von Carlisle Floyd (1926), Oper in drei Akten, Libretto von Carlisle Floyd nach einer Novelle von John Steinbeck, UA: 1970, Seattle.
Regie: Uwe Drechsel, Bühnenbild: Rudolf Rischer
Dirigent: Karl Prokopetz, Hofer Symphoniker und Chor
Solisten: Keith Boldt (Lennie Small), Thomas Rettensteiner (George Milton), John Heuzenroeder (Curley), Ingrid Katzengruber (Curleys Frau), Karsten Schröter (Candy), Peter Dittmann (Slim), Chong Sun (Carlson), Thilo Andersson (Balladensänger).
Besuchte Aufführung: 27. Februar 2009 (Premiere)
Kurzinhalt
George und Lennie, zwei wandernde Landarbeiter in den 30er Jahren, haben ständig Probleme mit ihren Arbeitgebern: Immer wieder bringt der geistig zurückgebliebene Lennie, der Riesenkräfte besitzt, diese jedoch ungeschickt einsetzt, die beiden unabsichtlich in Schwierigkeiten. Der Ranchbesitzer Curley stellt sie schließlich ein. Mit dem Geld, das sie hier verdienen, kommen sie ihrem Traum von der eigenen Farm ein Stückchen näher – wäre da nicht Curleys Frau. Vom Leben auf der Ranch gelangweilt, sucht sie immer wieder Kontakt zu den Landarbeitern. Die Landarbeiter wollen dies jedoch nicht wegen der Wutanfälle ihres eifersüchtigen Chefs. Lennie läßt sich auf ein Vier-Augen-Gespräch mit ihr ein, doch die Situation eskaliert: Lennie kann seine Kraft nicht kontrollieren, die Frau beginnt vor Angst zu schreien. Lennie will sie beruhigen – und tötet sie versehentlich. George lenkt Lennie mit Gedanken an den lang gehegten Traum ab und erschießt den Freund, um ihn vor einer brutalen Lynchjustiz durch Curleys Landarbeiter zu bewahren.
Aufführung
Uwe Drechsel legt die Oper als ein zeitloses Drama des kleinen Mannes an. Dabei zeigt man am Theater Hof wieder viel Liebe zum Detail. So wird der einfältige Lennie als ungeschickter aber liebenswerter Kraftklotz gezeichnet. Schauspielerisch eine überzeugende Leistung von Keith Boldt: Zuerst erdrückt er eine Maus, dann einen Welpen und am Schluß seine Chefin.
Das Bühnenbild hingegen ist einfach gehalten und zeigt mit wenigen Utensilien eine typische kleine Farm in den USA, die auch heute noch so aussehen.
Sänger und Orchester
Leider wird der wohl angestrebte idyllische bäuerliche Charakter der Darstellung nicht durchgehalten: Mrs. Curley provoziert die Männer im knappen Kleidchen, ihr weißer Fellmantel paßt leider nicht in das bäuerliche Milieu. Der Balladensänger hat nur wenige Auftritte, steht aber dann meist wie eine Statur auf der Bühne. Ein Zweck wird nicht deutlich: die bedrückende Aura der 1930er Jahre wird so nicht glaubhaft. Eher kommt eine Art süßliche Südstaatenromantik auf – obwohl das Stück in Kalifornien spielt – die völlig aus dem sonstigen Rahmen der Inszenierung fällt.
Karl Prokopetz gelingt der Nachweis, daß die Musik von Floyd mehr ist als eine Mischung aus Hollywoodscher Filmmusik, amerikanischer Volksmusik des 19. Jahrhunderts und der europäischen Spätromantik. Die Musik läßt sich mit dem späten Strauss vergleichen und könnte auch dem Bereich des Neoklassizismus um Werner Egk zugeordnet werden.
Den Sängern war die Wortverständlichkeit wichtiger als die musikalische Linie. Besonders deutlich wurde das bei Keith Boldt als Lennie, der absolut wortverständlich und schauspielerisch traumhaft wirkte, jedoch besonders in den höheren Registern an seine Grenzen stieß. Inwieweit das seiner Rolle geschuldet ist, sei dahin gestellt. Thomas Rettensteiner war dagegen schauspielerisch weniger gefordert und konnte in seiner Rolle als guter Freund George restlos überzeugen: Ein lyrischer Bariton ohne Tadel. Genauso überzeugend Ingrid Katzengruber als Curleys Frau, sie hat sich am Theater Hof zu einem durchschlagskräftigen dramatischen Sopran weiter entwickelt.
Fazit
Freundlicher Applaus für einen erfolgreichen Versuch, dem Publikum eine amerikanische Oper des 19. Jahrhunderts näherzubringen. Leider wollte der dramatische Funke nicht so richtig ins Publikum überspringen. Vielleicht liegt es auch daran, daß Floyd den Handlungsstrang deutlich gekürzt hat, indem er nur ein Viertel des Originaltextes übernommen hat. Unbestritten ein großer Opernabend – gerade wegen der tadellosen musikalischen Leistung – aber John Steinbecks Werk – ein gesellschaftskritisches Drama über den kleinen Landarbeiter – wird man nicht gerecht. Schade!
Oliver Hohlbach
Photograf: SFF Fotodesign, Harald Dietz
Bildlegende: Mrs Curley paßt nicht in die Landschaft