mit Schauspielmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy, Komödie von William Shakespeare, Übersetzung: August Wilhelm von Schlegel, UA: Ouvertüre (op. 21) Februar 1826, Stettin; Bühnenmusik (op. 61), Oktober 1843, Potsdam
Regie: Reinhardt Friese, Bühne/Kostüme: Annette Mahlendorf, Choreographie: Barbara Buser.
Dirigent: Arn Goerke, Hofer Symphoniker, Damen des Opernchors, Ballett Theater Hof
Solisten: Inga Lisa Lehr (Erste Elfe), Stefanie Rhaue (zweite Elfe)
Besuchte Aufführung: 17. Mai 2014 (Premiere)
In den Irrungen einer Sommernacht kommen vier Handlungsstränge zusammen: Eine Herrscherhochzeit in Athen zwischen Theseus und Hippolyta steht an, Liebesverwirrungen zwischen zwei aristokratischen Liebespaaren, die sich, nach der Flucht in den Wald, bei einem heftigem Streit und Eingreifen der Elfen erst noch finden müssen. Die Intrigen der Elfen betreffen auch das eigene Herrscherpaar: Titania verliebt sich in einen Sterblichen, der in einen Esel verwandelt wurde. Ihren indischen Lustknaben muß sie an Oberon abgeben. Ergänzt wird die Handlung durch eine im Geist schlichte Handwerkertruppe, die die Tragödie von Pyramus und Thisbe als Hochzeitsgeschenk für das Athener Herzogspaar aufführen.
Aufführung
Vorbemerkung
In Aufführungen unserer Tage wird Mendelssohns 1843 uraufgeführte Bühnenmusik zu Shakespeares Komödie aufgrund einer für das Genre Schauspiel deutlich veränderten Ästhetik und heutiger massiver Eingriffe am Text fast nicht mehr gespielt. Zudem fehlen in den Schauspielhäusern die für ein solches Projekt erforderlichen Sänger, Chor und Orchester.
Am Theater Hof sind alle vier Sparten beteiligt. In der Bühne von Annette Mahlendorf finden sie einen kongenialen Partner. Die immer im Dunkeln gehaltene Bühne endet an allen Seiten in dunklem Schwarz. Sie hat nur eine mittig im Hintergrund angebrachte Rampe, die als Bühne auf der Bühne oder als Aussichtspunkt zur Kommentierung des Geschehens dient. Der Wald wird durch weiße und blaue Luftballons dargestellt, die zwar heliumgefüllt, aber, mittels einer Schnur an Steine gebunden, nicht zur Decke entschweben. Zaubertränke und Wunderpflanzen werden durch rote Ballons symbolisiert. Die Kostüme könnten der historischen Romantik entstammen, sind aber zeitlos. Dabei enden die beiden bürgerlichen Liebespaare schon bald in aktueller Unterwäsche, um ein sehr ästhetisches, jedoch auch kräftezehrendes Balzverhalten an den Tag zu legen. Die Elfen tragen helle Kleidung, wirre Frisuren und Federbäusche. Die Handwerker sieht man mit schmutzig-nacktem Oberkörper in Lederhosen, für ihr Theaterstück schlüpfen sie in die einfachen Kostüme eines Schüler-Theaters.
Sänger-Orchester
Die vier magischen Bläserakkorde der Ouvertüre führen nicht nur den Zuhörer in den vom Mondlicht nur schwach beleuchteten Feenwald, sie sind auch das Auftrittssignal der Ballett-Compagnie. Das Ballett wird auch die übrigen Musiknummern eindrucksvoll bebildern, legt aber auch gewisse Bedingungen bezüglich Tempo für das Orchester fest. Bedingungen, die Arn Goerke mit spielerischer Leichtigkeit überwindet. Gerade in der Ouvertüre kostet er jeden Ton aus, der Hochzeitsmarsch fordert mit hohem Tempo das Ballett fast zu einem Galopp, die rastlose Bewegung paßt das Allegro des Intermezzos den Problemen in der Liebesbeziehung zwischen Hermia und Lysander an. Der Damenchor, wie immer ohne Fehl und Tadel, die beiden Solo-Stimmen fallen dagegen etwas ab: Inga Lisa Lehr tremoliert etwas zu viel, um als klarer Sopran durchzugehen. Stefanie Rhaue geht als Mezzo des Hauses mit ihrer dunkel timbrierten kräftigen Stimme auch als Altistin durch.
Der romantisch geprägte Blick auf Shakespeares beliebtes Werk, unterstützt durch die Musik Felix Mendelssohn-Bartholdys, erträgt es, daß Schlegels Übersetzung mit heutigen Phrasen leicht modernisiert werden Hinzu kommt die Besetzung der Rolle des Puck mit einer Frau (Anja Stange als Droll).
Fazit
Im Hofer Bühnenbild gelingt es, das Regietheater unserer Tage in das Korsett historischer Werktreue zu pressen und als eine Art Semi-Ballett-Oper alle Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Dank des ausdrucksstarken und genial einfachen Bühnenbildes, einer gelungenen Gestaltung aller Musikstücke durch Orchester, Chor und Ballett, darf man die spannende Frage stellen, welche Häuser nach Salzburg und Hof Shakespeares Sommernachtstraum in dieser historischen, aber doch zukunftsorientierten Form herausbringen werden.
Oliver Hohlbach
Bild: Harald Dietz, SFF Fotodesign
Das Bild zeigt: Antje Hochholdinger (Titania), Damen des Opernchors, Ballettcompagnie