Köln, Oper – TRISTAN UND ISOLDE

Musik und Text von Richard Wagner , Handlung in drei Aufzügen, UA: 10. Juni 1865, München
Regie: David Pountney, Bühne: Robert Israel, Kostüme: Marie-Jeanne Lecca, Chor: Andrew Ollivant
Dirigent: Markus Stenz, Gürzenichorchester Köln, Herren-Chor der Oper Köln
Solisten: Annalena Persson (Isolde), Richard Decker (Tristan), Samuel Youn (Kurwenal), Alfred Reiter (König Marke), Dalia Schaechter (Brangäne), u.a.
Besuchte Aufführung: 22. März 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
koln-tristan.jpgDer Ritter Tristan führt die irische Prinzessin Isolde, deren Verlobten Morold er einst im Zweikampf getötet hat, seinem Onkel König Marke von Kornwall als Braut zu. Auf der Überfahrt nach England verlangt Isolde Sühne für Morolds Tod. Sie fordert Tristan auf, gemeinsam mit ihr Gift zu trinken. Ihre Magd Brangäne hat jedoch das Gift heimlich gegen einen Liebestrank ausgetauscht. Tristan und Isolde entbrennen in heftiger Leidenschaft füreinander. Isolde heiratet König Marke, trifft sich aber immer wieder mit Tristan. Dessen Freund Melot verrät die Liebenden und verwundet Tristan schwer. Während Isolde zurückbleibt, bringt der Knappe Kurwenal Tristan in Sicherheit. In der Hoffnung, daß sie Tristans Verwundung heilen kann, schickt Kurwenal schließlich nach Isolde. Tristan stirbt jedoch im Moment ihrer Ankunft. Als letzte Konsequenz ihrer Liebe folgt Isolde ihm in den Tod.
Aufführung
Die Bühne stellt im ersten Akt eine Galeere dar. Die Kostüme weisen auf ein fernöstlich angehauchtes Fantasy-Mittelalter hin. Die Protagonisten führen auf Deck übertrieben altmodische Operngestik vor, während die Chorherren, von einigen gymnastischen Übungen abgesehen, regungslos auf den Ruderbänken verharrt. Als der Aufzug in der Anspielung auf eine Schlüsselszene des Films Titanic gipfelt, liegt der Schluss nahe, dass man es mit einer Parodie des Werkes zu tun hat. Dieser Kurs ändert sich aber nach der ersten Pause. Die Gestik ist jetzt sehr sparsam, dafür irren Tristan und Isolde wie Schlafwandler zwischen riesigen bunten Trümmern umher. Dabei dreht sich die Bühne unablässig zum bunten Farbenspiel des Lichtes. Der dritte Aufzug schließlich führt in eine in grau und weiß gehaltene Landschaft, die an einen Friedhof, aber auch an Caspar David Friedrichs Gemälde Die gescheiterte Hoffnung denken lässt. Im Vordergrund ist ein Boot mit dem sterbenden Tristan gestrandet. Nach einigen hektischen Ausbrüchen Kurwenals verfallen die Figuren erneut in schlafwandlerische Teilnahmslosigkeit. Zum Finale entsteigen Isolde, Marke, Brangäne und Melot einem Loch im Boden. Der Liebestod bleibt Isolde verwehrt: Entrückt verharrt sie in der Mitte der Bühne.
Sänger und Orchester
Die Besetzung des Liebespaares könnte kaum unglücklicher sein. Wenn sich Annalena Persson (Isolde) denn Gehör verschaffen kann, offenbart ihre starre, glanzlose Stimme verheerende technische Schwächen. Richard Decker (Tristan) verfügt zwar über ansprechendes Stimmmaterial, kann aber die für seine Partie notwendige Kondition und Durchschlagskraft nicht aufbringen. Wie Persson und Decker sieht sich auch die derb und mit störendem Vibrato singende Dalia Schaechter (Brangäne) dem Unmut des Publikums ausgesetzt. Ein Lichtblick sind der stimmgewaltige, wenn auch etwas undifferenzierte Alfred Reiter (König Marke) sowie Samuel Youns mit schonungslosem Einsatz und dennoch klangschön gestalteter Kurwenal. Der Chor ist bei seinem kurzen Auftritt fast nicht zu hören – wie denn auch, mit dem Rücken zum Publikum?
Markus Stenz und das Gürzenich Orchester scheitern an den überwiegend getragenen Tempi der Partitur: zähflüssig, fast breiig tönt es aus dem Graben. Die glühende Leidenschaft, die diese Oper fordert, bleibt allenfalls unter der Oberfläche.
Fazit
Ohrenbetäubende Buhrufe, kaum daß der letzte Takt verklungen ist: Der Abend ist ein Desaster, und das nicht nur musikalisch. Regisseur David Pountney täuscht weder durch bunte Bilder noch durch Lichterspiele darüber hinweg, daß er mit diesem Werk rein gar nichts anfangen kann. Ebenso die Sänger: Steif und wie gelähmt bewegen sie sich durch die Szenerie, als ginge sie das alles nichts an. Von Dramatik und Leidenschaft kann weder auf der Bühne noch im Graben die Rede sein. Fast schon unterhaltsam ist dagegen Pountneys untrügliches Gespür für akustisch ungünstige und sängerunfreundliche Positionen. Mit dieser Produktion hat sich die Oper Köln keinen Gefallen getan. Über die Inszenierung ließe sich zur Not noch hinwegsehen. Von einem Haus dieser Größe kann man aber Umsicht bei der Besetzung erwarten. In erster Linie aus Respekt vor dem Publikum.

Dr. Eva Maria Ernst

Bild: Klaus Lefebvre
Das Bild zeigt Richard Decker (Tristan) und Annalena Persson (Isolde)

Veröffentlicht unter Köln, Bühnen der Stadt, Opern