von Richard Wagner (1813-1883), Libretto vom Komponisten, Vorabend zum Bühnenfestspiel Der Ring des Nibelungen, UA 1869 München, Hoftheater
Regie: Georg Schmiedleitner, Bühne: Stefan Brandtmayr, Kostüme: Alfred Mayerhofer
Dirigent: Marcus Bosch, Staatsphilharmonie Nürnberg
Solisten: Egils Silins (Wotan), Roswitha Christina Müller (Fricka), Michaela Maria Mayer (Freia), Martin Berner (Donner), David Yim (Froh), Vincent Wolfsteiner (Loge), Antonio Yang (Alberich), Hans Kittelmann (Mime), Taehyun Jun (Fasolt), Nicolai Karnolsky (Fafner), Leila Pfister (Erda), Hrachuhi Bassenz (Woglinde), Leah Gordon (Wellgunde), Judita Nagyova (Floßhilde)
Besuchte Aufführung: 30. November 2013 (Premiere)
Alberich wirbt um die drei Rheintöchter, die ihn aber nur verspotten. Daraufhin entsagt er der Liebe und stiehlt ihnen das Rheingold. Aus diesem Gold läßt er einen machtvollen Ring schmieden, mit dessen Kraft er sich die Nibelungen untertänig macht. Die Riesen Fafner und Fasolt haben für den Gott Wotan die Burg Walhall erbaut, und fordern nun von ihm als ihren Lohn die Göttin Freia. Doch Wotan will Freia nicht herausgeben, und der intrigante Gott Loge überzeugt ihn davon, als Ersatz Alberich den Ring und das Rheingold wieder zu entreißen. Alberich verflucht den Ring, den Wotan den Riesen reicht, um Freia zu erlösen. Fafner erschlägt seinen Bruder, die Götter aber ziehen in die Burg Walhall ein.
Aufführung
Was ist das Rheingold? In der Bebilderung von Georg Schmiedleitner gibt es keinen Rhein, sondern nur große quadratische zu einer Regalwand aufgestapelte Wasserbehälter, in denen die Rheintöchter im kurzen Kleidchen baden und mit Alberich herumalbern. In einem stählernen Behälter befindet sich eine goldene Flüssigkeit, die Alberich raubt indem er es auf seinen entblößten Oberkörper schmiert. Die golden gefärbten Nibelungen (mit Gasmaske) streichen damit die Stahlträger von Nibelheim. Erda kommt barbusig als Dschungelkönigin, Freia trägt ein weißes Kleid mit Rüschenrock, der den Blick auf die blauen Flecken freigibt, die Folge der Mißhandlung durch die Riesen. Trotzdem ist sie die einzige, die um Fasolt trauert. Wenn Wotan im hellbraunen Mantel, den er gegen den Morgenrock getauscht hat, Alberich den Ring vom Finger schneidet, spritzt viel Blut. Das Rheingold befindet sich in kleinen Plastikkanistern, die Freia nicht verdecken können. Dafür korrespondieren sie mit den 12.000 zusammengepreßten Plastikflaschen, aus denen das übrige Bühnenbild besteht.
Sänger und Orchester
Eine der Vorzüge dieser Vorstellung ist ohne Zweifel das Duell zwischen Alberich und Wotan auf hohem sängerischem Niveau. Egils Silins rettet als Einspringer zuerst die Premiere, dann beweist er, daß er den Wotan an großen Häusern wie Paris zu Recht singt. Gegen Antonio Yang als Alberich kann er sich jedoch nicht behaupten, denn dieser gibt mit seinem tief fundierten Baßbariton alles Klangvolumen, das möglich ist, verliert dabei niemals die Gesangslinie und ist darüber hinaus beispielhaft wortverständlich. Vincent Wolfsteiner hat das Klangvolumen eines Heldentenors, aber als Nachwuchskraft erarbeitet er sich einen lyrischen Loge, der seine Gefühlsausbrüche überzeugend gestalten kann – bis hin zu Immer Undank! David Yim als etwas schwacher Froh und Hans Kittelmann als eloquent verständlicher Mime sind in den übrigen Tenorrollen gut aufgehoben. Taehyun Jun tremoliert als Fasolt viel zu heftig, während Nicolai Karnolsky über die richtige, in der Tiefe sicher aufgestellte markige Baß-Stimme verfügt, um Fafner einen abgründigen Charakter zu verleihen. Roswitha Christina Müller gestaltet mit ihrem weichen Mezzo die Fricka als charmante Göttermutter, anstelle einer bösartigen Gattin, wie sie für die Walküre erwartet wird. Michaela Maria Mayer ist auch stimmlich die liebliche Freia, Leila Pfister die schrille Erda-Urwald-Hexe, Martin Berners Bariton ist zu hell timbriert für den Donner, auch wenn er seine Heda, Hedo voll aussingen kann.
Der musikalische Vater des Erfolges ist Marcus Bosch. Seine Einstudierung verfolgt zum einen die klare Ausziselierung der Leitmotive, dagegen spielt er die monumentale Wucht Wagners herunter. Gerade die Zwischenmusiken oder den Einzug nach Walhall hat man als quasi kammermusikalische Dichtungen selten so gekonnte dargeboten. Beispielhaft die Zusammenarbeit mit den Sängern, die nie zugedeckt werden, auch wenn es doch ab und an Probleme im allgemeinen Zusammenspiel gibt.
Fazit
Wieder einmal zeigt das Regietheater sein Gesicht: Mit einem Reigen poppiger Einfälle gelingt ein Abend, der mehr unterhalten will, als er die Abgründe menschlicher Psyche mit Brutalität zudecken kann. Nach zwei fesselnd-spannenden Stunden feiert das Publikum den Einstieg in die zweite Ring-Produktion nach 2003. Auch wenn sich manche kritische Stimmen fragen, mit welchen Mitteln der Ring fortgesetzt werden soll, denn ab der Walküre geht es darum, Menschen und ihre Nöte zu dramatisieren. Musikalisch wird Marcus Busch für seine verhaltene und wenig leidenschaftliche Interpretation gefeiert, denn selten erlebt man eine solche Klangtransparenz.
Oliver Hohlbach
Bild: Ludwig Olah
Das Bild zeigt: Der Rhein mit Rheintöchtern