von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Commedia per musica in zwei Akten, Libretto: Lorenzo da Ponte, UA: 26. Januar 1790 Wien, Burgtheater
Regie: Andreas Kriegenburg, Bühne: Harald Thor, Kostüme: Andrea Schraad, Licht: Stefan Bolliger, Choreinstudierung: Wolfram Tetzner Dirigent: Omer Meir Wellber, Sächsische Staatskapelle Dresden, sächsischer Staatsopernchor Dresden,
Solisten: Rachel Willis-Sørensen (Fiordiligi), Rachel Frenkel (Dorabella), Ute Selbig (Despina), Christopher Tiesi (Ferrando), Christoph Pohl (Guglielmo), Georg Zeppenfeld (Don Alfonso)
Besuchte Aufführung: 22. März 2014 (Premiere)
Der Zyniker Don Alfonso glaubt nicht an weibliche Tugend und schließt mit seinen jungen Freunden Ferrando und Guglielmo eine Wette ab, daß es ihm gelingen wird, deren Verlobte zur Untreue zu bewegen. Die ahnungslosen Männer gehen auf die Treueprobe ein und spielen ihren Bräuten Dorabella und Fiordiligi vor, in den Krieg ziehen zu müssen. Sie kehren maskiert zurück, um die Verlobten über kreuz zu verführen. Als Verbündete gewinnt Alfonso das patente Dienstmädchen Despina, das den jungen Damen eine Lektion in Liebesdingen erteilt, woraufhin diese zunehmend Gefallen an dem Verführungsspiel finden. Dorabella erliegt Guglielmos Werben im Handumdrehen. Fiordiligi will der Versuchung ausweichen und sich in den Soldatenkleidern ihres Geliebten auf das Schlachtfeld begeben; doch auch sie kapituliert schließlich vor Fernandos Charme. Am Ende finden die Paare wieder in gewohnter Konstellation zusammen. Verführer und Verführte haben ihre Lektion gelernt und die Paare versöhnen sich mit einer Doppelhochzeit.
Aufführung
Die Handlung kreiselt auf einer schrägen Drehscheibe in einem zeitlosen, nach oben offenen Rund. Ein Raum der Illusionen, ohne konkrete Requisiten und Architektur, die der Maskerade der Figuren freien Lauf läßt. Die erste Spielhälfte ist in jugendliche Pastellfarben gekleidet, mit wehend-weißen Gazebahnen als Raumteilern. Darin schweben und schaukeln puppenhaft die verliebten Mädchen in aprikotfarben- und kanariengelb-aufgebauschten Kostümen. Ihre männlichen Pendants treten als Stummfilm-Ikonen Charlie Chaplin und Buster Keaton auf. Der zweite Akt ist dramatischer gestaltet; in rot lackiertem Ambiente werden die Damen demaskiert, es fallen Hüllen und Perücken.
Sänger und Orchester
Das sechsköpfige Solistengespann gibt ein durchaus stimmiges, gut aufeinander eingespieltes Ensemble ab, das auf der Bühne mit Leichtigkeit agiert, wobei Rachel Willis-Sørensen (Fiordiligi) über ausreichend Klang und Körper verfügt, das Ensemble zu überstrahlen. Sie singt expressiv, phrasiert ausdrucksvoll-agil und gestaltet mühelos und mit Pianissimo die hohen Töne. In Per pietà, ben io, perdona – Habe Mitleid, Geliebter, verzeih (2. Akt, 7. Szene) setzt Willis-Sørensen ihre stimmlichen Mittel eindrucksvoll ein, von einigen flachen Tönen in der tiefen Lage abgesehen. Verglichen mit diesem, für Mozart ungewöhnlich dramatischen und voluminösen Sopran, wirkt Rachel Frenkel (Dorabella) in den Duetten der Schwestern weniger prägnant und durchsetzungsstark. Dabei paßt die stimmlich attraktive Mezzosopranistin gut ins Mozartfach und überzeugt durch Eleganz und Agilität. In der ersten Hälfte singt Frenkel mit sehr viel Vibrato, gewinnt aber im zweiten Akt, ganz besonders in der Arie È amore un ladroncello – Amor ist ein kleiner Dieb (10. Szene) noch einmal an Kontur. Ihre männlichen Partner Christopher Tiesi (Ferrando) und Christoph Pohl (Guglielmo) setzen darstellerisch viele Akzente, stimmlich bleiben sie hinter den Sängerinnen zurück. Der junge Tenor Tiesi singt trotz schönem Timbre leicht angestrengt und mit metallischem Klang. Christoph Pohl ist ein Bariton, der weniger durch dramatische Kraft und stimmlichen Charme einnimmt, als durch Geschmeidigkeit und vokale Phantasie, besonders in den Rezitativen. Ein Glanzpunkt unter den männlichen Sängern ist Georg Zeppenfeld (Don Alfonso), ein brillanter Virtuose, der seiner Partie ohne Anstrengung gewachsen ist. Sein konzentriert kraftvoller, niemals ausladender, Gesang besticht durch gekonntes Timbre und feine Nuancen in der Dynamik. Für den Charakter des Zynikers und Lehrers ist er allenfalls etwas jung. Ute Selbig (Despina) ist darstellerisch in ihrem Element und füllt ihre Rolle mit Leben und Feuer. Sie besticht weniger durch klangliche als musikalische Schönheit, betont die Bedeutung der Worte markant und artikuliert deutlich. Die Aktion des Chors hinterläßt Fragezeichen im Hinblick auf die albern-steife Überzeichnung, aus der sich die Darsteller auch gesanglich nicht zu befreien vermögen.
Dirigent Omer Meir Wellber ist sehr um Eloquenz bemüht, hat die Staatskapelle aber letztlich nicht im Griff. Das Orchester bleibt hinter seinen Mitteln zurück. Es gibt lebhafte Momente, schon in der Ouvertüre, jedoch ebenso viele verschleppte Tempi, kleine Pannen in den Bläsern und Unstimmigkeiten zwischen Orchester und Bühne. Die historische Musizierpraxis wird weitestgehend außer acht gelassen; fast immer endet die Begleitung der Rezitative und Arien unnötig forciert in Tempo und Lautstärke.
Fazit
Selten wurde eine Regie so bejubelt, wie in dieser Dresdner Premiere. Bühnenbild und Personenführung boten einen spannungsreichen Wechsel zwischen spielerischen Rezitativen und intimen Momenten in den Arien. Das Gesangsensemble füllte die Kulisse mit viel Situationskomik aus. Eine leichte, manchmal allerdings etwas seichte Interpretation dieses Mozart/da Ponte-Glanzstücks.
Norma Strunden
Bild: Matthias Creutziger
Das Bild zeigt: Christoph Pohl (Guglielmo), Rachel Frenkel (Dorabella), Rachel Willis-Sørensen (Fiordiligi), Christopher Tiesi (Ferrando), Georg Zeppenfeld (Don Alfonso), v.l.n.r.