Parma, Verdi-Festival Teatri Regio di Parma

I Masnadieri – Die Räuber

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Melodramma tragico in 4 Akten, Libretto: Andrea Maffei nach dem Schauspiel Die Räuber (1780) von Friedrich von Schiller, UA: 22. Juli 1847 London, Her Majesty’s Theatre

Regie: Leo Muscato, Bühne: Federica Parolini, Kostüme: Silvia Aymonino, Licht: Alessandro Verazzi

Dirigent: Francesco Ivan Ciampa, Filarmonica Arturo Toscanini, Chor des Teatro Regio di Parma, Choreinstudierung: Martino Faggiani

Solisten: Mika Kares (Graf Massimiliano Moor), Roberto Aronica (Carlo), Damiano Salerno (Francesco), Aurelia Florian (Amalia), Antonio Corianò (Arminio), Giovanni Battista Parodi (Pastor Moser), Enrico Cossuta (Rolla)

Besuchte Aufführung: 23. Oktober 2013 (Premiere 18. Oktober 2013)

Parma MasnadieriKurzinhalt

Durch Fälschen mehrere Briefe kann Francesco, der jüngere Sohn des Grafen, seinen älteren Bruder Carlo von Schloß und Erbe vertreiben. Graf Massimiliano wird bei dem falschen Bericht über Carlos Tod ohnmächtig und für tot gehalten. Danach flüchtet Amalia, Carlos Geliebte, vor dem sie bedrängenden Francesco und findet im Wald ihren Carlo. Einige Zeit später entdeckt Carlo seinen fast verhungerten Vater Massimiliano und rettet ihn. Ohne sich als Sohn zu erkennen zu geben, kommen sich Vater und Sohn näher. Die Räuberbande überfallen das Schloß, doch Francesco kann unerkannt entkommen. Jetzt muß Carlo Amalia die Wahrheit über sein Räuberleben mitteilen. Durch die Erschütterung der Wiederbegegnung mit seinem Vater und der Unmöglichkeit, Amalia an seinem Leben als Räuber teilnehmen zu lassen, sieht er den einzigen Ausweg darin, sie zu töten.

Vorbemerkung

Jedes Jahr feiert Parma Giuseppe Verdi, der in dem 36 Km entfernten Ort Le Roncole am 10. Oktober 1813 geboren wurde. Dieses Jahr ist die zweihundertste Wiederkehr seines Geburtstags, was den etwas größeren Aufwand an Aufführungen verursachte. Neben den Opern Simon Boccanegra, Falstaff und I Masnadieri (Die Räuber) gab es noch ein größeres Orchesterkonzert mit Ausschnitten aus den Opern Macbeth, Otello, Macht des Schicksals, Aida und dem Requiem. Die Aufführungsorte waren das Theater der kleinen Stadt Busseto, 5 Km von Le Roncole entfernt, wo Verdi das Gymnasium besuchte und woher seine erste Frau, Margherita Barezzi, stammte, sowie das prächtige Theater in Parma (Teatro Regio) selbst, wo OPERAPOINT eine Aufführung von I Masnadieri besuchte.

Man erlebt in keinem der Verdi-Stätten, auch nicht in seinem Landhaus Sant’Agata, glücklicherweise viel Andrang. Die Stadt Parma mit ihrem überreich ausgemalten Dom sowie dem daneben aufragenden Baptisterium ist ausgesprochen besucherfreundlich und lädt in viele hübsche Restaurants den Tourist zu Prosciutto di Parma oder Culatello (Spezialschinken) ein.

Aufführung

Auf dem Bretterfußboden in Bühnenmitte trafen sich zu Anfang die Räuber mit Carlo in der Mitte. Carlos Kleider bestanden aus brauner Hose, die in Stiefel steckten und einem Hemd ohne Kragen. Die Räuber waren ähnlich gekleidet und trugen auf dem Rücken meist einen Tornister. Aus Kisten erhielten sie Revolver, Gewehre, Streitäxte, Sensen oder schwere Schlagstöcke.

Im ersten Bild, ein Zimmer im Schloß, sah man als einzigen Gegenstand einen breitauslandenden Stuhl, ähnlich einem Thron. Graf Massimiliano wurde im Bett hereingefahren. Später erblickte man hochstämmige Bäume. In deren Mitte fand sich eine Lichtung, auf der sich die Räuber trafen und von ihrem Raubzug nach Prag berichteten, wobei im Hintergrund ein rötlicher Lichtschein das Feuer der Brandschatzung Prags andeutete. Im dritten Akt entdeckte Carlo seinen Vater, Graf Massimiliano. Dieser entstieg einer Fallgrube in Bühnenmitte.

