von Enrique Granados (1867-1916), Libretto: Fernando Periquet, UA 1916, New York
Regie: Aron Stiehl, Bühne: Jürgen Kirner, Kostüme: Viola Schütze, Choreographie: Francisco Sanchez, Beleuchtung: Steff Flächsenhaar, in spanischer Sprache mit Übertitel
Dirigent: Cornelius Meister, Philharmonisches Orchester, Chor und Extrachor, Einstudierung: Jan Schweiger,
Solisten: Silke Schwarz (Rosario), Emilio Pons (Fernando), Jana Kurucová (Pepa), Gabriel Urrutia Benet (Paquiro)
Besuchte Aufführung: 21. Februar 2009 (Premiere; deutsche Erstaufführung)
Kurzinhalt
Die Madrider Majas und Majos (Volk/Jugendliche) spielen Pelele (traditionelles Spiel mit einer Strohpuppe) und tanzen ausgelassen. Als der Torero Paquiro dabei, sehr zum Ärger seiner Pepa Rosario, zum Laternenball am Abend einlädt, reagiert ihr Geliebter Fernando eifersüchtig und wirft ihr zu Unrecht Untreue vor. Auf dem Ball sind Rosario und Fernando als Adlige unter dem einfachen Volk Außenseiter. Paquiro fordert Rosario dennoch zum Tanz auf, woraufhin ihr Geliebter, wiederum von unbegründeter Eifersucht übermannt, die Situation völlig eskalieren lässt – es kommt zur Herausforderung zum Duell mit Paquiro, in dem Fernando sein Leben läßt.
Aufführung
Um der feurigen und bunten Musik – beeinflußt durch die Bilder Francisco Goyas – Platz zu lassen, ist die Bühne umso schlichter gestaltet: filigrane, weiße Streben teilen den Raum in vier Abteilungen, in jeder davon waltet einer der Protagonisten. Es wird so die Unmöglichkeit des Zusammenkommens der Figuren symbolisiert. Eine gute Idee, die durch mangelnde Aktion auf der Bühne aber teilweise langweilen konnte. Ganz im Stile Goyas waren die farbenprächtigen und traditionellen Kostüme gestaltet (Paquiro natürlich als Torero erkennbar), der Chor dagegen in Grautönen gehalten. Auch ein Gemälde des Malers war als Requisite in die Handlung miteingebunden, offenbarte aber – ebenso wie ein blinder Spiegel im Vordergrund und Bilder zuschauender Augen im Hintergrund der Bühne – bis zum Schluß nicht seinen symbolischen Sinn.
Sänger und Orchester
Während Silke Schwarz (Rosario) im ersten Bild der Oper etwas blaß ausfiel und den Eindruck vermittelte, die Stimmlage ihrer Rolle sei zu tief angesetzt, entwickelte die Sopranistin bis zu ihrer wunderbar interpretierten Nachtigallarie im dritten Bild eine kernige Stimme, die in allen Tonlagen wunderbar zur farbenfrohen Musik harmonierte. Jana Kurucová (Pepa) schaffte es dagegen nicht, sich dem zurückgenommenen, nicht allzu vibratolastigen Gesangstil anzupassen und wirkte phasenweise als eifersüchtige Pepa zu albern und eingebildet. Gabriel Urrutia Benet (Paquiro) verkörperte mit dröhnendem und sicher geführtem Bariton einen stimmigen Torero – man merkte dem Sänger seine spanische Herkunft an. Emilio Pons (Fernando) wirkte in seiner Rolle teilweise etwas verloren, was aber an der Inszenierung liegen mag. Dennoch schmeichelte er mit einem warmen Timbre, das von wütend/eifersüchtig zu melancholisch/todessüchtig viele Facetten zu bieten hatte. Besonders gelobt werden muß unbedingt der von Jan Schweiger einstudierte Opernchor, welcher musikalische und sprachliche Schwierigkeiten (nach einigen Unstimmigkeiten mit dem Orchester zu Beginn) tänzerisch leicht einerseits, aber auch kraftvoll und fröhlich andererseits meisterte. Dem Orchester hörte man an der leuchtenden Besetzung an, daß sein Dirigent sich eingehend mit der Partitur und der ursprünglichen Klavierfassung beschäftigt hat.
