von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Opera seria in drei Akten. Libretto: Giacomo Rossi nach einem Szenario von Aaron Hill, UA 24. Februar 1711 London, Queen´s Theatre, Haymarket
Regie: Jens-Daniel Herzog, Kostüme/Bühnenbild: Christian Schmidt, Licht: Bernd Winterscheidt, Choreographie: Ramses Sigl
Dirigent: Wolfgang Katschner, Beethoven Orchester Bonn; Continuo-Gruppe und Blockflöten (Maurice Steger, Meike Herzig, Michèle Wolter)
Solisten: Susanne Blattert (Rinaldo), Sumi Hwang (Almirena), Kathrin Leidig (Goffredo), Malin Hartelius (Armida), Giorgos Kanaris (Argante), Jakob Huppmann (Eustazio), Charlotte Quadt (Mago), Tänzerinnen und Tänzer, Statisterie
Besuchte Aufführung: 30. November 2014 (Premiere)
Kurzinhalt
Der Held Rinaldo bekommt von Goffredo (Gottfried von Bouillon), dem General der christlichen Armee, als Gegenleistung für die Eroberung der Stadt Jerusalem dessen Tochter Almirena in Aussicht gestellt. Es geht um die Rückgewinnung der heiligen Stadt als bedeutendes Symbol des Christentums. Für den Ritter verbindet sich der Kampf für die heilige Sache in Folge von Goffredos Versprechen mit seiner privaten Herzensangelegenheit, der Liebe zu Almirena. Die junge Christin gerät jedoch in die Fänge der Zauberin Armida, welche auf der Seite der militärischen Gegner für ihren Geliebten Argante, dem König von Jerusalem, im Einsatz ist. Bei dem Versuch, Almirena zu befreien, wird auch Rinaldo gefangen genommen. Zwar gelingt es dem christlichen Helden wie auch Almirena, sich den erotischen Nachstellungen Armidas bzw. Argantes zu widersetzen, für ihrer beider Befreiung – und den Sieg der christlichen Sache – ist jedoch ein Zauberstab notwendig, mit dessen Hilfe die Burg der Zauberin letztendlich zerstört wird. Die Schlußapotheose zeigt Rinaldo und Almirena als glückliches Paar, während sich die Heiden Argante und Armida zum Christentum bekennen.
Aufführung
Als sich gegen Ende der festlich Ouvertüre der Vorhang hebt, hätte der Kontrast zum optischen Bühnenbild nicht größer sein können: Zu der verschnörkelten barocken Musik sieht man ein neuzeitliches, in kühler Architektur erbautes Foyer mit Galerie. Darin gehen Herren in grauen Anzügen mit Köfferchen auf und ab, mittendrin Rinaldo. Die Herren werden im Verlauf des Geschehens die Szene mit einfallsreichen choreografischen Einlagen beleben, in der Sturmszene wird es richtig wild. Langeweile kennt die Regie nicht, und es passiert fast ein bißchen viel auf der Drehbühne, die sich sogar in eine nüchterne Flughafenabfertigungshalle samt Rolltreppen verwandeln läßt.
Im Gegensatz zu der christlichen Gruppe um Rinaldo tragen die Sarazenen, von Argante angeführt, Strickkäppchen zum Nadelstreifen. Die oft besungenen Furien wirbeln als multiplizierte Armida in rotem Unterrock und blonder Perücke durch die Szene. Skurril sind nicht zuletzt die medizinischen Operationen Eustazios, die er während seiner Koloraturen vollführt. Am Ende soll die Friedensverhandlung zwischen Rinaldos und Argantes Gruppen per Unterschrift besiegelt werden. Stattdessen bricht der Streit zwischen ihnen erneut los. Unfriede bis zuletzt.
Sänger und Orchester
Wolfgang Katschner hat das Beethoven Orchester in der verkleinerten Besetzung (Die Streicher spielen nicht auf barocken Instrumenten!) nach und nach immer besser im Griff. Die Rezitative, abwechselnd mit Laute und Cembalo begleitet, wirken kontrastreich. Die Blockflötengruppe ist prominent besetzt und interpretiert die Vogelstimmen sehr schön. Susanne Blattert (Rinaldo) gestaltet ihre Da-Capo-Arien vorbildlich, wie etwa die Arie Cara sposa, dennoch wirkte sie stimmlich insgesamt etwas schwach. Stimmgewaltig brachte dagegen Giorgos Kanaris als Argante seinen Baß klangschön mit weichen Übergängen zwischen den Registern ein. Der einzige männliche Altus war Jakob Huppmann als Eustazio, er kam gut mit seiner Stimme durch. Bemerkenswert waren die schönen Sopranstimmen von Sumi Hwang als Almirena, die mühelos die Koloraturen einstreute. Leider geriet ihre schöne Arie Lascia ch‘io pianga in der verulkten Szenerie etwas an den Rand. Malin Hartelius war in der Premiere für die erkrankte Netta Or eingesprungen und wirbelte wie 2008 in Zürich (Dort war die Premiere dieser Inszenierung) durch die Szene. Stimmlich war sie als Armida ein wirkliches Feuerwerk. Charlotte Quadt in der kleinen, aber sehr schön gestalteten Rolle des Mago sang zuverlässig, wie auch Kathrin Leidig als Goffredo, allerdings eher mit dünner Stimme.
Fazit
Musikalisch war das Beethoven Orchester in der kleinen spezialisierten Besetzung durchaus beeindruckend. Die Sänger waren aber nicht alle überzeugend. Die Regie setzte auf action und griff die Lebendigkeit der barocken Musik in ihrer stürmischen Umsetzung der Affekte durchaus beim Wort. Die Riege der Tänzer brachte viel Leben in die Szenen, wenn auch nicht als Tänzer, sondern im Sinne eines Bewegungstheaters. Nicht selten dominierten die vielen Regieeinfälle jedoch das musikalische Geschehen; alles in allem ein überaus kurzweiliger Abend, nicht zuletzt, weil auch ein paar Nummern gekürzt wurden, so daß jedoch immer noch drei Stunden blieben.
Felicitas Zink
Bild: Thilo Beu
Das Bild zeigt: Susanne Blattert (Rinaldo), Tänzerinnen