle des Jago abgrundtief böse gestalten kann, sein Credo des Bösen treibt Schauder auf den Rücken. Die Nebenrollen waren bis auf Cassio gut besetzt. Sergio Blazquez ist ein schwacher Tenor, der mit Intonationsproblemen zu kämpfen hatte. Hingegen konnte Hans Kittelmann aus der kleinen Rolle des Rodrigo viel herausholen und ließ so aufhorchen. Ebenso Judita Nagyova (Emilia) als witziger spritziger Mezzo. Der Chor zeigt gerade im Zusammenspiel zwischen Männer- und Frauenstimmen ein ungemein ausgewogenes und harmonisches Zusammenspiel, wirkt aber seltsam emotionslos. Besonders erwähnenswert der Kinderchor, der die Huldigung Desdemonas wirklich herzergreifend und musikalisch einwandfrei in kindlich hoher Stimmlage ausführt.
Fazit
Eigentlich wird diese Oper unter dem Originaltitel Otello auf den internationalen Spielplänen geführt. Jedoch erregte die Verwendung des deutschen Titels Othello beim Publikum keine Aufmerksamkeit. Und so feierte man ausgelassen einen musikalischen und szenischen Höhepunkt zum Auftakt der neuen Spielzeit.
Oliver Hohlbach
Bild: Ludwig Olah
Das Bild zeigt: Vincent Wolfsteiner (Otello) und Ekaterina Godovanets (Desdemona)