DIE SIZILIANISCHE VESPER – Freiburg, Theater

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in fünf  Akten, Libretto: Eugène Scribe und Charles Duveyrier, UA: 13. Juni 1853 Paris, Opéra, Salle de la rue Le Peletier

Regie: Michael Sturm, Bühne: Stefan Rieckhoff, Kostüme: Stefan Rieckhoff, Licht: Markus Bönzli, Dramaturgie: Dominica Volkert

Dirigent: Fabrice Bollon, Philharmonisches Orchester Freiburg, Opernchor, Choreinstudierung: Bernhard Moncado

Solisten: Juan Orozco (Guy de Montfort), Liene Kinca (Elena), James Lee (Arrigo), Jin Seok Lee (Giovanni da Procida), Taiyu Uchiyama (Bethune), Evert Sooster (Vaudemont), Shinsuke Nishioka (Danieli), Alejandro Lárraga Schleske (Robert), Qiu Ying Du (Ninetta), Volker Stief (Thibaut), Se-Hun Jin (Manfredo), Christoff Mortagne (Federigo, Elenas Bruder), Anja Hildenbrand (Santa Rosalia)

Besuchte Aufführung: 23. November 2013 (Premiere, italienische Fassung)

Freiburg Sizil VesperKurzinhalt

Im Jahr 1282 ist Sizilien von Frankreich besetzt. Der Widerstandskämpfer Arrigo ist in die Herzogin Elena verliebt, deren Bruder vom französischen Gouverneur Guy de Montfort getötet wurde. Elena möchte auf Arrigos Liebe eingehen, wenn er dafür ihren Bruder rächt. Gemeinsam mit dem Demagogen Procida wollen sie den Umsturz in Sizilien herbeiführen. Dann jedoch eröffnet Montfort Arrigo, daß dieser in Wahrheit sein Vater ist. Während eines Maskenballs verhindert der hin und her gerissene Arrigo einen Anschlag auf Montfort, und die Revolutionäre werden gefangen. Montfort jedoch möchte keine weitere Gewalt. Im Zeichen des Friedens setzt er die Hochzeit zwischen Arrigo und Elena an. Als die Glocken läuten, dient dies jedoch als geheimes Startsignal für das zwischenzeitlich von Procida in die Wege geleitete Gemetzel an den Franzosen, der sogenannten „Sizilianischen Vesper.“

Aufführung

Die Freiburger Aufführung bleibt alles in allem recht nah an der Textvorlage, insbesondere hinsichtlich der Personenführung. Der Bühnenraum ist monochrom und abstrakt, während die Kostüme und Requisiten sich am 19. Jahrhundert orientieren. So tragen die französischen Soldaten eine Schärpe mit ihren Nationalfarben, Procida steigt bei seinem ersten Auftritt aus einem Boot etc. Zwei zusätzliche stumme Figuren ergänzen das Personal: Helenas toter Bruder Federigo erscheint mehrmals. Hinzu kommt als Statue die Schutzheilige Palermos, Santa Rosalia, die zu Beginn des Vierten Aktes einmal kurz zum Leben erwacht.

Der gewichtigste Einfall wird für den Schluß aufbewahrt: Wo das Libretto das Schicksal der Figuren noch offen läßt, fährt hier eine blutbefleckte Wand herab, hinter der alle tot niedersinken. Alleine Procida bleibt stehen und schwenkt dämonisch lachend die italienische Flagge, wodurch die Regie eine klare Haltung gegen den im Stück permanent verkündeten Patriotismus bezieht.

Sänger und Orchester

Vokal am stärksten imponieren an diesem Abend Juan Orozco als Montfort sowie Jin Seok Lee als Procida. Beide wirken in ihren Arien und Ensembleszenen stimmlich extrem präsent und singen ohne Schärfe. Dazu kommt, daß Orozco als aufrichtiger Tyrann authentisch wirkt und Lee den Procida so subtil gibt, daß seine Bosheit erst ganz am Schluß zutage tritt. Liena Kinca (Elena) und James Lee (Arrigo) waren für die Premiere eigentlich nur die Zweitbesetzung, erwiesen sich jedoch als überaus taugliche Einspringer. Kinca war ihre Indisponiertheit kaum anzumerken, nur im Merci, dilette Amici hielt sie sich ein wenig zurück. Wie der Rest des Ensembles forcierte James Lee den emotionalen Textschwulst durch seinen pathetischen Vortrag noch, gewann aber dabei. Als Arrigo zeigte Lee, daß er die Eigenschaften für einen italienischen Heldentenor allesamt mitbringt, besonders eine tragfähige und glänzende Höhe. Das Philharmonische Orchester Freiburg unter Fabrice Bollon ging mit viel Ernst und Italianità zu Werke, auch wenn das Orchester Vokalsoli gelegentlich zudeckte. Der verstärkte Opernchor des Theater Freiburg agierte gewohnt klangmächtig. Die vielen Chorszenen im Stile der Grand Opéra glückten auch dank guter Abstimmung der einzelnen Gruppen untereinander. Die vielen kleinen Nebenrollen wurden souverän bewältigt, so daß auch der Ensembleklang stets überzeugen konnte.

Fazit

Die Inszenierung trug insgesamt wenig dazu bei, die bekannten Schwächen des Librettos, die ein Grund dafür sind, warum das Stück in der Gegenwart selten gespielt wird, auf irgendeine Art und Weise auszugleichen. Auch die Symbolik der kurzen Videoprojektion zu Beginn blieb zu vage. So verschob sich die Aufmerksamkeit automatisch in Richtung der Musik, was dank der hohen Qualität der Aufführung sicher nicht das Schlimmste war. Viel Applaus gab es am Premierenabend für Sänger und Orchester, weder Buhs, noch Bravi für die Regie.

Aron Sayed

Bild: Maurice Korbel

Das Bild zeigt: Jin Seok Lee (Giovanni da Procida)

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