I PAGLIACCI – DER BAJAZZO
von Ruggero Leoncavallo (1857-1919), Libretto: Ruggero Leoncavallo, UA 1892, Mailand
Regie: Aron Stiehl, Bühnenbild: Jürgen Kirner, Choreographie: Francisco Sanchez, Kostüme: Viola Schütze, Beleuchtung: Steff Flächsenhaar; Dramaturg: Ulrich Volz, Dirigent: Cornelius Meister, Orchester: Philharmonisches Orchestre, Opernchor, Extrachor und Kinderchor des Theaters, in italienischer Sprache mit Übertitel
Solisten: Silke Schwarz (Nedda), Winfrid Mikus (Canio), Emilio Pons (Beppo), Gabriel Urrutia Benet (Tonio), Sebastian Geyer (Silvio)
Besuchte Aufführung: 21. Februar2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Canio entdeckt, daß seine Frau Nedda ihn betrügt. Er will den Namen ihres vermeintlichen Freundes aus ihr herauspressen. Doch beide müssen auf die Bühne, da die Aufführung Der Bajazzo beginnt. Im Stück stellt Canio den betrogenen Ehemann Bajazzo dar. Auf der Bühne spielt Canio demnach die eben erlebte Auseinandersetzung mit Nedda nach. Dabei fordert er von Colombine/Nedda den Namen ihres Liebhabers. Als Nedda sich weigert, fällt Canio im wahrsten Sinne des Wortes aus der Rolle und tötet Nedda auf offener Bühne.
Aufführung
Das Bühnenbild der Inszenierung verkörpert ganz das Theater im Theater: Im ersten Akt sind der Bühneneingang und ein leerer Theatersaal die Schauplätze, im zweiten Akt ist auf der linken Bühnenhälfte ein Theaterpublikum zu sehen, das wiederum selbst einem Spiel des Theaterensembles um Canio folgt, welches auf der rechten Seite stattfindet. Die Kostüme sind im Stile der Kultsendung Klimbim aus den 1970er Jahren gehalten. Eine Idee, die mit Pelzmänteln und Gummistiefeln hübsch und mit Liebe zum Detail durchgeführt wurde. Überhaupt lassen viele witzige Kleinigkeiten die Aufführung zum einzigartigen Genuß werden: ein Chor, der als kreischende Fanmasse Handyfotos von den Stars des Ensembles schießt ebenso wie der verspielte Kinderchor oder ein Arlecchino in Superman-Unterwäsche.
Sänger und Orchester
Gabriel Urrutia Bennet (Tonio) eröffnete auf wunderbar ironische und clowneske Weise die zweite Hälfte des Abends und begeisterte mit einer meisterhaft zwischen Schmeichelei und Rachelust changierenden, messerscharfen Stimme. Silke Schwarz (Nedda) verkörperte mit mal divenhaften, mal unschuldigem, immer sehr kernigem Timbre eine unglückliche Nedda, die mit ihrer luftig-leichten, sehnsuchtsvollen Vogelarie fast zu Tränen rührte. Emilio Pons (Beppo) steckte den Zuhörer vor allem mit seinem Stück O Colombina als Arlecchino leidenschaftlich an, das er mit weichem, angenehmem Timbre schwungvoll und mitreißend interpretierte. Sebastian Geyer (Silvio) wirkte neben den anderen Protagonisten unscheinbar: Beim Singen legte er jede Art von Mimik ab und hatte keine Eigeninterpretation oder individuelle Stimmfarbe zu bieten. Winfrid Mikus (Canio) war seine Rolle geradezu auf den Leib geschneidert, man sah den leibhaftigen Canio vor sich. Sowohl mit polterndem, brutalen Gehabe überzeugte er wie auch mit voluminöser, sicher geführter und schillernder Tenorstimme, die keinen Widerspruch duldete.
Fazit
Ein ungewöhnlicher, wunderbarer Premierenabend, an dem man gar nicht merkt, daß zwei Opern auf dem Programm stehen, so kurzweilig einerseits und gut aufeinander abgestimmt andererseits sind diese beiden Werke in der Heidelberger Inszenierung. Das Publikum dankt mit nicht enden wollendem Applaus.
Leonore Kratz
Bilder: Markus Kaesler
Die Bilder zeigen Paquiro und Fernando (Goyescas) bzw. Nedda, Beppo, Tonio und Canio (Der Bajazzo).