Heidelberg, Ev. Johanneskirche Neuenheim – DIE JÜNGLINGE IM FEUEROFEN – THE BURNING FIERY FURNACE

von Benjamin Britten (1913-1976), Libretto: William Plomer zweite Kirchenparabel nach dem alten Testament, UA 9. Juni 1966, Orford Church (19. Aldeburgh-Festspielen)
Regie: Tobias Heyder; Bühne/Kostüme: Didi Müller, Licht: Ralph Schanz, Dramaturg: Heiko Voss,
Dirigent:: Joana Mallwitz, Philharmonisches Orchester der Stadt Heidelberg
Solisten: Winfrid Mikus (Nebukadnezar), Sebastian Geyer (Der Astrologe/Der Abt), Rainer Scheerer (Hananja), Aaron Judisch (Misael), Alejandro Armenta (Azarja), Gabriel Urrutia Benet (Der Herold), u.a.
Besuchte Aufführung: 13. März 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
heidelberg-feuerofen.jpgEine Gruppe von Mönchen entschließt sich, ein Mysterienspiel aufzuführen: Die drei jüdischen Jünglinge Hananja, Misael und Azarja werden vom babylonischen König Nebukadnezar aufgrund ihrer Klugheit über drei Provinzen in Babylon gesetzt. Doch mit der Auszeichnung geht eine Namensänderung einher, und so werden die drei umbenannt in Sadrach, Mesach und Abed-Nego. Das Fest beginnt, die drei Neuankömmlinge jedoch greifen weder zu Speisen noch zu Weinkrügen. Zunächst können sie sich herausreden, doch als sie sich sogar weigern, ein aufgestelltes Götzenbild anzubeten, werden sie in den brennenden Feuerofen geworfen. Ein Engel bewahrt die Jünglinge vor der sengenden Hitze und als Nebukadnezar das Wunder erkennt, konvertiert er zum Glauben an den Gott Israels. Der Abt verweist zum Ende auf die Standhaftigkeit des Glaubens, die von Gott belohnt wird.
Aufführung
Beim Eintritt in die Johannesirche wartet auf der Bühne schon das Ensemble: Gefangene, die in einem Verlies dahinsiechen, einziges Geräusch ein nervtötendes Wassertropfen. Im Hintergrund der Bühne eine schwarze Wand, Einschußlöcher und der weiße Schriftzug Pst. Die relativ kleine, schräge Bühne nimmt den gesamten Altarraum der ebenfalls eher klein dimensionierten Kirche ein. Das Orchester findet an der Seite Platz und ist schwer einsehbar. Nicht unbedingt homogen wirkt das Nebeneinander des düsteren Bühnenbilds und der bunten Wandbilder der Kirche, dennoch bietet der Raum eine zum Schauspiel einladende Atmosphäre. Plötzlich hebt einer der Gefangenen zu einem Choral an, er ist der Abt, das Spiel beginnt. Gelungen mag der Einfall eines Kreidestifts sein, der dazu dient, ein Himmel- und Hölle-Spiel auf den Boden oder ein Götzenbildnis an die Wand zu zeichnen. Ansonsten fällt bei der (im übrigen deutschsprachigen) Inszenierung vor allem die Grobheit auf, mit der die Spieler unentwegt sich anpöbeln und schubsen. Die Rettung der Jünglinge und die Bekehrung Nebukadnezars – eigentlich die Höhepunkte der Handlung – gehen völlig unter, das Ende des Spiels kommt unerwartet und abrupt.
Sänger und Orchester
Winfrid Mikus (Nebukadnezar) läßt in leisen und hochgelegenen Partien eine glockenreine Tenorstimme mit freundlichem Klang ertönen, besitzt aber bei lauteren Passagen wenig Durchsetzungskraft, der Stimme fehlt die Resonanz und wirkt stellenweise heiser. Sebastian Geyers Stimme (Abt/Astrologe) kommt durch den Hall der Kirche wunderbar zur Geltung, sein Bariton entfaltet sich voll und sonor. Alejandro Armentas (Azarja) Bass hat eine sehr natürliche und obertonreiche Tiefe, Aaron Judischs (Misael) Tenor ist leider von gepreßtem und fast quäkendem Ton. Hananja, der dritte der Jünglinge, wurde gesungen von Rainer Scheerer, dessen dunkel gefärbter, sauber geführter Bariton mit herrlich kernigem Timbre durch die Kirche klang. Einen weiteren Glanzpunkt des Sängerensembles bildet Gabriel Urrutia Benet (Herold) mit ungemein starkem, vibrierendem Ton von geradezu autoritärer Resonanz. Ist die Leistung des Chors der Höflinge als auffällig präzise und durchdringend zu verzeichnen, hebt sich das achtköpfige Orchesterensemble weder negativ noch positiv besonders ab, die Knaben als Engel und Possenspieler singen unsauber und unsicher. Alles in allem sind aber die guten gesanglichen Darstellungen die einzige Rettung des Abends – unerfreulicherweise durch eine lieblos scheinende Inszenierung negativ übertüncht.
Fazit
Ganz und gar keine gelungene Inszenierung! Die dramaturgischen Einfälle blieben bis zum Schluß rätselhaft und unverständlich, was eine unbefriedigende Wirkung erzielt. Auch zur ohnehin schwierigen Musik Brittens (mit Einflüssen des ostasiatischen Nô-Spiels durchzogen) wurde durch die unverständliche und brutale Inszenierung kein Zugang geschaffen. Der Applaus fiel dementsprechend eher verhalten aus, was teilweise der Kirchenatmosphäre zuzuschreiben sein mag.

Leonore Kratz

Das Foto ist von Markus Kaesler zeigt Sebastian Geyer in der Rolle des Astrologen.

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