Internationale Gluck-Opern-Festspiele 2014, Nürnberg

Paride ed Elena – Paris und Helena

von Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Dramma per musica in fünf Akten, Libretto: Raniero de Calzabigi, UA: 3. November 1770 Wien, Burgtheater

Regie, Bühne und Videodesign: Sebastian Hirn

Dirigent: Andreas Spering, Staatsphilharmonie Nürnberg

Solisten: Anna Dennis (Paris), Aleksandra Zamojska (Helena), Anna Grechishkina (Amor), Christiane Oelze (Pallas Athene)

Besuchte Aufführung: 26. Juli 2014

Gluckwoche ParisHelenaVorbemerkung

2005 wurden die Gluck Festspiele von Wulf Kunold und Axel Baisch ins Leben gerufen. Ebenso wurden 2008, 2010 und 2012 die Festspiele vom Nürnberger Staatstheater durchgeführt. Neben Eigenproduktionen gab es auch Koproduktionen und Gastspiele. Alles auf Staatstheater-Niveau. 2014 werden die Festspiele von der Internationale Gluck Opern Festspiel GmbH verantwortet. Geleitet werden sie vom künstlerischen Leiter Christian Baier, derzeit Chefdramaturg des Balletts Dortmund, und Axel Baisch, der Vorsitzender im Beirat der GmbH ist und gesamtverantwortlich für die Festspiele ist. Als Hauptsponsor steht die Nürnberger Versicherungsgruppe mit großem Einfluß hinter diesem Konstrukt.

Die Gluck-Festspiele 2014 bieten ein relativ großes Programm in verschiedenen Spielorten im Großraum Nürnberg an, also im Umkreis des Gluck Geburtsortes Berching. Neben dem Symposion Gluck der Reformer, einigen Konzerten und Ballett-Abenden stehen eine Reihe von Gluck-Opern auf dem Spielplan.

Den Auftakt macht eine konzertante Aufführung der Oper Iphigenie in Aulis in der Instrumentierung von Richard Wagner. Geprägt ist die Veranstaltung von langen Eröffnungsreden und einem Sängerensemble, das nicht allen Anforderungen gerecht wurde. Es folgten Gastspiele des Theaters Heidelberg im Markgrafentheater Erlangen mit der Oper Iphigenie auf Tauris unter der Leitung von Wolfgang Katschner mit der Lauttencompagney Berlin Dann bestand die Möglichkeit Vorstellungen der Oper Orpheus und Eurydike im Landestheater Coburg zu besuchen.

Einzig die Oper Paris und Helena wurde von den Festspielen selbst produziert und im Staatstheater Nürnberg aufgeführt, allerdings ohne jede Unterstützung oder Mitwirken des Staatstheaters, was Auswirkungen auf die Qualität der Aufführung nach sich zog.

Aufführungen
So besteht das Bühnenbild, das das brennend untergehende Troja zeigen soll, aus Wassergräben, in denen sich die Sänger wälzen müssen und am Ende Paris per Waterboarding in einem davon ertränkt wird. Über die ganze Bühne verteilt gibt es unzählige Plastikstühle, die immer wieder aufgestellt und umgeworfen werden können. Videoprojektionen sollen das Bühnenbild ergänzen.

Sänger und Orchester
Hauptakteur im Kampf gegen die widrigen Umstände ist die Staatsphilharmonie Nürnberg, die unter der Leitung von Andreas Spering die gleiche Leistung wie in den eigenen Produktionen des Staatstheaters abrufen können. Anna Dennis in der Hosenrolle des Paris kann mit ihrer hellen Stimme empfindsame Ausdruckskraft entwickeln und mit virtuosen Koloraturen in glühenden Höhenflügen glänzen. Aleksandra Zamojska als Helena in der Zwickmühle (darf sie noch zu Paris stehen?) kann mit ihrer durchschlagskräftigen, aber dennoch jugendlich leuchtend Stimme, im Zorn über den Untergangs Trojas (und ihrer Liebe) Leuchtkraft entfalten. Anna Grechishkina spielt den Amor als verschlagene Figur mit der Leichtigkeit ihrer allzeit sicheren Koloraturen. Christiane Oelze hat als Pallas Athene einen kurzen Auftritt am Schluß, besitzt aber die harte Ausstrahlung dieser Göttin Rolle, die das Urteil über die Liebenden fällt.

Fazit
Insgesamt sind die Gluck Festspiele mit einem guten Ergebnis zu Ende gegangen. Die Werke Glucks konnten angemessen präsentiert werden und wurden einem aufgeschlossenen, hauptsächlich nur lokalen Publikum zugänglich gemacht. Denn dies ist das Hauptproblem: Die herausragenden Opern-Produktionen waren Gastspiele von anderen Häusern, die dort bereits mit der entsprechenden Außenwirkung gelaufen sind und vom Fachpublikum bereits dort besucht wurden.

Die einzige eigene Opernproduktion Paris und Helena kam szenisch selten über Laientheaterniveau hinaus. Während der Vorstellung stand die Aufforderung im Raum, endlich aufzuhören – und endet dementsprechend in einem vernichtenden Buh-Orkan für die Regie. Auf diese Weise werden sich keine Festspiele von überragender und auch überregionaler Bedeutung entwickeln können. Gluck hat etwas Besseres verdient! Um es deutlich zu sagen: Man sollte auf die professionelle Hilfe des Staatstheaters Nürnberg wieder zurückgreifen und mehr auf durchdachte Eigenproduktionen setzen.

Oliver Hohlbach

Bild: Ludwig Olah

Das Bild zeigt. Anna Dennis (Paris), Aleksandra Zamojska (Helena)

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