von Franz Lehár (1870-1948), Operette in drei Akten, Libretto: Victor Léon und Leo Stein nach Henri Meilhac L‘attaché d‘ambassade UA: 28. Dezember 1905 Wien, Theater an der Wien
Regie: Francois de Carpentries, Bühne: Andreas Becker, Kostüme: Karine van Hercke
Dirigent: Roland Fister, Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg, Chor des Landestheaters Coburg
Solisten: Gabriela Künzler (Hanna Glawari), Falko Hönisch (Graf Danilo), Michael Lion (Baron Zeta), Julia Klein (Valencienne), Joel Annmo (Camille de Rosillon), Stephan Ignaz (Njegus), u.a.
Besuchte Aufführung: 8. Januar 2014 (Premiere)
Die verwitwete Hanna Glawari steht als millionenschwere Erbin im Mittelpunkt des Interesses der Pariser Gesellschaft. Der pontevidrinische Gesandte Baron Zeta ist bestrebt, Hannas Vermögen mittels einer erneuten Heirat – mit Graf Danilo – für sein Vaterland zu sichern. Dabei übersieht Zeta, daß der charmante Pariser Camille de Rossillon seine Gattin Valencienne umwirbt. Zwischen Danilo und Hanna – sie kennen sich schon seit Kindertagen – entbrennt erneut die Liebe. Doch Danilo möchte nicht als „Erbjäger“ erscheinen. Nachdem Hanna vorgibt, im Falle einer erneuten Heirat ihr Vermögen zu verlieren, kann er ihr seine Liebe gestehen. Daraufhin ergänzt Hanna ihre Aussage: Das Vermögen falle an den neuen Ehemann.
Aufführung
Ein einfaches, aber ausdrucksstarkes Bühnenbild erwartet den Besucher: Vier Stufen führen mittig zu einer säulenumstandenen Empore. Der Raum zwischen den Säulen kann mit Fenstern, Türen oder Wänden, mit und ohne Beleuchtungseffekte ausgefüllt werden. Im ersten Akt stehen hier Sofas, Sessel, Skulpturen, und an der Wand hängt der gütig lächelnde Landesvater, solange bis die Gerichtsvollzieher alles beschlagnahmen, denn das Land ist pleite. Auch Njegus kann das nicht verhindern.
Im zweiten Akt steht hier ein drehbares, begrüntes Separee, in dem das Vilja-Lied von der Glawari in ungarischer Tracht heimatnah dargebracht wird. Den Reitersmann singt sie vom historischen Karussell-Pferd zur linken. In der Überleitung zum dritten Akt darf das türkische Faktotum Njegus satirisch über die Verbindung von skrupellos gewinnsüchtigen Banken, Staatspleiten und der Beteiligung des kleinen Mannes daran sinnieren. Nach dem Öffnen des Vorhanges wandelt sich die Empore zu einem Show-Kabinett für die Grisetten. Die Garderobe entstammt der Endphase des Kaiserreiches mit Ausblick auf die Tanzgarderobe der Zwanziger Jahre – irgendwo zwischen Berlin, Wien und Paris.
Sänger und Orchester
In der Tat macht es durchaus Sinn, die heitere Operette Lustige Witwe von einem Opern-Ensemble produzieren zu lassen. Schon die hohen Ansprüche des Vilja-Liedes der Hanna Glawari verlangen einen durchschlagsstarken, aber dennoch beweglichen Sopran mit Tendenz zum dramatischen. Hier ist Gabriela Künzler als Mezzo mit Tendenz zum Alt in ihrem Element, ihr Piano klingt vollständig transparent und tragend. Beim Reitersmann, genauso wie im ersten Akt, beginnen jedoch ihre Probleme, wenn eher die heitere Eloquenz einer Soubrette gefragt ist. Zu schwer wirkt hier die Stimme und das führt zu gefährlichen Schärfen. Ihr Gegenspieler, Falko Hönisch als Graf Danilo, ist ein Operettentenor par excellanze, er beherrscht die entsprechenden Effekte, singt auch die hohen Töne voll aus, das Vaterland besingt er mit beschwipsten lässigen Charme. Michael Lion ist der schwere Baß-Bariton im Ensemble. Seine Stimme wird immer runder, sonorer und in der Tiefe immer fundierter. Damit kann er auch die Rolle des Baron Zeta mit der entsprechenden Eloquenz gestalten. Julia Klein setzt ihm als seine Ehefrau Valencienne die Hörner auf. Sie hat eine weiche, mädchenhafte Stimme, hat aber hörbar mehr Potential als eine normale Soubrette. Sie betrügt ihn mit Camille de Rosillon, gespielt von Joel Annmo, einem soliden Nachwuchstenor, mit einer aufblühenden Stimme, wie eine Rosenknospe.
Roland Fister geht in seinem Dirigat zunächst mit hohem Tempo voran, findet jedoch für die Sänger das passende Tempo und nimmt die Lautstärke als Begleit-Orchester für die Sänger entsprechend zurück. Dafür, daß relativ wenig Zeit bestand, Chor, Solisten und Orchester aufeinander abzustimmen, gelingt es Fister alle Beteiligten rasch zusammen zu schweißen.
Fazit
Eine Sylvesterpremiere am 8. Januar? Wegen eines Wasserschadens war die Bühne in Coburg nicht bespielbar und so wird die Premiere zur Eröffnung der Faschings-Saison nachgereicht. Mag sein, daß das Ensemble noch nicht ganz eingespielt ist, aber dafür hat man ja bis Sylvester 12 Monate Zeit zu üben – die teilweise dreifach besetzten Hauptrollen sprechen dafür. Das Publikum bedankte sich für einen erheiterten Operetten-Abend auf musikalischem Opern-Niveau mit donnerndem Applaus.
Oliver Hohlbach
Bild: Henning Rosenbusch
Das Bild zeigt: Gabriela Künzler (Hanna Glawari), Falko Hönisch (Graf Danilo)