von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Libretto: Friedrich Christian Feustking, UA: 1705 Hamburg, Oper am Gänsemarkt
Regie: Jetske Mijnssen, Bühne/Kostüme: Ben Baur, Licht: Mark van Denesse, Dramaturgie: Kerstin Schüssler-Bach
Dirigent: Alessandro De Marchi, Philharmoniker Hamburg
Solisten: Robin Johannsen (Almira), Mélissa Petit (Edilia), Rebecca Jo Loeb (Bellante), Florian Spiess (Ramondo), Wolf Matthias Friedrich (Consalvo), Manuel Günther (Osman), Viktor Rud (Fernando), Sara-Maria Saalmann (Tabarco).
Besuchte Aufführung: 25. Mai 2014 (Premiere)
Als die junge Almira den Thron Castiliens besteigt, möchte sie ihrem Diener, dem Findling Fernando, ihr Herz schenken. Das väterliche Testament jedoch sieht einen Mann aus der Familie ihres Beraters Consalvo vor. Ein barockes Verwirrspiel um die Liebe Almiras entspinnt sich, da nun unter anderem Consalvos Sohn Osman, Fernando und Consalvo selbst zu Konkurrenten um Almira werden, diese aber wiederum auch von anderen Frauen, wie Edilia und Bellante, geliebt werden. Am Ende erweist sich Fernando als verloren geglaubter Sohn Consalvos, so daß er und Almira zueinander finden, genauso wie alle anderen Paare.
Aufführung
Das Bühnenbild besteht aus Guckkasten und Drehscheibe. Hauptbestandteil ist eine über sämtliche Akte dominante Holzkontruktion. Die Kostüme folgen nacheinander Barock, Fin de Siècle, dem elisabethanischen Zeitalter und der Gegenwart, wobei die Abfolge beliebig erscheint. Die an der höfischen Ordnung orientierte Personenführung ist extrem statisch, woraus eine hohe Bewegungsarmut und Starrheit der Gesten bei allen Figuren resultiert. Während der vielen Da-Capo-Arien bleiben die Sänger meist still stehen. Die Figur des Tabarco wird auf drei junge Mädchen verteilt, von denen eine den Gesangspart übernimmt. Textvorlage ist eine der Händel-Zeit abgeschaute Mischfassung, in der die Rezitative sowie manche Arien auf Deutsch gesungen werden, einige Arien jedoch auf Italienisch. Insgesamt geschieht über die vollen dreieinhalb Stunden sehr wenig auf der Bühne.
Sänger und Orchester
Die Philharmoniker Hamburg profitieren von der Leitung des historisch geschulten Alessandro Del Marchi. Verstrahlen die modernen Streichinstrumente auch nicht den seidigen Glanz historischer Instrumente, so ist die Phrasierung doch gewandt und der Gesamtklang federnd schlank. Besonders die brillante Solo-Oboe ist am Premierenabend hervorzuheben, daneben auch die zwei Blockflöten. Zusätzliches Schlagwerk trägt zur Instrumentenvielfalt bei. Die intonatorisch gelegentlich leicht getrübte Continuo-Gruppe widmet sich Händels kleinteiliger Motorik mit viel Feuer. Das Gesangsensemble müht sich redlich um Präsenz. Ein ums andere Mal aber wird klar, daß an der Barockzeit orientierter Gesang in den großen Opernhäusern des 20. Jahrhunderts stets mit dem Problem der Tragweite zu kämpfen hat. Robin Johannsen hat in der Höhe einen wundervoll weichen Sopran, ihre Koloraturen schnurren mit einer fantastischen Natürlichkeit ab. Für die Almira ist sie die perfekte Besetzung. Ähnliches gilt für Mélissa Petits für die im Zugriff dramatischere Edilia. Bereits in den mittleren Reihen jedoch war ein Großteil davon verpufft. Der Consalvo von Wolf Matthias Friedrich bildete aufgrund seiner Durchschlagskraft die einzige Ausnahme. Victor Ruds Fernando und Manuel Günthers Osman präsentieren mitunter reizvolle Verzierungen, wirken in der Höhe jedoch beide leicht gepreßt, im Unterschied zum Raymondo von Florian Spiess.
Fazit
Vor allem die zähe Regie läßt aus Händels erster Oper am Premierenabend ein extrem langes Stück werden. Musikalisch überzeugt das für die damalige Hamburger Oper am Gänsemarkt komponierte Werk aufgrund starker instrumentaler wie vokaler Leistungen. Das Publikum zeigte sich begeistert.
Dr. Aron Sayed
Bild: Jörn Kipping
Das Bild zeigt: Mélissa Petit (Edilia), Florian Spiess (Raymondo), Wolf Matthias Friedrich (Consalvo), Robin Johannsen (Almira), Manuel Günther (Osman), Victor Rud (Fernando), Rebecca Jo Loeb (Bellante)