von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Dramma per musica in drei Akten,. Libretto: unbekannter Bearbeiter nach Antonio Fanzaglia zu der Oper L’ isola di Alcina von Riccardo Broschi, UA: 16. April 1735 London, Covent Garden Theatre
Regie: Christof Loy, Bühne: Johannes Leiacker, Kostüme: Ursula Renzenbrink, Dramaturgie: Kathrin Brunner, Licht: Bernd Purkrabek, Choreographie: Thomas Wilhelm,
Dirigent: Giovanni Antonini, Orchestra La Scintilla.
Solisten: Cecilia Bartoli (Alcina), Malena Ernman (Ruggiero), Julie Fuchs (Morgana), Varduhi Abrahamyan (Bradamante), Erik Anstine (Melisso), Silvia Fenz (Cupido)
Besuchte Aufführung: 26. Januar 2014 (Premiere)
Kurzinhalt
Die Zauberin Alcina versteht es, mit ihren Zauberkünsten viele Liebhaber für sich zu gewinnen, doch ihr Interesse ist meist nur von kurzer Dauer. Danach verwandelt sie ihre Liebhaber in Steine, wilde Tiere oder Pflanzen. Erst für den Helden Ruggiero empfindet sie echte Gefühle. Ruggieros Verlobte Bradamante, von ihrer Liebe zu Ruggiero getrieben und in Begleitung des Freundes Melisso, kommt auf Alcinas Insel. Zur Tarnung trägt sie männliche Kleidung. Die Reisenden treffen auf Orontes Geliebte und Alcinas Schwester Morgana. Morganas Gefühle entflammen für Bradamante. Oronte versucht mehrmals vergeblich seine Geliebte Morgana zurückzugewinnen. Ruggiero glaubt, daß alles dem Zauber Alcinas unterliegt. Erst viel später gelingt es ihm, seine Braut Bradamante zu erkennen. Als Ruggiero seine Gefühle für die alte Liebe zurückgewinnt, wendet sich Alcina nicht von ihm ab, denn sie kann ihn weder verletzen noch verzaubern, so sehr ist ihr Herz ihm zugewandt. Morgana ist von der wahren Identität Bradamantes zutiefst enttäuscht, das hilft ihr, wieder zu Oronte zu finden. Das Volk wird von Ruggiero gerettet und Alcinas Zauberkraft mitsamt ihrem Reich geht zugrunde.
Aufführung
Die Bühne ist vertikal beweglich und auf zwei Ebenen eingerichtet. Schon zu Beginn tanzen sechs in barocker Manier gekleidete Tänzer und schweben zuletzt mitsamt der Bühne in die Höhe. Der Vorhang, der immer wieder hinuntergelassen wird, trägt ein barockes Rautenmuster sowie Wolkenbilder. Auf der himmlischen Ebene erscheint Alcinas Reich, wo nur die Liebe und das Vergnügen zu herrschen scheinen. Auf der tieferen Ebene sind Anspielungen auf Brunnen, verzauberte Tiergestalten und edle Einrichtungsgegenstände zu sehen. Die Bühne verändert ihre Gestalt viele Male: Sie ist später in drei Räume geteilt, in denen verschiedene Bilder dargestellt sind, die den Seelenzustand der Zauberin darstellen könnten und ästhetisch wirken, wie beispielsweise erstarrte männliche, halbnackte Gestalten, was eine Anspielung auf Alcinas frühere Liebhaber ist. Im Laufe der Aufführung stimmen die Bühne sowie die Kostüme immer weniger mit dem barocken Stil überein. Schließlich ist die Kleidung der Solisten wie auch der vielen Tänzer und der Statisten der heutigen Mode angepaßt doch immer noch sehr elegant. Die Bühne und das kontrastreiche Licht zaubern gerade zum Abschluß eine düstere Atmosphäre. Ebenso unterstreicht das Bühnenbild gemeinsam mit dem Licht die Wirkung der Musik. Der Cupido wird amüsant und in einem malerisch anmutenden Kostüm dargestellt.
Sänger und Orchester
La Scintilla spielte auf historischen Instrumenten. Sein eleganter Klang war dem Gesang ausgezeichnet angepaßt, wirkte sehr facettenreich und ist in der Lautstärke differenziert. Die unsterblich verliebte und zutiefst leidende Alcina gab die Meisterin der Koloratur, Cecilia Bartoli. Ihre Arie Ma quando tornerai – Doch wenn du wieder kommst kam hoch emotional geladen, perlenklar sowie deutlich herüber. Leidenschaftlich und temperamentvoll brillierte Julie Fuchs (Morgana) in der Rolle von Alcinas Schwester. Zauberhaft schön begeisterte sie mit ihrer Arie Tornami a vagheggiar – Kehr bald zurück am Ende des ersten Aktes. Morganas Liebespartner Fabio Trümpy (Oronte) konnte mit Un momento di contento – Ein glückliches Moment das Publikum faszinieren (beides 3. Akt). Malena Ernmans Ruggiero war ein verliebter und entschlossener junger Held, stimmlich souverän und treffsicher sowie klar in der Höhe. Beeindruckend gefühlvoll mit einem rührendem legato sowie angenehm intonierten Spannungsintervallen sang sie die Arie Ruggieros Mi lusinga il dolce affetto – Mich erfüllen süße Gefühle (2. Akt). Ihre Koloraturen in Sta nell’Ircana pietrosa tana – In einer steinigen Höhle in Hyrkanien klangen hervorragend und in sehr schnellem Tempo, obwohl sie dazu tanzen und Liegestützen tätigen mußte! Varduhi Abrahamyan (Bradamante) zeigte sich auf der Bühne präsent und klangstark. Mit Vorrei vendicarmi – Ich will mich rächen, wie auch in seiner Arie Pensa a chi geme d’amor piagata – Denke an die, die an verletzter Liebe leidet gab Erik Anstine seine angenehme Tiefe zum Besten (2. Akt).
Fazit
Der selbstverständlich stürmische Beifall des Publikums, der immer wieder mit Bravorufen versetzt war, trat leider während der Aufführung manchmal auch störend hervor. Auch die schauspielerische Leistung der Solisten muß unbedingt erwähnt werden, immer wieder überfiel einem eine Gänsehaut. Die phantastische Bühne in Verbindung mit klangschönen Stimmen ergab eine unbedingt sehenswerte Vorführung im Zürcher Opernhaus. Der Jüngling Oberto fehlte in dieser reduzierten Fassung.
Ruta Akelyte Hermann
Bild: Monika Rittershaus
Das Bild zeigt: Re unterhalb der Bühne: Varduhi Abrahamyan (Bradamante), auf der Bühne: von li: Melena Ernman (Ruggiero), Julie Fuchs (Morgana), Cecilia Bartoli (Alcina)