Amalia, anfänglich in hellweißem Kleid, später, bei ihrer Flucht in den Wald, trug sie über ihrem roten Kleid einen langen Mantel. Francesco war in eine prächtige Uniform gekleidet. Die Diener und auch Arminio hatten rote Rokoko-Kostüme an und beleuchteten die Szene des öfteren mit ausladenden Kerzenkandelabern.

Sänger und Orchester

Die von Trauer und Sehnsucht erfüllte Violoncello-Kantilene, mit der Verdi in seinem Präludium die Oper eröffnete, gab die rechte Stimmung für diese Schillersche Tragödie. Librettist Andrea Maffei hatte den Schillertext auf die leidvolle Geschichte des verstoßenen Sohns reduziert und alle soziale Elemente herausgelassen. Dieses Violoncello-Solo schrieb Verdi für seinen Freund Alfredo Piatti, der kurze Zeit vorher Solocellist des Majesty Theatre-Orchesters geworden war. Die Solistin Diana Cahanescu war ihrem Vortrag über die Maßen überaus gut gewachsen, was auch der Sonderapplaus bezeugte.

Schon im ersten Auftritt fiel Tenor Roberto Aronica (Carlo) mit seiner eindrucksvollen Bühnenpräsenz und ebenso mit seiner energiegeladenen Stimme auf. Ihm traute man durchaus die Figur des Räuberhauptmanns zu. Ein wenig mehr dynamische Ausgewogenheit hätte ihm dennoch gut getan. Er sang durchweg forte, doch seine wenigen Pianostellen berührten angenehm. Ihm zur Seite stand Aurelia Florian (Amalia), die vor allem in den Duetten mit Carlo gefiel. Zu Anfang hatte sie Schwierigkeiten mit den tieferen Tönen, z.B. D´ in Lo sguardo avea degli angeli – sein Gesicht glich dem der Engel, und mit den Koloraturen ging sie sorglos um. Jedoch gelang ihr in der folgenden Kabaletta der lange Triller auf D´´ einwandfrei. Auch in der Folge war es ähnlich, mal sang sie rhythmisch einwandfrei, mal scherte sie sich wenig darum. Insgesamt war ihr Bühnenausdruck ihrer Rolle gemäß und besonders in ihrer Arie Carlo vive – Carlo lebt war ihre Freude überschäumend.

Der „Bösewicht“ der Oper ist zweifellos Francesco. In Deutschland hat sich da der Ausdruck Franz heißt die Kanaille seit der Uraufführung der Räuber eingebürgert. Dem nun wurde Damiano Salerno (Francesco) in keiner Weise gerecht. Er war zu lieb und wenig auffällig, aber seine Baritonstimme drang angenehm in die Ohren.

Kommen wir zum besten Sänger des Abends. Hier ist Mika Kares (Graf Massimiliano) zu nennen. Sein Baß ist geschmeidig und wohltönend. Es gelingt ihm die hohen wie die tiefen Tonlinien angenehm zu timbrieren. Es ist eine wahre Wohltat, ihm zuzuhören. Ausgezeichnet singt auch der Chor, der besonders die Einsätze mit Bravour meistert. Zum Ende ist lobend auch Dirigent Francesco Ivan Ciampa anzuführen, der mit elastischer Hand und großem Einfühlungsvermögen das Orchester rhythmisch und, vor allem in der Dynamik, mit großem Geschick leitet. Ihm war es zu verdanken, daß der Abend musikalisch gelang.

Fazit

Eine musikalisch und szenisch gelungene Aufführung. Die Sänger hatten wohl zu wenig Probezeit, um ihr Potential auszuschöpfen?

Bleibt zum Schluß noch zu erwähnen, daß das Programmheft zum Nutzen des Publikums den gesamten Text des Librettos aufweist.

Dr. Olaf Zenner

(Das Verdi-Festival war Ziel der diesjährigen Musikstudienreise des Vereins zur Pflege klassischer Musik.)

Bild: Roberto Ricci Teatro Regio di Parma

Das Bild zeigt:( v.l.n.r.) Mika Kares (Massimiliano), Roberto Aronica (Carlo), Aurelia Florian (Amalia)

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