von Giuseppe Verdi (1813-1901), Libretto: Salvatore Cammarano nach Friedrich Schillers Kabale und Liebe, UA: 8. Dezember 1849 Neapel. Teatro San Carlo
Regie: Andreas Homoki, Bühne: Paul Zoller, Kostüme: Gideon Davey, Licht: Franck Evin
Dirigent: Simone Young, Philharmoniker Hamburg, Chor der Hamburgischen Staatsoper
Solisten: Tigran Martirossian (Il Conte di Walter), Ivan Magrì (Rodolfo), George Petean (Miller), Nino Machaidze (Luisa), Oliver Zwarg (Wurm), Cristina Damian (Federica), Ida Aldrian (Laura), Daniel Todd (Un Contadino)
Besuchte Aufführung: 16. November 2014 (Premiere)
Kurzinhalt
Die Bürgerstochter Luisa ist in den Grafensohn Rodolfo verliebt, der seine wahre Identität geheimhält. Der Untergebene von Rodolfos Vater Graf Walter, Wurm, aber möchte Luisa zur Frau. Rodolfo hingegen soll standesgemäß an Contessa Federica verheiratet werden. Als Luisas Vater Miller und Rodolfos Vater Graf Walter aufeinandertreffen, kommt es zur Katastrophe. Miller wird gefangengenommen, Wurm zettelt eine Intrige an, um Rodolfo und Luisa auseinanderzubringen. Nun glaubt Rodolfo, Luisa habe ihn verraten. Diese jedoch möchte nur ihren Vater retten. Aus Verzweiflung vergiftet Rodolfo schließlich sich und Luisa. Im Sterben gesteht Luisa Rodolfo ihre Liebe.
Aufführung
Der Guckkasten ist deutlich verkleinert, der Rest der Bühne bleibt schwarz. Dies verstärkt den Eindruck eines Kammerspiels. Die Kostüme orientieren sich an der Entstehungszeit von Schillers Kabale und Liebe, auf dem die Oper basiert. Dieses bürgerliche Trauerspiel hatte Friedrich Schiller 1784 kurz vor der Französischen Revolution geschrieben. Das Geschehen spielt nur in weißen Innenräumen mit wenigen Requisiten, die sich horizontal verschieben lassen. An die Wand gelehnte Panorama-Gemälde verdeutlichten den Seelenzustand der Personen. Hauptaugenmerk der Aufführung liegt auf der eng an der Vorlage bleibenden Personenführung. Anders als im Libretto besteht der Chor nur aus Adligen (?). In der Ouvertüre wird man Zeuge ausgewählter Szenen der unerzählten Vorgeschichte des Dramas. Am Ende erwartet den Grafen Walter als Strafe für seine Verbrechen das Schafott.
Sänger und Orchester
Nino Machaidze (Luisa) ist das erwartete Großereignis der Premiere. Die georgische Sopranistin verfügt über ein fantastisches Volumen und meisterte die Koloraturen staunenswert mühelos. Den Chor- und Ensembleklang reichert sie in der Höhe mit warmen Farben an. Ihre Luisa ist stark und selbstbewußt. Wenn sie den sie bedrängenden Wurm zu Boden schleudert, kauft man ihr das voll ab. Ihre Darstellung ist anrührend. Dank Machaidze läuft der Emotionsmotor Verdis auf Hochtouren. Den etwas leichteren, quasi lyrischen Gegenpart liefert Cristina Damians wunderbare Federica. Expressiv wie Machaidze gibt sich Ivan Magri als Rodolfo. Sein Tenor dringt bis in die letzten Reihen. Sein schnelles Vibrato wirkt in Kombination mit der sprechenden Phrasierung und seinem emotionalem Nachdruck eindrücklich. So ist auch seine Entscheidung, mit der Geliebten in den Tod zu gehen, am Ende glaubwürdig, und das schafft nicht jeder. Von den drei Bässen des Stücks klingt Georg Peteans Walter am plastischsten, so daß er für alle seine Arien Szenenapplaus bekommt. Wunderbar schwer und böse ist Oliver Zwangs Wurm, während Tigran Martirossian den Spagat zwischen besorgtem Vater und Egomanen subtil meistert. Beispielhaft für die Gesamtleistung des Ensembles steht die ausgedehnte A-Capella-Passage im zweiten Akt. Die Philharmoniker Hamburg unter Simone Young sind von der Ouvertüre an wach und mit viel Schwung dabei, wahren dabei aber stets die Balance mit dem Gesangsensemble. Verdis Instrumentation erklingt von den Kontrabässen bis zur Piccoloflöte luzide und zugleich kraftvoll.
Fazit
Eine äußerst expressive und höchst gelungene Hamburger Luisa Miller, sowohl musikalisch als auch szenisch. Ganz große italienische Oper, genauso wie sie sein soll. Das Publikum geizte nicht mit Bravi für sämtliche Beteiligten.
Dr. Aron Sayed
Bild: Monika Rittershaus
Das Bild zeigt: Nino Machaidze (Luisa), George Petean (Miller), Chor