von Richard Wagner (Musik und Text), Erster Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen, UA: 26. Juli 1870, München, Hoftheater
Regie und Bühnenbild: Annegret Ritzel, Kostüme: Gera Graf
Dirigent: Anton Marik, Staatsorchester Rheinische Philharmonie
Solisten: Sigrun Schell (Sieglinde), John Charles Pierce (Siegmund), Michael Burt (Hunding), Sabine Paßow (Brünnhilde), Andreas Macco (Wotan), Rita Kapfhammer (Fricka, Waltraute), Marita Heuse (Helmwige), Theodora Varga (Gerhilde), Irma Berzani (Ortlinde), Suk Westerkamp (Siegrune), Monika Maria Staszak (Roßweisse), Natascha Meißner (Grimgerde), Almuth Herbst (Schwertleite)
Besuchte Aufführung: 21. Februar 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
Viele Jahre sind vergangen, seit der Riese Fafner mit Hort, Tarnkappe und dem Ring der Nibelungen fortging. Wotan hat mit Erda neun Walküren und mit Fricka die Wälsungen Siegmund und Sieglinde gezeugt. Er hofft, daß Siegmund ein reiner Held wird, der den Ring zurückholen kann. Nach der Geburt werden die Geschwister getrennt, doch als Siegmund in Hundings und Sieglindes Behausung Unterschlupf sucht, wird die wahre Identität deutlich. Hunding gewährt ihm für die Nacht Gastrecht, will aber am Morgen gegen ihn kämpfen. Sieglinde gibt Siegmund ein Schwert für den Kampf. Das Zwillingspaar vereint sich liebend.
In der Götterburg Walhall ist Fricka erzürnt über den inzestuösen Ehebruch der Geschwister und fordert von Wotan, durch den Tod Siegmunds seine Ehre wiederherzustellen. Widerstrebend beauftragt Wotan Brünnhilde, Siegmund im Kampf sterben zu lassen. Doch Brünnhilde steht aus Mitleid mit dem Paar Siegmund im Kampf bei. Wotan greift ein und entwaffnet Siegmund, der von Hunding getötet wird.
Als Brünnhilde den erbetenen Schutz der Walküren-Schwestern nicht erlangt, schickt sie die schwangere Sieglinde mit dem ungeborenen Siegfried fort. Wotan ist zornig über Brünnhildes Ungehorsam und beschließt, ihr die göttlichen Eigenschaften zu nehmen und sie als Menschenfrau auf einem Felsen in Schlaf fallen zu lassen, damit ein Mann sie findet, weckt und zur Gattin nimmt. Auf Brünnhildes Bitten hin gewährt er ihr Schutz durch einen Feuerkreis, den nur ein Mutiger durchdringen kann.
Aufführung
Auf der Bühne, im Hintergrund des Geschehens, ist das Orchester positioniert. Der Orchestergraben des Hauses ist klein, und so ist diese Positionierung für das Bühnenfestspiel Wagners das Mittel der Wahl, abgetrennt von der Bühne durch Aluminium-Lamellen. Annegret Ritzel, deren Inszenierung der Walküre eine der letzten ihrer Intendantinnenzeit ist, verleiht dem Geschehen Aktualität: Am Rande der Weltwirtschaftskrise genießen die Götter in New York die letzten Züge des Luxus, den sie an Alberich zu verlieren drohen. Alle Bühnenteile sind aus anderen Inszenierungen genommen, und in dieser Funktion soll wohl auch die Einblendung aus Coppolas Film Apokalypse Now zum Walkürenritt verstanden werden – für den Zuschauer ist dies allerdings kaum verständlich; die Bilder zum Vietnamkrieg passen nicht in die Szene. Ein Detail, das dann auch schnell wieder vergessen ist.
Insgesamt passiert auf der Bühne meist wenig, alles ist sehr statisch. Zu Beginn des dritten Aktes bringen die Walküren, die in schicken Kleidern und mit hoch aufgetürmten Frisuren wie Models über einen Laufsteg stolzieren, etwas Bewegung ins Spiel.
Sänger und Orchester
Musikalisch ist die Koblenzer Inszenierung allemal eine Empfehlung wert. Sigrun Schell (Sieglinde) vom Freiburger Theater ist kurzfristig für die erkrankte Monica Mascus eingesprungen. Sie glänzt mit schillerndem Klang, singt luftig und brillant in den Höhen – wirklich meisterhaft. John Charles Pierce (Siegmund) tönt frisch und kräftig. Auch Andreas Macco (Wotan) überzeugt mit beständiger Stimme. Sabine Paßow (Brünnhilde) glänzt mit kräftiger Stimme und toller Dynamik, sowie auch schauspielerisch. Rita Kampfhammer (Fricka, Waltraute) bewältigt ihren Part mit guter Intonation und Energie, Michael Burt (Hunding) singt mit satter Stimme, intoniert allerdings nicht perfekt.
Das Orchester unter Leitung von Anton Marik meistert das Werk von der Ouvertüre an mit Spannung und präziser Dynamik. Marik gelingt es, bald einen monotonen Klangteppich aus den Streichern, bald einen ruhigen Lauf aus den Holzbläsern, bald einen energiegeladenen Ausbruch aus den Blechbläsern herauszukitzeln.
Fazit
Musikalisch ein empfehlenswerter Abend mit beeindruckender Besetzung und einem Orchester, das auf ganzer Linie begeistert. Das Premierenpublikum belohnt diese herausragende Leistung mit andauernden Bravorufen. Auch die Inszenierung der Intendantin kommt an, wenngleich die Verlegung in die heutige Zeit nach New York etwas fragwürdig ist – immerhin stört sie nicht großartig.
Julia Korst
Bild: Sonja Rothweiler
Das Bild zeigt: Lieblingstochter und Walküre Sabine Paßow (Brünnhilde) fleht ihren Vater Andreas Macco (Wotan) um Milde bei der Wahl ihrer Strafe:
Wenigstens ein Feuerkreis soll die schlafende Menschenfrau auf dem Felsen schützen.