von Carl Maria von Weber (1786-1826), romantische Oper in drei Aufzügen, Libretto: Johann Friedrich Kind nach der Novelle Der Freischütz. Eine Volkssage von J. A. Apel
Regie: Viestur Kairish, Bühne/Kostüme: Ieva Jurjane, Licht: Nicol Hungsberg, Dramaturgie: Birgit Meyer
Dirigent: Markus Stenz, Gürzenich-Orchester Köln und Chor, Choreinstudierung: Andrew Ollivant
Paul Armin Edelmann (Ottokar, regierender Fürst), Dirk Aleschus (Cuno), Claudia Rohrbach (Agathe), Gloria Rehm (Ännchen), Oliver Zwarg (Kaspar), Andreas Schager (Max), Young Doo Park (Ein Eremit), Martin Koch (Kilian), Renato Schuch (Samiel) Aoife Miskelly Erika Simons Ji-Hyun An Anna Herbst (Brautjungfern)
Besuchte Aufführung: 12. April 2014 (Premiere, Oper am Dom)
Nachdem Max beim Preisschießen versagt hat, muß er tags darauf nach altem Brauch den Probeschuß ablegen. Nur wenn ihm dieser gelingt, erhält er Agathe, die Tochter des Erbförsters Cuno, zur Frau. Er wird von Kaspar, dem anderen Jägerbursch überredet, um Mitternacht in der Wolfsschlucht Freikugeln zu gießen. Das Kugelgießen gelingt.
Am nächsten Tag will Max der Jagdgesellschaft des Fürsten imponieren und verschießt einige seiner Freikugeln. Dann kommt es zum Probeschuß. Max hat nur noch eine Kugel, die Samiel gehört. Fürst Ottokar fordert ihn auf, eine weiße Taube zu schießen. Als Max schießt, fallen Agathe und Casper zu Boden, Casper ist tot, Agathe dagegen nicht. Sie ist von den Rosen des Eremiten, die sie tags zuvor erhalten hatte, geschützt worden. Fürst Ottokar will Max verbannen, doch der Eremit kann ihn dazu bewegen, es bei einem Bewährungsjahr zu belassen.
Aufführung
Statt eines Platzes vor der Waldschänke sieht man ein Waschsalon. Im halbrunden Hintergrund sind fünf Waschmaschinen aufgereiht, dazwischen jeweils Sofas mit schwellenden Polstern. Im zweiten Akt liegt Agathe auf einem Liegestuhl unter einem riesigen Sonnenschirm. In einiger Entfernung davon steht ein Grill, auf dem später der ausgerupfte „Adler“, den Max geschossen hatte, gebraten wird.
In der Wolfschluchtsszene befinden wir uns auf einer Waldlichtung mit Bäumen, die aus absonderlichen Wurzelbildungen hoch aufragen. Der letzte Akt spielt wieder vor den pinkfarbenen Vorhängen, die immer wieder auf- und zugezogen werden und durch deren Schlitze ab und zu ein ausgestopfter Hirsch- oder ein anderer Viehkopf durchlugt.
Die Jäger und Bauern tragen grüne Uniforme mit der Rückenaufschriften „Jäger“ oder „Bauer“. Sie sind mit Schnellfeuergewehren mit Zielfernrohren bewaffnet. Max erscheint anfangs im Jägerkostüm, später in Freizeitkleidung. Caspar hat die Uniform eines GIs an, Cuno zeigt sich im Schmuddel-Look und Ottokar mit rotem Lack-Smoking. Alle Damen kommen blondgelockt in pinkfarbenen kurzen Röcken mit weißer Schürze daher. Der „Eremit“ ist ein in schmutzigweißem, sackähnlichem Habit gekleideter Schamane mit weißgetünchten asiatischen Gesichtszügen.
Sänger und Orchester
In schleppendem Tempo beginnt Markus Stenz die Ouvertüre, erst beim „Agathe-Motiv“ kommt er in Fahrt. Im Opernzelt fehlt das Baßfundament weitgehend, so daß ein volles Orchester kaum auszumachen ist. Ganz mäßiger Beifall für diese wundervolle Webersche Ouvertüre.
Vor dem eigentlichen Opernbeginn tragen Bewaffnete auf der Bühne ein Gewehrgefecht aus. Max schreit laut auf, als er offensichtlich von einer Schrotflintenladung getroffen wird. Damit setzt dann die Introduktion ein.
Im Freischütz, eher ein Singspiel, gibt es zahlreiche Zwischentexte. Kaum einer war hinsichtlich Lautstärke und Wortdeutlichkeit verständlich.
Schon bei seiner Arie Nein, länger trag ich nicht die Qualen fällt Andreas Schagers (Max) kehlige Stimme auf. Er behält sie über alle Arien bis zum Opernende. Sein Tenor ist laut und tragend, kaum tangiert von Dynamik. Die schauspielerische Leistung, alles, was die Regie verlangte, kann er aber lebensecht umsetzen. Sein Partner Oliver Zwarg (Kaspar) kann sich mit seinem Baß besser behaupten. Dieser ist wohltönend und bis in die Tiefen rund vernehmbar, und auch in den Höhenlagen zeigt er keine Anstrengung.
Samiel (Renato Schuch) erscheint als Clown mit rotem Wuschelkopf und Knollennase. In der Wolfsschluchtsszne kann man ihn in zentraler Stellung, auch nackt mit einer langen Krawatte, ausmachen. Er erscheint sogar vor geschlossenem Vorhang allgegenwärtig, bei aus dem Off kommenden im Zuschauerraum dumpf klingenden Schritten. Dann bewegt er sich zum Orchestergraben, wo er verschwindet.
Der zweite Akt wird mit dem Duett (Ännchen) Gloria Rehm/(Agathe) Claudia Rohrbach eröffnet. Beide zeigen dabei ihr Können als Sopranistinnen, wobei der Lorbeer Claudia Rohrbach ausnahmslos zusteht. Mit Leise, leise, fromme Weise, schwing dich auf zum Sternenkreise (2. Akt, 2. Szene) wird der Höhepunkt der Oper erreicht. Claudia Rohrbach zeichnet mit großer Innigkeit das Bild einer sich auf die Hochzeit freuenden, jungen Frau. Ihre lyrische Stimme ist dazu wie geschaffen. Die hohen Töne sind klar und rein und schwingen sich auf zu den Sternen, die sie besingt. Das Orchester untermalt kongenial leise. Diese zweimal 18 Takte lassen die unverständlich-verworrene Umgebung für weinige, beseligende Augenblicke vergessen! Ein unerreichter Glanzpunkt!
Fazit
Der musikalisch völlig ahnungslose Regisseur (nur selten gab es z.B. eine Beziehung von Musik und Aktion der Sänger) waltete seines Amtes als Regietheaterverwalter mit nicht nachlassendem Klamauk. Es fehlte kaum etwas: Waschmaschine, Grill, Liegestuhl, Sonnenschirm, Spielzeuggewehre, ausgestopfte Tiere, Ballons u. dgl. mehr. Die Verulkung reichte allerdings nicht aus, die Vorstellung für das Webersche Meisterwerk in seinen Elementen zu zerstören. Das Publikum klatschte kaum, die Buhs waren nicht zu überhören.
Dr. Olaf Zenner
Bild: Bernd Uhlig
Das Bild zeigt: Claudia Rohrbach (Agathe), Andreas Schager (Max), im Vordergrund, Gloria Rehm (Ännchen), 4. v.li zus. mit Damenchor