SALON PITZELBERGER – Görlitz, Gerhart Hauptmann Theater

von Jaques Offenbach (1819-1880), Opéra-bouffe in einem Akt, Libretto: Saint-Rémy, Ludovic Halévy und Hector Crémieux, UA: 1. Mai 1861 Paris, Salon Bourbon

Regie: Rita Schaller, Bühne/Kostüme: Werner Pick, Dramaturgie: Ronny Scholz

Dirigent: Manuel Pujol, Klavier: Olga Dribas, Stefanie Fahrendorf

Solisten: Hans-Peter Struppe (Herr von Pitzelberger), Laura Scherwitzl (Ernestine), Benjamin von Reiche (Casimir), Felicitas Ziegler (Frau Brösel), Michael Berner (Herr Brösel), Kristin Hui-Ting Yu (Madame Balandard), Carsten Arbel (Monsieur Balandard), Mi.Seon Kim, Won Jang (Zwei weitere Gäste)

Besuchte Aufführung: 12. Februar 2014 (Premiere, deutsche Textfassung: Horst Bonnet)

Foto: Pawel Sosnowski/80studio.netKurzinhalt

Der neureiche Herr von Pitzelberger hat die feine Gesellschaft der Stadt zu einer Soiree in seinen Salon eingeladen, um sich bei ihr standesgemäß einzuführen. Zum Gelingen der Abendgesellschaft soll das Erscheinen von drei italienischen Sängern beitragen, die in der Stadt in aller Munde sind. Pitzelbergers Ambitionen werden jedoch jäh ausgebremst, als nicht nur die bekanntesten Gäste, sondern auch noch die Gesangsvirtuosen absagen. Abhilfe vor der drohenden Blamage schafft schließlich Pitzelbergers Tochter Ernestine: Ihr von Pitzelberger wenig gelittener Liebhaber Casimir, sie selber und der Gastgeber stellen die Sänger dar, die vom Publikum gefeiert werden. Zum Dank erhält Casimir schließlich Ernestines Hand.

Aufführung

Der Intimität des Stückes gezollt wird die Handlung in das Theater-Café verlegt und mit Klavierbegleitung unterlegt. Zum Auftakt singen und tanzen Herr und Frau Brösel zwischen dem im oberen Theaterfoyer stehenden Publikum, bevor es zusammen in das Café geht. Hier ist der Hauptschauplatz ein mehrteiliges Podest, wobei der Raum mit zahleichen, moderne Kunstwerke imitierenden Installationen und Bildern als Sammlung des Herrn Pitzelberger angefüllt ist. Mit der Ausstattung, wie auch den Kostümen wird die Handlung somit insgesamt aus der von Offenbach vorgesehenen Epoche Kaiser Napoleons III. in ein zeitlos modernes Ambiente verlegt.

Sänger und Orchester

Offenbachs Einakter lebt und atmet seine musikalische Durchschlagskraft vor allem aus der überzeichneten Darstellung der einzelnen Figuren. Und diese Überzeichnung zündet bereits in der heiter ausgelassenen Auftaktstimmung von Felicitas Ziegler und Michael Berner, die sich als in Paris gestrandetes Ehepaar Brösel mit liebevollem Lokalkolorit sächselnd durch die Zuschauerreihen singen und tanzen. Derart angeheizt verstehen es alle Beteiligten, das Stück in einer steten Gefühlssteigerung bis hin zum Finale aufflammen zu lassen. So betört Laura Scherwitzl als Ernestine sowohl mit amourösem Charme, mit dem sie ihren Geliebten umgarnt, als auch mit ihrem klar strukturierten, in den Höhen hell leuchtenden Sopran, der zudem durch ein ausgewogenes Fundament in der Mittellage und geschmeidigem Timbre verführt. Benjamin von Reiche (Casimir) gibt spielerisch nicht nur den für sich einnehmenden Galan, sondern vor allem auch den stürmischen Liebhaber, der durch den Salon wirbelt und das Publikum in Atem hält. Insbesondere in seiner Rolle als italienischer Gesangsmime kommt sein durchschlagend eindringlicher Tenor mit brillanten Spitzen und druckvoll voluminöser Tragkraft zur Geltung. Bariton Hans-Peter Struppe gibt den Herrn von Pitzelberger, wie man ihn sich als zentralen Dreh- und Angelpunkt des Stückes nicht besser wünschen könnte: im steten Wechsel zwischen eitler Selbstverliebtheit, gehetzter Verzweiflung, unschuldiger Naivität und noblem Snobismus. Herrlich ausgelassen überdreht agieren auch Kristin Hui-Ting Yu, Carsten Arbel, Mi.Seon Kim und Won Jang, die als Gäste der „feinen Gesellschaft“ auftreten und die Absurdität einstudierten Kunstsinns der Protagonisten zum Greifen nahe plastisch vor Augen führen.

Fazit

Mit der spielerisch ambitionierten Umsetzung des Stückes und Verlagerung in die Intimität des Theater-Cafés gelingt es, einen ausgelassen heiteren Strudel musikalischer Kleinodien zwischen den Themen Liebe und musikalischem Kunstsinn in spritzig jugendlicher Leichtigkeit  zu entfachen. Die Zeit vergeht bei dieser quicklebendig, durch den Salon wirbelnden Inszenierung wie im Flug, so daß man sich auf Grund der herrlich überdrehten Leistung aller Beteiligten noch lange an die Aufführung erinnern wird. Bravo!

Dr. Andreas Gerth

Bild: Pawel Sosnowski

Das Bild zeigt: Laura Scherwitzl (Ernestine) und Benjamin von Reiche (Casimir) als italienische Sänger

Veröffentlicht unter Görlitz, Gerhart Hauptmann Theater, Opern